Der kleine Garten vor dem Mehrgenerationenhaus in der Kullenstraße ist für alle Bewohner gedacht. Foto: factum/Weise

Zwei Jahre hat der Bau gedauert, die Nachfrage hielt sich zeitweise in Grenzen – nun ist das Mehrgenerationenhaus in Korntal fertig und fast alle Wohnungen sind bezogen. Für eine innovative Wohnform fanden sich jedoch keine Interessenten.

Korntal-Münchingen - An diesem Freitag ist es soweit: Das erste Mehrgenerationenhaus der Stadt wird in Korntal eingeweiht. Zwei Jahre hat es gedauert, den Gebäudekomplex entlang der Kullen-, Friederich- und Görlitzstraße auf dem Gelände der ehemaligen Druckerei Pfitzer zu bauen. Dort leben nun Jung und Alt, Familien, Kinder, Berufstätige und Senioren unter einem Dach – und sollen sich gegenseitig unter die Arme greifen, wo es nötig ist.

„Graf Görlitz-Hof“ nennt sich das Ganze und schlägt damit den Bogen zu den früheren Besitzern des Hofguts Korntal, das später zur Grundlage der pietistischen Besiedelung wurde. „Wir wollten einen einprägsamen Namen“, sagt Hans Müllerschön, der Vorstandssprecher des Investors, der Korntaler Güterkaufsgesellschaft – etwas, mit dem man sich identifizieren könne. 18 Wohnungen und eine Physiopraxis sind nun dort untergebracht, sechs davon für Familien, acht für Senioren. Dazu kommen zwei Ein-Zimmer-Appartements und zwei weitere Wohnungen, die eigentlich als Senioren-WGs gedacht waren. Die Nachfrage dafür war jedoch von Anfang an mau. „Das lässt sich so nicht vermieten“, sagt Müllerschön, das Interesse sei schlicht nicht vorhanden. Nun sind beide Wohnungen für andere Wohngemeinschaften vorgesehen, etwa für Berufstätige oder Studenten.

Zähe Vermietung der Familienwohnungen

Während es für die Seniorenwohnungen genügend Interessenten gab, gestaltete sich die Vermietung der Familienwohnungen lange zäh. Das mag an den Mieten liegen, die nicht ganz günstig sind – die „überdurchschnittliche“ Ausstattung mit Echtholz-Parkett und großzügigen Balkonen schlägt sich hier nieder. Es mag auch an den Anforderungen gelegen haben, die an die Mieter gestellt werden: Sie sollen sich gegenseitig helfen, damit das Mehrgenerationenhaus nicht einfach nur ein Gebäude ist, in dem verschiedene Generationen unter einem Dach leben. Stattdessen sollen alle voneinander profitieren – ähnlich der Großfamilien, die früher ganz selbstverständlich zusammengelebt haben. „Abstriche haben wir bei unseren Erwartungen eigentlich keine gemacht“, sagt Müllerschön. Einziehen durfte nur, wer auch bereit ist, sich einzubringen.

Die Wohnungen wurden seit Februar sukzessive bezogen, nur eine WG ist noch frei. Müllerschön hat den Eindruck, dass das Haus seinen Zweck schon erfüllt: Die Gemeinschaft sei bereits gut, die Mieter interessiert aneinander. Einen gemeinschaftlichen Raum als neutralen Treffpunkt gibt es aber entgegen der ursprünglichen Planung nicht – aus finanziellen Gründen. Die Kosten dafür hätten die Mieter anteilig tragen müssen. Nun gibt es immerhin einen kleinen Garten mit Kinderspielplatz und Tischtennis.

Etwa jeder zweite der rund 40 Bewohner ist innerhalb der Stadt umgezogen, die meisten anderen kommen zumindest aus dem näheren Umfeld. Bewerber aus der Stadt wurden zum Teil bevorzugt: Bei den Ortsansässigen habe man geschaut, „wie die Leute im Ort verankert sind“, sagt Müllerschön, und, falls die restlichen Voraussetzungen gleich waren, den Korntalern den Zuschlag gegeben.