Fehlender Wohnraum betrifft alle, Junge, Alte, Familien. Foto: Mauritius

In die Diskussion um bezahlbaren Wohnraum hat sich auch der Jugendgemeinderat wieder eingeschaltet – mit einer neuen Idee. Im Gemeinderat ist man sich derweil uneins, ob in Bernhausen ein Hotel entstehen soll, oder doch Wohnungen.

Filderstadt - Drei Jahre lang habe er nach einer bezahlbaren Wohnung in Stuttgart gesucht. Ohne Erfolg. Ohne auch nur den Ansatz eines Erfolgs. Das hat ein Jugendlicher dem Jugendgemeinderat Filderstadt auf Facebook geschrieben. „Und Filderstadt liegt direkt neben Stuttgart“, sagt Lucas Osterauer. Soll heißen: Hier ist die Suche nach einer Wohnung genauso schwer. Osterauer ist der Sprecher des Jugendgemeinderats Filderstadt. Die Nachwuchspolitiker beschäftigen sich erneut mit der Frage, wie mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen kann.

Das Problem ist seit Jahren immer wieder Thema, auf den Fildern, drumherum, wenn es um Neubauprojekte geht, wenn über Nachverdichtung oder Innenentwicklung diskutiert wird. Lucas Osterauer sagt: „Es ist ein Thema, das nicht nur einige wenige betrifft, sondern alle, alle betrifft: Junge, Alte, Familien. Alle Altersgruppen sollen die Chance auf eine Wohnung haben.“ Osterauer berichtet aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, dass viele zuhause wohnen. „Es ist oft gar keine Option, auszuziehen.“

Der Jugendgemeinderat bringt Belegungsrechte ins Spiel

Osterauer weiß, dass es schwierig ist, Lösungen zu finden. „Wenn viel neu gebaut wird, heißt es oft: Die Preis gehen rauf, das kann sich niemand mehr leisten“, sagt der 18-Jährige. Der Jugendgemeinderat befasst sich nicht zum ersten Mal mit dem Thema bezahlbarer Wohnraum. Diesmal bringen die Jugendlichen einen neuen Ansatz ins Spiel: das Belegungsrecht. Dabei erwirbt eine Kommune das Recht, dem Vermieter von Wohnraum vorzuschreiben, wer in die Wohnungen einziehen darf. „Die Stadt könnte dann entscheiden“, sagt Lucas Osterauer, „außerdem könnte man dies schneller umsetzen als Neubauten.“

Wohnraum oder kein Wohnraum? Damit haben sich auch die Gemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung befasst. Im Fokus ist derzeit die Aicher Straße 36 in Bernhausen, dort will ein Investor ein Hotel bauen. Im technischen Ausschuss war eine Mehrheit von CDU/FDP und Freien Wählern noch dem Willen des Investors gefolgt, Grüne und SPD wollten stattdessen Wohnungen haben, auf eine Initiative des Jugendgemeinderats hin. Als das Bebauungsplanverfahren im Gemeinderat abgestimmt werden sollte, hatten die Freien Wähler wie auch die Grünen beantragt, den Punkt abzusetzen.

„Wir haben nicht genügend Flächen für Wohnbau, wir können uns eine derartige Chance nicht entgehen lassen“, sagte Catherine Kalarrytou von den Grünen. „Wir müssen einen Prozess beginnen, der die Entwicklung des ganzen Quartiers abdeckt“, meinte Stefan Hermann von den Freien Wähler. Die CDU-FDP-Fraktionsgemeinschaft sah das nach wie vor anders. „Wir sehen dort kein Wohnen, aufgrund der Verkehrssituation“, erklärte Willy Stoll. Trotzdem einigten sich die Räte, es nicht zu einer Streitabstimmung kommen zu lassen. „Wir ziehen eine gemeinschaftliche Lösung vor“, sagte Walter Bauer (SPD).

Gemeinderat muss sich vor Bevölkerung und Investoren rechtfertigen können

„Die Köpfe zusammenzustecken ist mir allemal lieber, als sich die Köpfe anzuhauen“, meinte auch Oberbürgermeister Christoph Traub. Er betonte: „Wir befinden uns an einem Scheideweg, wie wir mit solchen Vorhaben umgehen.“ Es sei nicht gut, wenn Vorhaben erst in der öffentlichen Sitzung abgesetzt würden. Man sei gegenüber der Bevölkerung und dem Investor „in einer Rechtfertigungshaltung“. Dazu passte, dass Anwohner 720 Unterschriften gegen das Hotel und für Wohnbau gesammelt haben, die sie Traub in der Sitzung überreichten.

Nun soll das Vorhaben im Ältestenrat diskutiert werden. Auch der Jugendgemeinderat will dranbleiben. „Das Thema bezahlbarer Wohnraum muss in aller Munde bleiben“, sagt Lucas Osterauer.