Wohnungssuche in Stuttgart ist schwierig Foto: Peter Petsch

Noch vor den Sommerferien wird der Landtag beschließen, dass in Baden-Württemberg die Zweckentfremdung von Wohnraum wieder verboten wird. Das zumindest hat am Freitag die SPD-Fraktion im Landtag angekündigt.

Stuttgart - In die Bemühungen, den Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Stuttgart zu bekämpfen, ist Schwung gekommen. Die SPD kündigte am Freitag an, dass sie mit den Grünen im Landtag vor den Sommerferien den Kommunen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ermöglichen wolle. Am Mittwoch war der Druck auf die Politik bei einer Veranstaltung unserer Zeitung aus der Reihe Mittendrin erhöht worden. Der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann verlangte bei der Veranstaltung im Zuge unserer Serie „Wohn-Wahnsinn Stuttgart“ die Wiedereinführung des Zweckentfremdungsverbots. Zuvor hatte schon der Mieterbund im Land gemahnt.

Auf fruchtbaren Boden fiel auch die Ankündigung von OB Fritz Kuhn (Grüne), dass er die Zahl der geförderten Neubauwohnungen in Stuttgart vervielfachen will: von 128 Einheiten im Jahr 2012 auf rund 400. Das kündigte Kuhn auch bei unserer Veranstaltung an. Zuvor hatte die Verwaltung von 400 bis 500 Wohnungen gesprochen. Kuhn denke an einen Mix, sagte sein Sprecher Andreas Scharf: an Sozialwohnungen, preiswertes Eigentum für junge Familien und geförderte Mietwohnungen für Bezieher mittlerer Einkommen. Das ist Teil eines Wohnungsprogramms, das Kuhn dem Gemeinderat im Herbst vorlegen will.

Keine Handhabe gegen den Leerstand von Wohnungen

Eine Umfrage unserer Zeitung bei den Fraktionen ergab eine grundsätzliche Bereitschaft, zur Lösung der Probleme deutlich mehr Geld auszugeben. Aber wie genau sollen die zusätzlichen Millionen eingesetzt werden? Hier zeichneten sich Unterschiede ab. Das ökosoziale Lager will gezielt den Bau von geförderten Wohnungen ankurbeln und dafür keine neuen Flächen auf der grünen Wiese heranziehen. Das konservativ-bürgerliche Lager betrachtet auch die Bereitstellung geeigneter Flächen für den frei finanzierten Wohnungsbau als Mittel zur Entspannung des Markts: Die Mieter oder Eigentümer in den Neubauten würden die bisher genutzten Wohnungen frei machen.

Kontrovers beurteilt wird die Frage, ob die Stadt davon profitieren wird, die Zweckentfremdung von Wohnraum wieder verbieten zu können. Der Leiter des Amts für Liegenschaften und Wohnen, Thomas Zügel, sieht darin aus rechtlichen Gründen keine Handhabe gegen den Leerstand von Wohnungen. Mit der Umwandlung von Wohnungen in Büros habe man derzeit aber nicht so stark zu kämpfen wie vor Jahren. Der Wegfall des Zweckentfremdungsverbots vor Jahren sei mit dem städtischen Rahmenplan Halbhöhenlagen ganz gut aufgefangen worden. Dieser Plan gibt Regeln für Hanglagen vor, die früher für Kanzleien und Arztpraxen gesucht waren. Gaßmann sieht im Zweckentfremdungsverbot aber durchaus ein Mittel gegen das bewusste Leerstehen-Lassen.

Dieser Dissens war schon 1991 deutlich. Damals beklagte die Verwaltung, dass ihre Bußgeldbescheide wegen Leerständen „in den meisten Fällen vom Amtsgericht gekippt werden“. Gaßmann sagte damals, die „hiesige Rechtsprechung sei exotisch“. Den Richtern fehlte soziale Sensibilität. Gleichwohl warf er der Stadt vor, sie entwickle bei weitem nicht die Entschlossenheit und den Biss beim Kampf gegen Zweckentfremdungen wie Köln, Frankfurt, Berlin und München. In manchen dieser Städte würden „Wohnungsnutzungsgebote“ verhängt.

Dass es Fälle von Wohnungsleerständen auch in Stuttgart und auch 2013 gibt, meldeten mehrere Leser als Reaktion auf unsere Serie. „Bei uns in der Straße kennen wir fünf solche Wohnungen“, berichtete eine Leserin aus Feuerbach. Sie ist aber selbst Vermieterin und leiderprobt: „Wir hatten eine Mieterin, die ließ die Wohnung verkommen, und der Mieterverein gab ihr bei jedem Streitpunkt recht.“ Mit solchen Mietern sei man im Mietshaus schnell mal 20 000 Euro los.