Die alten Hallen in Feuerbach werden abgerissen, der verseuchte Boden muss entsorgt werden. Das wird teuer. Sehr teuer. Foto: Horst Rudel

Den Besucher des Schoch-Areals in Feuerbach umfängt der morbide Charme einer brachliegenden Industriefläche. Unter den Hallenböden aber schlummert eine der schlimmsten Altlasten der Stadt. Jetzt beginnt die extrem teure Generalsanierung.

Stuttgart - Auch Mandatsträger der Grünen zeigen sich bei Geldgaben empfänglich und fordern nach der ersten Tranche oft mehr. Stuttgart OB Fritz Kuhn (Grüne) nahm am Dienstag in Feuerbach 1 752 850 Euro entgegen. Überbringer war der Parteikollege und Umweltminister Franz Untersteller. Kuhn hofft „innigst“ auf weitere Millionen aus dem Altlastenfonds des Landes, denn um die mit Chromat und Kohlenwasserstoffen verseuchte Industriebrache Schoch-Areal in Feuerbach bewohnbar zu machen sind rund 22 Millionen Euro nötig.

Feste Zusagen für die nächsten Sanierungsabschnitte könne er nicht geben, sagte Untersteller beim der Übergabe des Förderbescheids auf dem verlassenen Fabrikgelände, die Dimension der Verunreinigung sei ihm aber wohl bewusst. Die Altlast, die sich seit dem Beginn der Metallveredelung 1925 hier im Boden angesammelt habe, sei „aus Unkenntnis, Sorglosigkeit, Schlamperei, vielleicht auch Vorsatz“ geschehen, so Untersteller.

Nachdem der Eigentümer seien Verantwortung zunächst bestritt und nach Prozessen finanziell nicht mehr greifbar war, steht die Allgemeinheit für den Schaden auf dem 14 000 Quadratmeter großen Areal ein. Er ist extrem. Die Chromat-Konzentration (aus der Hartverchromung) im Grundwasser überschreitet den Prüfwert um der 14-tausendfache, bei den Kohlenwasserstoffen (CKW) wurde der 500-fache Wert gemessen. Seit August 2011 wurden ein Tonne Chromat und 100 Kilo CKW aus dem Grundwasser gefiltert. Mit dem jetzigen Zuschuss läuft die Grundwassersicherung weiter fünf Jahre.

„Wir müssen auch in Zukunft Geld ausgeben für 100 Jahre Industriegeschichte“, sagte OB Kuhn. In der Stadt gibt es 3102 Altlastenverdachtsfälle, bei 1140 besteht Untersuchungs-, Sanierungs- oder Kontrollbedarf.

Die Zukunft des Geländes in Feuerbach ist beschlossen. Nach einem Architektenwettbewerb (Gewinner: Büro Thomas Schüler, Düsseldorf und Faktorgrün, Freiburg) werden hier laut Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) unter dem Projektnamen Quartier am Wiener Platz 125 Wohnungen um einen großen Innenhof für rund 400 Bürger entstehen. 30 Prozent davon werden gefördert, 40 Prozent sollen an Baugemeinschaften gehen. In die Neuordnung des Innenstadtquartiers ist auch der Nachbar, die Firma Klumpp Coatings, ein Beschichtungsspezialist, einbezogen. Dessen Fabrikhalle erhält eine Mantelbebauung mit Läden, Büros und in den Dachgeschossen Wohnungen.

An den zunächst erwogenen Erhalt zum Beispiel des Fabrikschornsteins von Schoch sei nicht zu denken, so Hahn, weil das Erdreich in bis zu zwölf Meter Tiefe ausgetaucht werden und nicht unter dem Schlot hindurch gegraben werden könne. 100 000 Tonnen Erdaushub müssen behandelt und dann fachgerecht entsorgt werden. Abbruch und Abfuhr werden bis 2017 erledigt sein. Von 2018 an soll das neue Quartier, das sich bis zum Bahnhof zieht, entstehen, Mitte 2019 könnten die ersten Bewohner einziehen. Wenn das Land bei der Förderung pausieren sollte müsste die Stadt die Summen vorfinanzieren.