Wie in Fellbach (unser Bild) gibt es auch in Göppingen etliche Baulücken. Foto: Sigerist/Archiv

Die Zahlen sinken: In Göppingen sollen bis zum Jahr 2035 statt 2900 neuer Wohneinheiten nur noch deren 1950 gebraucht werden.

Göppingen - Ein Schwall an Zahlen und Grafiken hat sich am Donnerstagabend binnen einer Stunde über die Göppinger Kommunalpolitiker und all jene ergossen, die als Besucher der Gemeinderatssitzung beigewohnt haben. Tobias Koch vom Institut Prognos stellte die Ergebnisse einer Kurzstudie zur Ermittlung des Wohnraumbedarfs in der Stadt vor, die die Verwaltung im vergangenen Herbst in Auftrag gegeben hatte.

Am Ende der Debatte darüber waren zumindest zwei Dinge klar: Die Prognos-Zahlen sind, zumindest auf den ersten Blick, deutlich niedriger als jene, die zuvor das Institut Empirica errechnet hatte. Dessen Ergebnis war gewesen, dass bis zum Jahr 2036 in Göppingen 2910 neue Wohneinheiten gebaut werden müssten, nun hieß es, fast 1000 weniger reichten aus.

Fraktionen kritisieren „Ad-hoc-Information“

Klar wurde nach den Einlassungen der Fraktionsvertreter aber auch, dass der heftige Streit, der sich vor allem an der geplanten Bebauung des Bereichs Dittlau bei Faurndau entzündet hatte, weitergehen wird. Obwohl das dort vorgesehene Großprojekt – auf 25 Hektar Fläche sind 800 Wohneinheiten für 2000 neue Einwohner geplant – mit keiner Silbe erwähnt wurde, brachten sich die Befürworter und Gegner gleich wieder in Stellung.

Ebenso wie alle Seiten betonten, dass Göppingen dringend zusätzlichen Wohnraum brauche, und kritisierten, dass die Studie ihnen erst in der Sitzung und nicht schon vorher gezeigt wurde, ging es sogleich darum, Position zu beziehen. CDU, Freie Wähler sowie Linke/Piraten wollen neue Baugebiete ausweisen, um die prognostizierte positive Entwicklung nicht zu gefährden. Die Grünen, die SPD und zumindest teile der FDP setzen darauf, erst vorhandene Potenziale zu erschließen.

Kurzfristiger Bedarf liegt bei 400 Wohneinheiten

Tobias Koch hatte zuvor drei rechnerische Varianten vorgestellt, ausgehend von unterschiedlichen Annahmen des Bevölkerungswachstums. Die wahrscheinlichste bezeichnete er als Hauptvariante mit einem Bedarf an 1550 zusätzlichen Wohneinheiten bis zum Jahr 2035, ehe die Kurve bis 2040 nicht mehr steige. Hinzu kommen aus seiner Sicht – und das bei allen drei Varianten – rund 400 Wohneinheiten, die heute schon fehlten.

Der Prognos-Vertreter machte auch deutlich, dass es neben Ein- und Zweifamilienhäusern für junge Familien vor allem Mehrfamilienhäuser brauche, etwa für Singles und zuziehende Fachkräfte, und zwar sowohl als Eigentums- wie auch als Mietwohnungen. Das Schlagwort „bezahlbar“ nahm Koch dabei ebenfalls in den Mund. Die meisten Fragen aus dem Gremium umging er danach geschickt. Aus gutem Grund, waren diese doch zumeist mit einer politischen Bewertung versehen.

Politische Antworten muss der Gemeinderat geben

Diese Antworten wird sich der Gemeinderat selbst geben müssen, etwa wenn es darum geht, wo die offenkundig fehlenden 400 Wohneinheiten kurzfristig herkommen sollen. Aber auch die Frage nach einer baulichen Verdichtung oder der Aufstockung von Bestandsgebäuden, die Jürgen Schaile (FDP) stellte, sowie der Einwand von Armin Roos (SPD), man müsse auch an neuer Wohnformen denken, etwa für ältere Leute, ist Sache der Entscheidungsträger.

Felix Gerber (CDU) ist sich dennoch zu „hundert Prozent sicher, dass die Stadt zusätzliches Bauland ausweisen muss“. Man darf also davon ausgehen, dass das Dittlau wieder auf die Agenda kommt. Das befürchten auch die bei der Debatte anwesenden Vertreter der gleichnamigen Schutzgemeinschaft, die sich gegen die Bebauung wendet. „Wir sind dennoch sehr gespannt darauf, wie das angesichts der stetig sinkenden Bedarfszahlen, die bei 4000 Wohneinheiten begonnen haben, begründet wird“, sagt deren Sprecher Jörg Krauß.