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Früher war alles besser? Klar, ein Allgemeinplatz. Aber manchmal doch auch wahr: Früher war’s besser.

Früher war alles besser? Klar, ein Allgemeinplatz. Aber manchmal doch auch wahr: Früher war’s besser. Früher, als ich Anfang der 70er Jahre die Welt des Sports in unserem Schwarz-Weiß-Fernseher entdecken durfte, mit Muhammad Ali, vormals Cassius Clay, als großem Idol.

Heute, fast 40 Jahre danach, sind mir jene Ereignisse weit präsenter als vieles, was erst kurz zurückliegt. Der Olympiasieg von Hochspringerin Ulrike Meyfarth in München 1972 etwa. Oder das 3:2 gegen England bei der WM 1970 mit Uwe Seelers Hinterkopftor - das ich sehen durfte, weil in Mexiko mittags gespielt wurde. Umso enttäuschter war ich, dass ich drei Tage später das "Spiel des Jahrhunderts" gegen Italien, das abends um zehn vor Elf begann, nicht sehen durfte. Warum war man auch erst sieben Jahre alt.

Doch wenn schon nicht das Spiel, dann eben der Jahrhundert-Boxkampf im Dschungel, der "Rumble in the Jungle" Ende Oktober 1974. Ali, damals 32 Jahre alt, versuchte sein x-tes Comeback ausgerechnet gegen den unbesiegbaren George Foreman, der den "schwarzen Panzer" Joe Frazier 1973 zertrümmert hatte. Gespannt verfolgte ich die Berichte des legendären amerikanischen ZDFReporters Ben Wett. In der entscheidenden Nacht gelang es mir, auch ohne gestellten Wecker aufzuwachen und ins Wohnzimmer hinunterzuschleichen.

Die 100.000 Menschen im Stadion der Hauptstadt Kinshasa in Zaire feuerten den von ihnen als Heilsbringer auserkorenen Ali an. "Ali, boma ye!", schrien sie. "Ali, töte ihn" - ihn, den arroganten Amerikaner Foreman samt seinem deutschen Schäferhund. Ali ließ sich fast die ganze Zeit nach hinten in die Seile fallen. Was aussah wie feige Passivität, war ausgeklügelte Taktik. Foreman erwischte Ali kaum, verausgabte sich aber total. Dann, in der achten Runde, sprang Ali plötzlich nach vorn und donnerte mehrmals seine Faust gegen Foremans Schläfe, der darauf in einer Art Pirouette zu Boden taumelte. