Das Gebäude der mh-plus überragt mit 40 Metern Höhe die Weststadt. die Krankenkasse könnte bald sehr viel höhere Gesellschaft bekommen. Foto: factum/Granville

Im Februar hat der Immobilienmakler Strenger verkündet, dass er ein elfgeschossiges Hochhaus errichten möchte – und damit einen Schock ausgelöst. Die Absage kam prompt: Ein solcher Turm passe nicht ins Stadtbild. Nun ist es aber nicht so, dass die Stadt nicht selbst hoch hinaus möchte: Nur 100 Meter von Strengers Wunschbauplatz will sie selbst ein Hochhaus bauen.

Ludwigsburg - Im Februar hat der Immobilienunternehmer Karl Strenger verkündet, dass er an der Karlstraße 8 ein elfgeschossiges Hochhaus errichten möchte – und damit einen mittleren Schock ausgelöst. Ein Wohn- oder Büroturm an dieser Stelle passe nicht ins Stadtbild, so die Absage, die er von Stadträten und Verwaltung daraufhin kassierte. Nun ist es aber nicht so, dass die Stadt nicht selbst hoch hinaus möchte: Sie plant in nur knapp 100 Meter Luftlinie Entfernung zu Strengers Wunschbauplatz, einen sogenannten Green Tower z u bauen. Allerdings auf der gegenüberliegenden Seite der Bahngleise. Um das rechtlich abzufedern und künftig Projekte im Gebiet des historischen Kerns verhindern zu können, hat die Verwaltung ein Hochhauskonzept entwickelt, über das der Bauausschuss am Donnerstag erstmals diskutieren wird.

Tabuzone historische Innenstadt

Der Ludwigsburger Stadtplaner Martin Kurt spricht von einer Renaissance des urbanen Wohnens. Dazu gehört auch, dass wieder vermehrt Hochhäuser gebaut werden. Der Wohnturm ist in Mode. Aber anders als bei seiner letzten Blütezeit spielt sich das heute meist im Luxussektor ab. Investoren müssten so viele Standards und sicherheitstechnische Auflagen erfüllen, dass in lichter Höhe keine preiswerten Wohnungen entstehen könnten, meint Kurt. Anders als in den Siebzigern könne man auf diese Weise kaum Druck aus dem Wohnungsmarkt nehmen. Was hier entstehe, sei nur etwas für Kapitalanleger.

Das Ludwigsburger Hochhauskonzept sieht vor, dass der Bau von Hochhäusern auf dem Gelände westlich der Bahnlinie und an der Schwieberdinger Straße möglich wäre. Außerdem gebe es einen möglichen Hochhausstandort bei der S-Bahn-Station Favoritepark, sagt der Stadtplaner: „Wir sagen aber nicht, dass hier gebaut werden muss. Es handelt sich nur um mögliche Standorte.“ Als absolute Tabuzonen für Hochhäuser gelten demnach die barocke Innenstadt, das Neckartal sowie die historischen Stadtteile; ausdrücklich aufgeführt ist zum Beispiel Alt-Eglosheim. Wichtig sei es, Bausünden wie das Marstall oder das Klinikhochhaus nicht zu wiederholen, sagt Kurt. Auch wenn die zu ihrer Zeit voll im Trend gelegen hätten.

Der Stadtplaner glaubt, den Gemeinderat hinter sich zu haben; vor allem beim Thema Erhalt der barocken Innenstadt. Es sei wichtig, zu wissen, dass auch das Historische wertgeschätzt werde. In Bezug auf die Öffnung der Weststadt für Hochhausansiedlungen habe er noch keine kritischen Bürgerstimmen gehört, sagt Kurt und schränkt ein: „Aber wir haben das Konzept auch noch nicht öffentlich diskutiert.“

Hohes Haus, aber kein Hochhaus

Ausgehend von dem Hochhauskonzept werde an mancher Stelle neues Planungsrecht geschaffen. So dass künftig sowohl Investoren als auch Bürger Klarheit über das haben, was geht und was nicht. Der Plan von Oberbürgermeister Werner Spec, einen Green Tower zu bauen, könne dann forciert in Angriff genommen werden. Gedacht ist an einen Turm, in dem nicht nur Wohnungen und Büros eingerichtet werden, sondern der auch Strom erzeugt wird – auf Basis erneuerbarer Energien. Und zwar in Mengen, die weit über den Eigenbedarf für das Gebäude hinausgehen und im Turm gespeichert werden, um für alternative Mobilitätskonzepte wie E-Bikes, eine neuartige Stadtbahn oder Elektrobusse zur Verfügung zu stehen.

Nun ist es aber so, dass Strenger an der Karlstraße 8 durchaus in die Höhe bauen wird. Ein mit der Stadt ausgehandelter Kompromiss sieht vor, dass das Immobilienunternehmen bis zu einer Höhe von 17 Metern bauen darf. Im Sinne des Gesetzes ist ein Gebäude erst dann ein Hochhaus, wenn es 22 Höhenmeter überschreitet.

Luxus in luftiger Höhe

Hochhausboom
In der Region Stuttgart werden zurzeit viele Hochhäuser gebaut. In Bietigheim-Bissingen das Wohn- und Geschäftshaus Sky (67 Meter hoch, 18 Geschosse), auf dem Böblinger Flugfeld entsteht das Projekt Weitblick (drei Baukörper, der höchste davon 45 Meter hoch und mit 15 Geschossen), in Fellbach wird am Gewa-Tower gebaut (107 Meter hoch, 34 Geschosse) und am Milaneo in Stuttgart entsteht der Wohnturm Cloud No. 7 (61 Meter, 18 Geschosse), in dem ein Apartment etwa eine Million Euro kosten soll.

Trump-Tower
Lange vergessen scheint, dass 2001 ein Trump-Tower für den Stuttgarter Pragsattel konzipiert wurde. Das Projekt scheiterte wenige Jahre später, weil ein Streit um die Grundstücke entbrannte und weil potenzielle Mieter ausblieben. Jetzt wird am Pragsattel der Wohnturm Skyline Living gebaut: 75 Meter hoch, 21 Geschosse.

Gipfelwerte
Die hohen Gebäude in Ludwigsburg sind 75 Meter (Wüstenrot), 70 Meter (Marstall), 65 Meter (Friedenskirche) und 40 Meter (mhplus) hoch.