Die vier Baugrundstücke am Möhringer Bahnhof werden in dem Bild durch die Pfeile Foto: Rüdiger Ott/Montage Holger Raymund

Die Bietigheimer Wohnbau und die Strenger Gruppe sind mit der SSB handelseinig geworden. Insgesamt sollen bis zu 100 Wohnungen entstehen.

Möhringen - Die eine Hand wäscht die andere, könnte man sagen, wenn man aus Prinzip etwas gegen Deals hat. In jedem Kompromiss steckt auch eine Chance, könnte man ebenfalls anbringen. Solche Sätze oder ähnliche dürften den Lokalpolitikern in den Sinn gekommen sein, als sie am vergangenen Mittwoch hörten, was die Investorengemeinschaft bestehend aus Bietigheimer Wohnbau und Strenger Gruppe ihnen zu sagen hatte. Es geht um vier Grundstücke am Möhringer Bahnhof. Dort könnten bis zu 100 neue Wohnungen entstehen. Und noch einiges mehr. Hier kommt der Kompromiss ins Spiel.

„Die SSB war Eigentümerin, aber zwischenzeitlich hat ein Eigentümerwechsel stattgefunden“, sagte Jürgen Lohmann in der Sitzung. Das hatte sich bereits seit langem abgezeichnet, und so fasste der Möhringer Bezirksvorsteher noch einmal zusammen, was die Lokalpolitiker in diesem Zusammenhang schon seit Jahren fordern. „Die Fahrradstation ist für uns besonders wichtig“, sagte er. Sie soll erhalten werden.

Die Fahrradstation ist ein Projekt der Neuen Arbeit. In einem Schuppen auf einem der vier Grundstücke reparieren Langzeitarbeitslose Fahrräder, weitere Räder können zudem untergestellt werden. „Der Wunsch war auch, eine Kindertagesstätte unterzubringen.“ Das Jugendamt sehe dafür Bedarf. „Und außerdem ist unser Anliegen, dass das Gebäude rechts des Bahnhofs nicht so groß wird, dass es unseren Platz vor dem Bürgerhaus zerschlägt.“

Die SSB hat am Bahnhof bereits 150 Wohnungen gebaut

Viele Wünsche also, aber um welche Bauflächen geht es eigentlich? Da sind zum einen die beiden bereits erwähnten südlich der Gleise am Möhringer Bahnhof. Das sind die kleineren, komplizierteren. Deutlich größer und aus Investorensicht einfacher sind die zwei Brachen nördlich der Gleise an der Probststraße. Skizzen aus dem Jahr 2006 sehen an diesen Stellen fünfgeschossige Wohnblöcke vor.

Skizzen blieben das deshalb, weil die SSB sie angefertigt hatte, zwischenzeitlich aber das Interesse verloren hat. Die gesamte Gegend gehörte dem städtischen Nahverkehrsunternehmen. Seit 2005 entstanden dort rund 150 Wohnungen. Langfristig werfe es zwar mehr Gewinn ab, diese selbst zu bauen, hieß es 2010. Dafür müssten aber Kredite aufgenommen werden. Kurzfristig benötige das Unternehmen jedoch Kapital, um dringende Investitionen tätigen zu können.

Weil das fehlt, legte die SSB Ende 2013 auch zwei Großprojekte auf Eis. Der Ausbau des Betriebshofs zwischen Möhringen und Vaihingen wie auch der Bau einer neuen Hauptverwaltung im dortigen Gewerbegebiet wurden hintenan gestellt, stattdessen eine Vielzahl an Grundstücken verkauft, unter anderem in Möhringen.

Die gehören nun der Bietigheimer Wohnbau und der Strenger Gruppe, zu der auch Baustolz gehört. „Unsere Kernzielgruppe ist die junge Familie mit Kindern“, sagte Dennis Gienger von Strenger. Man sei da bis zu 20 Prozent billiger als die Konkurrenz, weil die Gebäude hochgradig standardisiert wären. Und auch der Bietigheimer Wohnbau gehe es vor allem um Wohnungen. Deshalb sollen an der Probststraße auch reine Wohnblöcke entstehen, ohne Geschäfte im Erdgeschoss.

Die Investoren würden ein Grundstück wieder verkaufen

Das ist der Wunsch der Investoren, denn eigentlich sieht der Bebauungsplan an dieser Stelle ein Mischgebiet und kein reines Wohngebiet vor. Dass, was sich die Lokalpolitik wünscht, könnte dafür auf der anderen Seite der Gleise realisiert werden, vor allem auf dem Gelände vor dem Bürgerhaus. Man sei sogar bereit, dieses Grundstück für 300 000 Euro wieder zu verkaufen, wo man doch ursprünglich 400 000 dafür bezahlt habe. „Wir sind nicht der klassische Bauträger, der sagt, das ist unser Recht und das war’s“, sagte Markus Klein von der Bietigheimer Wohnbau. Allzu große Erwartungen dämpfte er aber trotz aller Kompromissbereitschaft. „Wir haben das zu marktüblichen Preisen gekauft.“

„Für uns wichtig ist das Mischgebiet, und das heißt eben auch Handel und nicht nur Wohnen“, sagte Fred Wagner von der CDU. „Wir müssen hier sehr sensibel vorgehen“, sagte Dieter Bernhardt von der SPD mit Blick auf das mögliche Gebäude gegenüber des Bürgerhauses. „Wer dort wohnt, hat sein Wohnzimmer direkt auf den Gleisen.“ Auch Petra Leitenberger von den Grünen zeigte sich skeptisch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Stadt das Gelände zurückkaufen wird, um dort die schönen Sachen zu bauen“, sagte sie.

Dennoch wollten die Mitglieder des Bezirksbeirats den Vorschlag der Investoren nicht ablehnen. Bis zur nächsten Sitzung in einem knappen Monat wolle man Ideen entwickeln, wie so ein Kompromiss in die Praxis umgesetzt werden könnte. „Das ist ein hartes Brett, das es zu bohren gilt“, sagte Lohmann.