Komplett mit einer fein schimmernden Streckblech-Alu-Fassade umhüllt ist das Wohnhaus in Stuttgart, entworfen von Thomas Sixt Finckh. Foto: Thomas Sixt Finckh/FINCKH ARCHITEKTEN

Erst Doppelgarage, jetzt ein Wohntraum mit Metallhülle: Auf einem Restgrundstück in Stuttgart steht Thomas Sixt Finckhs cooles Haus für eine vierköpfige Familie.

Ein Diamant, der in der Sonne blitzt. Ein ziseliertes Kettenhemd für einen Riesenritter. Ein Kokon, eine Skulptur. Ein Metall gewordenes Fischernetz mit einem mehreckigem Gebilde als Fang. Assoziationen sind vielfältig, und unberührt passiert nur ein Mensch das ungewöhnliche Gebilde, der im feinen Stuttgarter Stadtteil Sillenbuch wohnt und sich an den Anblick des Hauses – denn das ist es – gewöhnt hat.

 

Wer von der freundlichen Bauherrenfamilie (die den Architekten loben, aber selbst lieber anonym bleiben will) zu einer Besichtigung eingeladen wird, macht sich erst einmal den Spaß, den Klingelknopf zu suchen, da öffnet der Hausherr bereits die Tür. Schon steht man mitten im offenen Küchen-, Wohn- und Essbereich in einem lichtdurchfluteten Raum.

Überraschend hell ist es im Metallkokon

Wie hell und raumgreifend das ist. Eine weiße Einbauküche samt Gäste-WC (das versteckt sich hinter einem der Einbauschränke!) an der Wand, ein großer Esstisch mit weißen Designer-Lehnstühlen, eine Couch und bodentiefe Fenster zum Garten hin. Farbe kommt hier durch die Natur ins Haus.

Das sei die größte Überraschung für Gäste, sagt der Bauherr, dass es so hell ist. In der Tat suggeriert die Metallverkleidung, dass die Bewohner wie in einer dunklen Burg verschanzt leben. Das Gegenteil ist der Fall. Auch weil sich das Haus zur Gartenseite hin und dem Pool öffnet, der exakt so breit ist wie das Haus auf der Seite: 4,60 Meter. Zur Straßenseite hin misst das Haus außen sogar nur 3,9 Meter.

Entstehen konnte das Haus auf dem 8,1 Meter breiten Grundstück, das jahrzehntelang nur als Garagen- und Waschplatz genutzt wurde, weil ein Nachbarhaus den Bauherren gehört. Sie beschlossen gemeinsam mit dem Stuttgarter Architekten Thomas Sixt Finckh vom Büro Finckh Architekten, aus einer Doppelgarage lieber etwas Gutes zu machen, Wohnraum zu schaffen.

Auf dem Platz der Doppelgarage rechts ist das neue Haus entstanden. Foto: Thomas Sixt Finckh/Finckh Architekten

Zu der Seite des alten Wohnhauses der Bauherren hin zeigt sich das Haus komplett geschlossen, daher konnte mit einem minimalen Abstand zum Gebäude gebaut werden. Wenn ein Haus näher als fünf Meter an sein Nachbarhaus rückt, muss es eine Brandmauer geben, erklärt der Architekt. In dem Fall ist es sogar weniger als ein Meter „sodass gerade noch ein Gerüst dazwischen passt.“

Der Architekt hat einige Erfahrung im Gestalten auf wenig Platz, in Esslingen hat er bereits auf einer Fläche eines geplanten Carports statt dessen ein ausgezeichnetes Tiny House geplant. Auch sein eigenes Wohnhaus in Esslingen ist eher schmal und mit experimentell anmutender Fassade entworfen.

Die fensterlose Brandmauer kam der Planung zu pass. Denn auch wenn die vierköpfige Familie aus dem deutlich größeren Nebenhaus auszog und nun auf 155 Quadratmetern lebt, gibt es einiges zu verstauen. Dies alles hat an der Seite hinter Schrankwänden Platz gefunden. Ebenso wie die dienenden Räume wie Bad und WC. Und im nur zum Teil unterkellerten Untergeschoss ist ein Raum für die Technik. Auf der anderen Seite des Hauses und in Richtung Garten befinden sich große, zum Teil bodentiefen Fenster, bringen jede Menge Licht ins Haus.

