Das Holz steckt gut versteckt unter dem Außenputz. Foto:  

Die Esslinger Wohnungsbau Gesellschaft setzt auf neue und kostengünstigere Baumethoden. Mit dem Pilotprojekt stößt sie auf überregionales Interesse.

Esslingen - Hagen Schröter ist ein gefragter Mann. Der Geschäftsführer der Esslinger Wohnbau Gesellschaft (EWB), an der zu jeweils 50 Prozent die Stadt Esslingen und private Unternehmen beteiligt sind und die sich um die Schaffung von kostengünstigem Wohnraum in der Stadt kümmert, stößt mit einem kreisweiten Pilotprojekt auf großes Interesse.

Im Stadtteil Weil hat die EWB im Mai den ersten Bauabschnitt des Projekts „Am schönen Rain“ vollendet. Das Besondere an den 30 neuen Mietwohnungen samt Tiefgarage und einem Wohncafé, das als sozialer und kommunikativer Treffpunkt für alle Bewohner des Stadtteils dienen soll: Die Wohnungen sind in der kostengünstigen Holzhybrid-Bauweise entstanden. „Das ist ein bisschen wie Lego“, erklärt Schröter. Denn für die Außenwände werden Holzmodule vorgefertigt, die dann vor Ort zusammengesetzt werden.

Mietpreis kann durch die Bauweise gesenkt werden

Die Innenwände aus Stahlbeton wiederum werden klassisch verputzt. „So entsteht absolut vollwertiger Wohnraum“, beschreibt Jürgen Zieger, der Esslinger Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der EWB das Bauprinzip. Der Mietpreis für eine Neubauwohnung könne so auf 10 bis 11 Euro pro Quadratmeter gesenkt werden. Ortsüblich sind aktuell in Esslingen Quadratmeterkosten in Höhe von mindestens 13 Euro – teilweise sogar erheblich mehr.

Über die Erfahrungen „Am schönen Rain“ werden Hagen Schröter und seine Mitarbeiter nun die Mitglieder des Gemeindetages des Landkreises informieren. Bei der Vorstellung der Pläne im Jahr 2016 war, so erzählt Hagen Schröter, das Interesse groß gewesen, allerdings auch der Wunsch, zunächst einmal die Ergebnisse abzuwarten. „Jetzt können wir zeigen, wie es funktioniert.“

Bedarf an großen Wohnungen sowie Single-Appartements ist enorm hoch

Das tut es. Schröter jedenfalls ist fest entschlossen, weitere Erfahrungen mit der Holzhybrid-Bauweise in Esslingen zu sammeln. So werden auch 70 Wohnungen in unterschiedlichen Größen in der Alleenstraße im Stadtteil Zell nach der neuen Bauweise entstehen – wobei dort die Mieten sogar noch günstiger ausfallen sollen. Denn im Rahmen ihres ambitionierten Wohnraumentwicklungskonzepts will die Stadt das Projekt dort mit einem 10-Millionen-Euro-Zuschuss fördern. Das Ziel ist es, die Neubaumiete auf anfangs acht Euro zu drücken.

Bei der Jahrespressekonferenz der EWB haben Schröter und Zieger eine positive Bilanz der EWB-Arbeit 2018 gezogen. Es sei im vergangenen Jahr gelungen, insgesamt 210 neue Wohnungen auf den Markt zu bringen, darunter 140 Mietwohnungen zu Mieten deutlich unter den marktüblichen Preisen. Das größte Projekt dabei ist „Wohnen am Wasser“ gewesen: Im Stadtteil Brühl sind im Frühjahr 2018 insgesamt 94 Mietwohnungen in unmittelbarer Neckarnähe entstanden. Einerseits erfreulich, andererseits ausgesprochen bedenklich ist, dass alle Wohnungen nicht nur innerhalb kürzester Zeit vermietet waren, sondern dass die Nachfrage das Angebot bei weitem überschritten hat. „Der Bedarf an großen, familiengerechten Wohnungen sowie kleinräumigen Appartements für Studenten und Singlehaushalte ist in Esslingen nach wie vor am höchsten“, sagt Jürgen Zieger.

Ideen werden in Freiburg präsentiert

Die EWB allein könne zwar nicht die Wohnbauproblematik in Esslingen lösen. Sie leiste aber einen wichtigen Beitrag, um die Wohnungsnot in der Stadt zu lindern. Dabei geht die EWB auch an anderer Stelle neue Wege: In der Weilstraße im Esslinger Stadtteil Pliensauvorstadt und in der Talstraße hat die EWB damit begonnen, bestehende Gebäude, die sich im EWB-Besitz befinden, aufzustocken und so weitere Mietwohnungen zu schaffen. Insgesamt zwölf neue Wohnungen sind so im Jahr 2018 entstanden. Dieses Programm soll in der Zukunft fortgesetzt – und wenn möglich – sogar noch intensiviert werden. Hier ist sogar überregionales Interesse vorhanden: Demnächst wird Hagen Schröter die Ideen zum Aufstocken von existierenden Häusern bei einem Symposium in Freiburg vorstellen.

Weitere Projekte der Esslinger Wohnungsbau Gesellschaft

Flandernhöhe
Das Bauprojekt „Flandernhöhe West“ ist ambitioniert. Im zweiten Bauabschnitt entstehen 107 Wohnungen, davon 43 Mietwohnungen mit Belegungsrechten für die Stadt Esslingen sowie 64 Eigentumswohnungen. Die Arbeiten beginnen jetzt. Im Sommer 2022 sollen sie dann abgeschlossen sein.

Grüne Höfe
In der Pliensauvorstadt geht die Neugestaltung des 2,4 Hektar großen Areals in die letzte Runde. Im Zentrum dort haben Eigentümergemeinschaften gestanden, die ihre Wünsche gemeinsam verwirklicht haben. Zuletzt wurde das „Campo Verde“ mit 33 Eigentumswohnungen samt Tiefgarage realisiert. Zum Abschluss entstehen nun auf dem Baufeld C noch ein Mehrfamilienhaus mit 21 Eigentumswohnungen sowie eine dreigruppige städtische Kindertagesstätte – angesichts des Kinderreichtums in der Pliensauvorstadt wird diese Kinderbetreuungseinrichtung dringend benötigt.