Blick auf das Baugebiet Ob dem Korntaler Weg in Ditzingen Foto: Simon Granville

Leben am Rand der Natur, nahe der Stadt, nahe am Arbeitsplatz: In Ditzingen soll dies weiterhin möglich sein. Doch das Neubaugebiet ist nichts für jeden Geldbeutel.

Das Bewerberportal ist geschlossen. Wer jetzt noch Interesse an einem städtischen Baugrundstück im Neubaugebiet am nordöstlichen Ortsrand der Ditzinger Kernstadt hat, hat Pech gehabt. Die Frist, um sein Interesse an einem der 30 städtischen Baugrundstücke zu bekunden, ist abgelaufen.

 

Derzeit laufen die Gespräche mit den Interessenten, in rund zwei Monaten will der Gemeinderat dann über die endgültige Zuteilung der Grundstücke auf Basis der Vergaberichtlinien entscheiden. Verheiratete Bauherren mit Kindern unter 18 Jahren, die am Ort arbeiten und in Funktion ehrenamtlich aktiv sind, haben Chancen, zum Zug zu kommen. Die Grundstücke kosten zwischen 213 000 Euro und 1,2 Millionen Euro. Letzteres, es ist eine Fläche für ein Einfamilienhaus, wird im Höchstgebotverfahren abgegeben. Das Mindestgebot liegt bei 1200 Euro pro Quadratmeter.

Alle im Landkreis aktiven großen Bauträger haben sich auf der 8,6 Hektar großen Fläche am Ortsausgang in Richtung Münchingen eingekauft. Insgesamt sind rund 150 Wohneinheiten in Einzelhäusern und verdichteter Bebauung, zum Beispiel in Reihenhäusern geplant. Außerdem 150 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau.

Doch ob Haus oder Wohnung: In dem Gebiet gibt es nichts für den kleinen Geldbeutel. Das schmälert die Nachfrage offenbar nicht, glaubt man den Aussagen der Stadtverwaltung.

Stark nachgefragtes Gebiet

Ditzingen ist ebenso wie die Nachbarkommunen ein stark nachgefragter Wohnraum. Die Nähe zu Stadt und Natur einerseits, die Anbindung an die Bahn, große Arbeitgeber im Ort und in der Nähe – all das trägt zur Attraktivität bei. Doch diese hat offenkundig ihren Preis, für Eigentümer und für Mieter. Die ortsübliche Miete liegt bei 14 Euro. „Acht, neun Euro, das ist für uns nicht vorstellbar“, sagt der Bürgermeister Ulrich Bahmer.

Die Kaufkraft ist groß in der Region, der Kaufpreis-Index liegt bei 113 Prozent, die Landeshauptstadt rangiert hinter München und Düsseldorf auf Rang drei der kaufkraftstärksten Städte Deutschlands. Entsprechend teuer ist es, hier zu leben, zu wohnen, zu mieten und zu bauen. Im Baugebiet Ob dem Korntaler Weg liege der Einstandspreis für einen Quadratmeter Acker bei 500 Euro, sagt Bahmer. „In Heilbronn bekommen Sie zwei Quadratmeter für das Geld.“

Grundstückspreis, Baupreisentwicklung, dazu der Ballungsraumzuschlag mancher Unternehmer – die daraus resultierenden Preise kann sich nicht jeder leisten. „Wir schließen Teile der Gesellschaft aus“, konstatiert Bahmer. Gut findet er das nicht. Aber der Kommune sind weitgehend die Hände gebunden. „Wir steuern dagegen im Eigenbetrieb, wie wir können.“ Dafür braucht es Grundstücke, die die Stadt zur Verfügung stellen kann. Und die sind rar. Entsprechende Bedeutung bekommt daher jedes einzelne Gebäude, das gebaut wird, und in dem bezahlbarer Wohnraum entsteht. Wohnraum gilt als bezahlbar, wenn die Miete für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen nicht mehr als etwa ein Drittel des Bruttoeinkommens beträgt.

Lange Liste im Rathaus

Aber selbst das ist für manche unerschwinglich. Die Liste jener Menschen, die zum Leben staatliche Unterstützung erhalten, ist auch in Ditzingen lang. 300 Menschen benötigen eine andere, in der Regel größere Wohnung. Dafür bekommen sie Wohngeld, das von Land und Bund finanziert wird.

Für dessen Berechnung maßgeblich ist die Eingruppierung der Kommune in die Mietstufen für Baden-Württemberg, in der sich alle Städte wiederfinden. Mit Werten von eins bis sieben – von günstig bis teuer, bezogen auf die Mietkosten – vermittelt die Mietstufe einen ersten Eindruck davon, wo im Land die Menschen für ihre Wohnung oder das Haus tiefer in die Tasche greifen müssen. Ditzingen ist in Mietzone 5 eingruppiert. „Eigentlich müsste es sechs sein“, sagt Bahmer. Aber das Land verneine. Bisher.

Dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt angespannt ist, sieht auch das Land so. Die Stadt gehört zu jenen 89 Kommunen in Baden-Württenberg, in denen die Mietpreisbremse gilt. Die Mietpreisbremse gibt es in Baden-Württemberg seit Ende 2015. In Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent übersteigen.

Ausgenommen von dieser Regelung sind nach den Vorgaben des Bundes Neubauten, die Ende 2014 erstmals genutzt und vermietet wurden, sowie umfassend modernisierte Wohnungen.