Von der Ausstattung des Wohnheims machen sich einige Anlieger ein Bild. Foto: factum/Granville

180 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wohnen derzeit im Landkreis Ludwigsburg in einer Übergangsunterkunft. 52 von ihnen sollen ab Ende Januar in ein Wohnheim in der Ludwigsburger Strombergstraße umziehen. Was halten die Ludwigsburger davon?

Ludwigsburg - Das ehemalige Bürogebäude der Telekom in der Strombergstraße 27 zwischen Osterholz und der Weststadt hat vom 23. Januar an eine neue Bestimmung: 52 unbegleitete minderjährige Männer aus Afghanistan, Syrien, Eritrea und Somalia sollen hier ein neues Zuhause finden. „Momentan sind die Jugendlichen in Übergangslösungen untergebracht“, sagt Heiner Pfrommer, der Sozialdezernent des Landkreises Ludwigsburg. „Die ersten Bewohner ziehen bereits nächste Woche ein. Bis Ende März soll das Haus voll belegt sein“, sagt Pfrommer.

Am Dienstagabend hatten die Anwohner der Weststadt Gelegenheit, die Unterkunft ihrer neuen Nachbarn zu besichtigen. „Wenn das Haus gut geführt wird und die Jugendlichen nicht sich selbst überlassen werden, dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass das Projekt glückt“, sagt Heinz Wiedmann, einer der Anwohner.

Es ist das erste Wohnheim dieser Art im Landkreis

Es ist das bisher erste Wohnheim dieser Art im Landkreis, ein weiteres mit 44 Plätzen wird im Gewerbegebiet in Murr gebaut. Das besondere an den Wohnheimen: Die Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren werden rund um die Uhr von Sozialarbeitern betreut und auf ihre Selbstständigkeit vorbereitet. Tagsüber stehen ihnen etwa sechs Sozialarbeiter zur Verfügung. Nachts ist ein Betreuer für das ganze Haus zuständig. Unter der Woche gehen die Jugendlichen zur Schule und lernen Deutsch oder machen eine Ausbildung.

Die Grünen-Stadträtin Christine Knoß sieht ihre neuen Nachbarn positiv. „Ich habe schon einige Ideen, wie wir die Jugendlichen in unser Stadtviertel integrieren können“, sagt Knoß. „Die Menschen in der Weststadt wollen helfen“, sagt sie. Vermutlich werden sich die Jugendlichen manchmal aber auch wie ihre deutschen Altersgenossen verhalten: Lärm machen und Scherben hinterlassen, sagt Knoß.

Eine andere Anwohnerin schaut sich das Wohnhaus mit ihren kleinen Kindern an. „Auf unserem Weg zum Kindergarten kommen wir hier täglich vorbei“, sagt sie. „Da wollten wir uns das Gebäude von innen ansehen.“ Angst vor den Flüchtlingen habe sie keine. „Irgendwo müssen die Jugendlichen doch untergebracht werden“, sagt sie.

Der Bürgermeister hat bisher wenig kritische Stimmen gehört

Ähnlich sehen es laut Konrad Seigfried, dem Ersten Bürgermeister Ludwigsburgs, die meisten Anwohner. „Bei einer Infoveranstaltung zu dem Wohnheim Anfang Januar waren die Nachfragen der Bürger eher positiv“, sagt er. „Nur eine Frau wollte wissen, ob es nun gefährlicher sei, in dem Gebiet spazieren zu gehen.“ Die positive Resonanz erklärt der Bürgermeister damit, dass das Heim nicht direkt in einem Wohngebiet liegt. Und weil es bisher in Ludwigsburg kaum Probleme mit Flüchtlingen gab.

385 unbegleitete Minderjährige leben derzeit im Landkreis Ludwigsburg, der Großteil davon sind Männer. Sie sind in Unterkünften wie Pflegefamilien, Pensionen oder Wohnungen der Jugendhilfe untergebracht. 180 von ihnen leben derzeit in Übergangslösungen. Eine davon ist die Jugendhilfe in Kornwestheim. „Die Jugendlichen sind gespannt auf ihr neues Heim und freuen sich auf den Umzug“, sagen die Sozialarbeiter Elke Seditschka und Tim Kühlewein. Die dort vorübergehend untergebrachten Jugendlichen sollen demnächst nach Ludwigsburg umziehen. Seditschka und Kühlewein verlagern dann ihren Arbeitsplatz von Kornwestheim nach Ludwigsburg in die Strombergstraße.