An der Echterdinger Hauptstraße 30 war einst die Bäckerei Wolkenstein beheimatet. Künftig sollen an dieser Stelle obdachlose Frauen und Familien leben. Foto: Natalie Kanter

Obdachlose sollen künftig in Echterdingen im Haus der ehemaligen Bäckerei Wolkenstein unterkommen.

Echterdingen - Die Große Kreisstadt muss nicht nur immer mehr anerkannten Flüchtlingen ein Dach über den Kopf bieten, sondern steht auch weiterhin in der Pflicht, Langzeitobdachlosen und sogenannten gestrandeten Reisenden eine feste Bleibe zu vermitteln. „Jeder leer stehende Wohnraum muss aktiviert werden“, sagt Baubürgermeisterin Eva Noller.

Die Verwaltungsspitze will deshalb schräg gegenüber dem Zeppelinplatz und damit quasi im Echterdinger Zentrum eine Gemeinschaftsunterkunft für Obdachlose einrichten. An der Hauptstraße 30 – also in dem Haus, in dem jahrzehntelang die Bäckerei Wolkenstein zu finden war – soll Platz für bis zu 18 Menschen entstehen.

Insbesondere alleinstehende Frauen mit und ohne Kleinkindern will die Verwaltung dort unterbringen. Denn gerade für diesen Personenkreis gibt es bisher zu wenige Plätze, ist der Sitzungsvorlage des Technischen Ausschusses zu entnehmen. Darin steht auch, dass sich Familien von anerkannten Flüchtlingen obdachlos melden können und dann von der Stadt untergebracht werden müssen.

Die Frauen und Familien werden im Ober- und Dachgeschoss des Gebäudes untergebracht, so der Plan. Das Erdgeschoss – und damit die einstige Bäckerei samt Backstube – will man hingegen dem Einzelhandel als Fläche für Ausstellungen und Präsentationen anbieten.

Neue Bodenbeläge, Bau von Bad und Küche

Um das 1966 gebaute Haus als Obdachlosenwohnheim nutzen zu können, muss es zumindest ansatzweise saniert werden. Es gilt, Wand- und Bodenbeläge zu erneuern. Das Treppenhaus braucht dicht schließende Türen, um dem Thema Brandschutz gerecht zu werden. Im Dachgeschoss muss ein Bad und eine Küche eingebaut werden. Kostenpunkt: 120 000 Euro.

Das Gebäude, das zum Sanierungsgebiet „Waldhorn Echterdingen“ zählt, steht seit Jahren leer. Herbert und Hedi Wolkenstein hatten dort viele Jahre frisch Gebackenes an den Mann und die Frau gebracht. Im Sommer 2012 verabschiedeten sie sich in den Ruhestand.

Die Stadt hat das Gebäude dann 2013 gekauft. Es sollte eigentlich abgerissen werden. Man wollte in dem Gebiet ein Wohn- und Geschäftshaus bauen, einen Publikumsmagneten schaffen und so den Einzelhandel im Echterdinger Ortskern stärken.

Fünf Häuser an der Hauptstraße hätten dafür weichen, Grundstücke im Inneren des Gebiets umgelegt werden müssen. „Das ist uns nicht gelungen“, sagt Noller. Vier Grundstückseigentümer zogen nicht mit. „Ein Abbruch des Gebäudes und eine Bebauung sind bis auf Weiteres nicht in Sicht“, heißt es in der Sitzungsvorlage.

Bau eines Publikumsmagneten ist nicht vom Tisch

Das bedeutet laut der Bürgermeisterin nicht, dass das einstige Ziel vom Tisch ist. Im Gegenteil: Die Verwaltungsspitze will an dieser Stelle weiterhin ein Wohn- und Geschäftshaus realisieren. Diese Pläne sollen später – nach der Abrechnung des Sanierungsgebiets, ohne Umlegungsverfahren und mit den bisherigen Grundstückseigentümern im Boot – umgesetzt werden. „Einen Interessenten gibt es“, sagt Noller.

In der Zwischenzeit soll das städtische Gebäude der Unterbringung von Obdachlosen dienen. Der Technische Ausschuss befasst sich am Dienstag, 5. April, im Echterdinger Rathaus mit dem Thema. Die öffentliche Sitzung beginnt um 18 Uhr. Gibt der Ausschuss grünes Licht, „können wir direkt loslegen“, sagt die Erste Bürgermeisterin. Sie hofft auf eine breite Zustimmung der Fraktionen und eine schnelle Entscheidung. „Es ist eine eilige Sache“, sagt sie. „Und eine Pflichtaufgabe.“