Vorschlag aus einer Machbarkeitsstudie für ein neues Wohngebiet am Neckar mit rund 1000 Wohnungen. Illustration: Karajan Ingenieure und Engelsmann Peters Beratende Ingenieure

Kurz vor der Generaldebatte zum Thema Wohnen macht die SPD neue Vorschläge. Zusätzlich zu neuen Baugebieten fordern die Sozialdemokraten für 100 000 Menschen einen gesetzlichen Schutz vor zu hohen Mieten. Zudem soll die städtische Wohnbautocher auf Mieterhöhungen verzichten.

Stuttgart - Die SPD übt eine Woche vor der großen Debatte zum Thema Wohnen herbe Kritik an Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). „Der OB lässt keine Gelegenheit aus, um zu erzählen, dass Neubau in Zeiten der Wohnungsnot gar nichts bringen würde“, ärgert sich SPD-Fraktionschef Martin Körner. Und: „Diese Haltung des OB zum Neubau ist schlicht falsch und zynisch, weil so der Widerstand gegen jede Art von Wohnbauvorhaben gestärkt wird.“ Daher plädiert die SPD für ein „politisches Ja zum Neubau“ – zum Teil auch auf der grünen Wiese.

Nicht zuletzt weil die Zahl der Baugenehmigungen nach Angaben der SPD jüngst deutlich gesunken ist, will sich die Partei für größere Anstrengungen im Wohnungsbau starkmachen. Der spektakulärste Vorschlag heißt „Wohnen am Fluss“. Körner bezieht sich damit auf das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie (siehe Bild) wonach eine große Anzahl neuer Wohnungen entlang des Neckarufers auf Höhe des Gaskessels entstehen könnten. Die Flächen müssten dafür von der EnBW erworben und die B 10 überdeckelt werden, so Körner. „Das Vorhaben könnte ein prominentes Projekt der Stadt für die Internationale Bauausstellung werden“, so der Fraktionschef. Aus seiner Sicht besteht die Chance, zwischen Wasserwerk und Kohlelager ein neues Quartier mit rund 1000 Wohnungen entstehen zu lassen.

Angebotsmieten jenseits von 14 Euro pro Quadratmeter

Grundsätzlich beobachtet die SPD eine Verschärfung des Wohnungsproblems in Stuttgart. Lagen die Kaltmieten bei angebotenen Wohnungen im zweiten Quartal 2016 noch unter 12 Euro pro Quadratmeter, hat der Mieterverein speziell in den Innenstadtbezirken zuletzt Angebotsmieten von durchschnittlich deutlich über 14 Euro pro Quadratmeter beobachtet. „Wir müssen daher auch Vorschläge machen, die rasch wirken“, erklärt Körner. „So wie es heute läuft, werden Normalverdiener aus der Stadt verdrängt.“

Eine dieser Ideen bezieht sich auf die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWSG. Für einen Großteil dieser Wohnungen in Stuttgart fordert die SPD nun ein Mietpreismoratorium. Das würde bedeuten, dass die Mieten der Wohnungen der städtischen Tochtergesellschaft, die keiner sogenannten Satzungsmiete unterliegen (etwa 13 000 der rund 18 000 SWSG-Wohnungen) im kommenden Jahr nicht wie eigentlich vorgesehen erhöht werden sollen. Normalerweise werden die Mieten bei der SWSG im Zweijahresrhythmus um jeweils bis zu zehn Prozent erhöht. Diese Erhöhung soll nach dem Willen der Sozialdemokraten im Jahr 2019 ersatzlos gestrichen werden.

Der dritte Punkt im wohnungspolitischen Paket der SPD beschäftigt sich mit Mieterhöhungen im Bestand. Man wolle rund 100 000 Menschen in Stuttgart mithilfe kommunaler Vorgaben, sogenannten Erhaltungs- oder Milieuschutzsatzungen, vor der Verdrängung aus ihren angestammten Quartieren bewahren. „Bislang gilt eine derartige Satzung in Stuttgart allein in einem Gebiet in der Nähe des Nordbahnhofs“, berichtet Körner. Die bayerische Hauptstadt München hingegen habe derartige Schutzgebiete in 21 Quartieren mit insgesamt rund 250 000 Einwohnern eingerichtet. In Gebieten, in denen eine Erhaltungssatzung greift, kann die Stadt beispielsweise ein Vorkaufsrecht ausüben, wenn Wohnungen veräußert werden. Auch können durch ein städtisches Mitspracherecht Luxussanierungen mit anschließend heftigen Mietsteigerungen verhindert werden. Als Beispiel für Gebiete, in denen sich die SPD eine solche Satzung vorstellen könnte, nannte Körner Heslach, den Stuttgarter Norden oder Dürrlewang.

Der Gemeinderat wird am 14. Juni in einer Generaldebatte über die Wohnungsnot in Stuttgart diskutieren.