Heiko Schurr macht mit bei dem Projekt „Türöffner“: Er hat seine Wohnung über die Wohnraumoffensive der Caritas vermietet. Foto: © C) Gottfried Stoppel Foto:  

Junge, Alte, Singles, Familien – viele Menschen finden im Großraum Stuttgart partout keine erschwingliche Bleibe. Die Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz will mit ihrer Wohnraumoffensive „Türöffner“ gegensteuern. Im Kreis Ludwigsburg klappt das schon ganz gut, nun soll die Aktion auch Wohnungssuchenden im Rems-Murr-Kreis helfen.

Waiblingen/Ludwigsburg - „Ich bin ein absoluter Anfänger als Vermieter“, sagt Heiko Schurr: „Ich brauche Sicherheit und wenig Aufwand und Ärger. Meine größte Angst ist, dass ich an Mietnomaden gerate.“ So hat der 57-Jährige zunächst gezögert, als es darum ging, die von seinen Eltern geerbten, voll möblierten 60 Quadratmeter im Vaihinger Teilort Enzweihingen (Landkreis Ludwigsburg) an Fremde weiterzugeben. Seit dem vergangenen Herbst lebt nun aber doch eine aus dem Irak stammende Familie in Schurrs Wohnung. „Keine Klagen“, fasst der zufriedene Vermieter die Situation zusammen. Die Besonderheit dabei: Seine Mieter hat er nicht mühselig selbst suchen müssen – die Caritas hat das für ihn übernommen und garantiert auch, dass die Miete jeden Monat pünktlich auf seinem Konto landet.

„Türöffner“ nennt der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche die Wohnraumoffensive, die er im Herbst im Landkreis Ludwigsburg begonnen hat und nun auf den Rems-Murr-Kreis ausdehnt. Unter dem Motto „Menschen eine Chance geben“ möchte die Caritas jenen helfen, die es bei der Wohnungssuche im Großraum Stuttgart besonders schwer haben: Menschen mit niedrigem Einkommen oder einer Behinderung, Alleinerziehende, Familien oder Geflüchtete, die oft nur Absagen erhalten.

Von der Ein-Zimmer-Wohnung bis zum Haus

„Von ganz jung bis sehr alt“, beschreibt Ellen Eichhorn-Wenz die Bandbreite der Menschen, die auf ihrer langen Warteliste stehen und die dringend eine neue Bleibe suchen – von der Ein-Zimmer-Wohnung bis zum Haus. Ellen Eichhorn-Wenz ist bei der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz für Strategische Projekte zuständig. Fehlender Wohnraum, das sei bei ihrer Arbeit schon seit Jahren ein Thema, sagt sie. „Aber im vergangenen Jahr ist es sehr stark in den Vordergrund gerückt, wir wurden ständig damit konfrontiert. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir ein Konzept entwickeln.“

Daraus entstand das Projekt Türöffner, das im September offiziell an den Start ging und das die Caritas unter anderem mit Geld aus einer Erbschaft finanziert. Im vergangenen Oktober ist der erste Mietvertrag unterzeichnet worden, allein für den Landkreis Ludwigsburg stehen inzwischen weit mehr als 100 Suchende auf der Caritas-Liste. „Jeden Tag gehen mindestens zehn Anrufe bei uns ein“, sagt Ellen Eichhorn-Wenz, die froh ist, dass sich im Caritas-Zentrum nicht nur Wohnungssuchende, sondern auch Eigentümer wie Heiko Schurr melden. „Manche Vermieter wollen gerne dabei sein, wenn wir die Gespräche mit potenziellen Mietern führen, andere geben alles aus den Händen“, erzählt Ellen Eichhorn-Wenz. So oder so: „Wichtig ist eine gute Mieterauswahl – und auch wenn es vielleicht etwas unglaublich klingt, so spielt das Bauchgefühl doch eine große Rolle dabei.“

Verträge befristet auf drei Jahre

Die Bewerbergespräche führen zwei Caritas-Mitarbeiter mit den Wohnungssuchenden. „Dann machen wir unabhängig voneinander ein Ranking“, erzählt Florentin Stövhase über die aufwendige Suche nach dem optimalen Mieter. Wenn alles passt, kommt es zur Vertragsunterzeichnung. „Sollte ein Mieter nicht zahlen, dann ist das kein Problem für den Vermieter, denn wir zahlen ja die Miete an ihn.“

Was deren Höhe angeht, so orientiert sich die Caritas an der Mietobergrenze, die ein Landkreis festlegt. Nicht jede angebotene Wohnung komme in Frage, sagt Ellen Eichhorn-Wenz. Manche seien zu teuer, manche in einem zu schlechten Zustand. „Unsere Devise ist: Wir tauschen nicht prekären Wohnraum gegen prekären Wohnraum – es muss menschenwürdiges, gutes Wohnen möglich sein.“

Ist der Mieter eingezogen, sorgt die Caritas dafür, dass alles rund läuft. Die Sozialarbeiterin Natallia Aniskevich schaut beispielsweise vorbei und erklärt, wie die Stromrechnung zustande kommt oder was bei der Mülltrennung zu beachten ist. Eine ihrer Aufgaben ist auch, die Mieter bei der Suche nach einer eigenen Wohnung zu unterstützen. Denn die Mietverträge, welche die Caritas stellvertretend für die Wohnungssuchenden abschließt, sind bewusst auf drei Jahre befristet, erklärt Ellen Eichhorn-Wenz: „Wenn der Vermieter einverstanden ist, kann der Mieter danach bleiben, aber mit einem neuen Vertrag. Der beste Fall wäre, dass die Caritas aus dem Mietverhältnis aussteigt, denn unser Ziel ist ja, die Menschen zu verselbstständigen.“

Mal sehen, wie sich Heiko Schurr dann entscheidet. Das Projekt Türöffner findet er jedenfalls prima: „Besser kann es nicht laufen für einen Vermieter.“

Mehr zum Projekt Türöffner findet man hier