Wohnmobilabstellplatz am Schützenhaus in Neuffen Foto: Horst Rudel, Patricia Siegerist

Mit dem Wohnmobil zu verreisen liegt im Trend, doch Experten vermissen bei einer Diskussion auf der Reisemesse CMT einen Leuchtpunkt in der Region Stuttgart. Als leuchtendes Beispiel gilt da unter anderem ein Stellplatzprojekt in Hessen.

Stuttgart - Wohnmobilstellplätze können für Privatanbieter und Kommunen durchaus eine attraktive Chance sein, den Tourismus in der Region zu fördern. Im Jahr 2017 hat Allmersbach im Rems-Murr-Kreis dieses Modell für sich entdeckt.

Die zehn Stellflächen sind eingebettet in den Sport-Erlebnis-Park der 4700-Einwohner-Gemeinde. Die Stromversorgung sowie die Wasser- und Abwasserversorgung sind durch entsprechende Säulen gesichert. Der Reisende findet aber nicht nur entsprechende Ver- und Entsorgungseinrichtungen und mit Holz verkleidete Sanitärcontainer vor, sondern kann auch einen Fußballplatz, ein Basketballfeld, eine Boulderanlage, zwei Bouleplätze und eine Trampolinanlage nutzen.

Und wer nicht im Wohnmobil schlafen will, kann auch in einem der fünf Campinghäuschen übernachten. Bürgermeister Ralf Wörner zieht knapp zwei Jahre nach der Einführung ein positives Fazit. „2017 lief super, das letzte Jahr durch den sehr heißen Sommer nicht ganz so, weil es die Leute da eher ans Meer und in die Berge gezogen hat“, sagt Wörner. Dennoch wurden die sanitären Anlagen erweitert und auch eine Spülstation geschaffen. Vor allem die Campinghütten sind der große Renner, selbst im Herbst und Winter. Deshalb werden noch zwei neue aufgestellt. Die Reisemobilisten nutzen aber nicht nur die Stellplätze, sondern auch die Infrastruktur. „Die Restaurants am Platz profitieren von diesen Touristen“, sagt Wörner, und auch für den Einzelhandel, der in der kleinen Gemeinde ums Überleben kämpft, bringen diese Gäste zusätzliche Einnahmen.

Blick nach Bad Dürrheim

Das deckt sich mit einer Studie des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Uni München, die berechnet hat, dass Wohnmobilreisende rund 50,50 Euro pro Tag und Person im Zielgebiet ausgeben. Insgesamt generierten sie außerhalb von Campingplätzen bei ihren Übernachtungen 1,33 Milliarden Euro Umsatz. Auch in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) wurden wegen der diesjährigen Remstalgartenschau die 13 Standplätze unweit der Altstadt saniert, rund um Herrenberg und Sindelfingen bieten einige Bauern Stellplätze an. Auf der Messe selbst gibt es einen Bereich mit Stellplätzen für 39 Fahrzeuge, in Fellbach für sieben und auf dem Ziegelwasen in Kirchheim/Teck für acht Mobile.

„Das ist ein Anfang, aber der Region Stuttgart fehlt noch ein Leuchtpunkt in Sachen Stellplätze“, sagt Dominic Vierneisel, Chefredakteur der Zeitschrift „Promobil“, beim vierten Stellplatzgipfel auf der CMT und führt für Baden-Württemberg das Beispiel Bad Dürrheim an, das mit 480 Parzellen in eine ganz andere Dimensionen vorgestoßen ist, was den Service und den Komfort angeht. Denn Stellplatz ist nicht gleich Stellplatz. Es gibt die Basic-Variante für eine Nacht, etwa neben einem Landgasthof oder Museum, das Standardmodell mit Versorgungs- und Entsorgungsanlagen sowie die Premiumplätze, die mit eigenen sanitären Anlagen, Waschmaschinen und sogar Hundeduschen aufwarten können.

Der Bedarf ist groß

Diesen Status hat sich der Reisemobilpark Urbachtal im hessischen Neukirchen/Knüllgebirge erarbeitet. Inhaber Klaus Hünerkopf hat sechs Jahre für dieses Projekt an einem Bachverlauf im Grünen gekämpft und die Kommune samt Bürgermeister Clemens Olbrich überzeugt. „Heute haben wir 49 Stellplätze mit 12 000 Übernachtungen pro Jahr“, sagt Hünerkopf. Um möglichen neuen Betreibern eine Hilfe an die Hand zu geben, hat der Deutsche Tourismusverband (DTV) eine aktualisierte Planungshilfe für die Einrichtung und den Betrieb solcher Stellplätze aufgesetzt. Wichtig dabei ist vor allem eine Standortanalyse. „Die Zeit der Selbstläufer ist vorbei. Wichtig ist eine ereignisnahe Lage beispielsweise an einem See, einer Altstadt oder einer Therme“, sagt Dirk Dunkelberg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DTV.

Der Bedarf an mehr Stellplätzen ist groß. Laut einer Umfrage unter 2000 Wohnmobilbesitzern ziehen 50 Prozent einen Stellplatz einem Campingplatz vor. Die Relevanz von deutlich mehr Stellplätzen sieht auch Andreas Braun, Geschäftsführer Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg: „In den letzten Jahren wächst der Anteil an Caravaningurlaubern in Baden-Württemberg kontinuierlich. Diese Urlaubsform bietet Kommunen und privaten Anbietern die Chance auf neue touristische Zielgruppen.“