Der Bedarf ist groß – doch der Bau von bezahlbaren Wohnungen stockt nicht nur im Rems-Murr-Kreis. Foto: dpa/Patrick Pleul

Es fehlen auch im Rems-Murr-Kreis Wohnungen, bestätigte jetzt eine Studie – gleichwohl wird weniger gebaut. Im Wohnungsbau seien derzeit keine Renditen zu erzielen, erklärt Landrat Richard Sigel. An einem Ziel will er dennoch festhalten.

Auch der Kreis müsse aufs Bremspedal treten, sagt der Rems-Murr-Landrat Richard Sigel zur Situation beim Wohnungsbau. Und dies, obwohl der Wohnungsmarkt in der gesamten Region massiv angespannt sei. Das betreffe nicht nur sozial Schwächere, die kaum Chancen hätten, hohe Mieten bezahlen zu können. Generell sei es auch im Rems-Murr-Kreis so: „Wohnungssuchende haben große Probleme.“ Dies gelte auch für Leute mit gutem Einkommen und verschärfe die Lage für Familien mit Kindern, die auf der Suche nach bezahlbaren größeren Wohnungen sind.

Geschätzter Bedarf: 2000 neue Wohnungen pro Jahr

Bestätigt hat das eine jüngst veröffentliche Studie. Bis 2028 brauche der Rems-Murr-Kreis knapp 2000 neue Wohnungen pro Jahr, so hat das Pestel-Institut in einer Regionalanalyse zum Wohnungsmarkt ermittelt. „Der Neubau ist notwendig, um das bestehende Defizit abzubauen“, sagte Matthias Günther von jenem Institut, das die Analyse zum Wohnungsmarkt im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt hatte.

Demnach fehlen zurzeit allein im Rems-Murr-Kreis 2590 Wohnungen. Die Verbandschefin des Baustoff-Fachhandels, Katharina Metzger, hatte die Malaise im Wohnungsbau unter anderem zum Anlass für den Appell an die Politik genommen, dass die Baustandards gesenkt werden müssten. Bereits im Jahr 2017 konstatierte die Prognos-Studie für den Landkreis einen „hohen bis sehr hohen Nachfrageüberhang“.

Der Rems-Murr-Kreis habe damals, so teilt das Waiblinger Landratsamt mit, mit der Kreisbaugruppe einen intensiven Strategieprozess durchlaufen und mit dem Kreistagsbeschluss vom 18. Dezember jenen Jahres als Maßnahme eigens ein Investitionsprogramm für Sozialen Wohnungsbau mit dem Ziel auf den Weg gebracht, in den nächsten zehn Jahren kreisweit 500 neue bezahlbare Wohneinheiten zu schaffen.

Nach Zeiten eines gewissen Baubooms ist der Wohnungsbaumarkt inzwischen allerdings massiv eingebrochen. Laut dem Landesverband Bauwirtschaft sanken die Umsätze in der Branche im laufenden Jahr um mehr als 14  Prozent. 36 Prozent der Bauunternehmen im Land klagten über Auftragsmangel. Der Bau neuer Wohnungen stockt im ganzen Land. Die Krise beim Wohnungsbau bekommt vor allem auch das Bauhandwerk im Südwesten zu spüren. Die Zahl der Maurer- und Betonbaubetriebe ging im ersten Halbjahr um sechs Prozent auf 3848 Unternehmen zurück, teilte der baden-württembergische Handwerkstag kürzlich mit. Üblich sei ein Rückgang zwischen drei und vier Prozent. Von einer Pleitewelle könne man zwar noch nicht sprechen, die Zahlen seien aber alarmierend.

Großer Rückgang beim Bauen

Im Juni dieses Jahres wurden bundesweit nur 17 600 neue Einheiten genehmigt, berichtet derweil das Statistische Bundesamt. Das bedeutet einen Rückgang um 19 Prozent im Vergleich zum Juni 2023. Im ersten Halbjahr beträgt der Rückgang im Vergleich zum ohnehin schon schwachen Vorjahr gut 21 Prozent auf noch 106 700 neu genehmigte Wohnungen. Den stärksten Rückgang gab es offenbar bei Einfamilienhäusern, von denen im ersten Halbjahr mit 18 600 Einheiten fast ein Drittel weniger genehmigt wurden. Wichtige Gründe: hohe Baukosten, teure Finanzierungen und zusätzlich noch strengere Energieanforderungen. Erwartete Folgen sind bundesweit unter anderem eine weitere Verschärfung auf dem ohnehin angespannten Mietwohnungsmarkt.

Und der Einbruch im Bausektor in Baden-Württemberg setzt sich fort. Von Januar bis Juni diesen Jahres genehmigten die Ämter laut den Zahlen des Statistischen Landesamtes nur den Neubau von gut 3200 Wohnhäusern. Das sind etwa 28 Prozent weniger als im ohnehin schwachen Vorjahreszeitraum.

Kreisbau: 500 bezahlbare Mietwohnungen bis 2027

Im Rems-Murr-Kreis hat auch die Kreisbau in diesem Jahr bislang keinen Bau neu begonnen. Man müsse, so sagte Kreisbauchef Dirk Braune kürzlich, derzeit Mieten von mehr als 20 Euro pro Quadratmeter nehmen, damit sich Projekte rechneten. Wie Landrat Sigel betont aber auch er, dass die Kreisbau die 500 bezahlbaren Mietwohnungen bis 2027 realisieren wolle. Ein Problem seien derzeit unter anderem nicht abgerufene und damit blockierte Fördermittel auf Bundesebene, die eigentlich dringend neu vergeben werden müssten.

Für die eigenen Projekte, so sagt der Rems-Murr-Landrat, habe man die Kreisbau ausreichend mit zusätzlichem Eigenkapital ausgestattet. „Unser Blick“, so Richard Sigel, „gilt dabei natürlich auch dem IBA-Projekt Hangweide in Kernen.“ Dort sei die Kreisbau bei ihren Vorhaben inzwischen auf sich alleine gestellt, der privatwirtschaftliche Geschäftspartner sei abgesprungen. „Mit dem Bau bezahlbarer Mietwohnungen ist es eben schwer, Rendite zu machen.“

Natürlich werde der Kreis sich angesichts der Notlagen auf dem Wohnungsmarkt weiter beim Bau bezahlbarer Wohnungen engagieren. Da sei aber dringend auch die Beteiligung privater Träger gefordert. „Alleine können wir das nicht leisten.“