Das Haus lässt sich leicht umbauen

Platz genug ist ja noch zum Wohnen und Arbeiten. In den zwei oberen Stockwerken sind Kinderzimmer, Büroräume und unter dem Dach das Elternrefugium mit einer luftigen Höhe. Am unteren Ende des Gartens findet sich noch ein Mini-Alufassaden-Bauwerk – die Garage für Auto und Fahrräder mit Photovoltaik auf dem Dach.

Die monolithische Streckblech-Alu-Fassade hat der Architekt vorgeschlagen, damit so ein schmales Haus zwischen den doch stattlichen Nachbarn „nicht untergeht“. „Eine Putzfassade mit kleinen Fenstern hätte bei so einem schmalen Haus eigenartig gewirkt. Wir wollten aber eine großzügige Eigenständigkeit herstellen und sind so auf das Metallkleid gekommen.“

Steht man nach dem Besuch wieder draußen vor dem Haus, bei dem auch das Dach mit dem Streckmetall umhüllt ist, sieht man, wie die Außenwand abgeknickt ist und das Dach weit abfällt. Das generiert auch Licht im Haus.

Konstruiert ist das Haus aus Stahlbeton. „Das hat seinen Ursprung in den statischen und brandschutztechnischen Vorgaben“, sagt Thomas Sixt Finckh. „Die thermisch aktiven Stahlbetondecken zum Heizen und Kühlen wurden durch Auftrag einer dünnen, geglätteten Betonschicht zum Steinfußboden. Die Räume haben wir aus statisch unrelevanten Leichtbauwänden geformt, die auf dem Fußboden aufgebaut wurden.“ Heißt: wenn sich die Bedürfnisse der Bewohner ändern, lassen sich die Wände leicht wieder ab- und umbauen.

Bei der Treppe und den Wänden zum Einsatz kam Recycling-Beton. Ein haptischer „veredelter Rohbau“, wie der Architekt erklärt: „Der Rohbeton schafft auch ästhetisch interessante Strukturen. Und wir konzentrieren uns damit aufs Wesentliche, brauchen keine Farbanstriche, keine Tapeten, keine Verbundwerkstoffe.“

Verwendet wurden, wo es ging, Bauteile, die rückzubauen, trennbar und einfach recycelbar sind. Beton, sagt Thomas Sixt Finckh, sei bei einigen seiner Kollegen umstritten und wegen des CO2-Ausstoßes bei der Herstellung selbstredend ein Thema.

„Doch die Diskussion ist oft dogmatisch. Wir nutzen viel Recyclingbeton, Beton ist ein wertiges, langlebiges und dadurch sehr nachhaltiges und wiederverwendbares Baumaterial. Es wird viel geforscht, um auch eine CO2-ärmere Zementherstellung hinzubekommen.“ Wobei man diesem Haus nicht wünschen kann, dass es abgerissen und der Beton in Straßenbau eingesetzt würde.

Nicht nur das Bauen ist CO2-intensiv, auch das Wohnen. Die ökologische Energieversorgung funktioniert hier dank einer Geothermie-Wärmepumpe und selbst erzeugtem Solarstrom. Zudem wurde für das neue Haus in der Innenstadt mit kleinem Fußabdruck wenig Fläche versiegelt, die Infrastruktur war ohnehin vorhanden im bestehenden Wohnviertel.

Selbst in dicht bebauten Städten wie Stuttgart ist, wie das Beispiel zeigt, noch einiges an Potenzial vorhanden. Der Architekt Thomas Sixt Finckh sagt: „Man muss dies aufzeigen und im einzelnen immer prüfen, bevor Neues auf der grünen Wiese am Stadtrand bebaut wird.“ Mit der Restflächennutzung ist das Projekt ein nicht nur architektonisch ästhetisches, sondern auch nachahmenswertes Beispiel für Nachverdichtung in der Stadt.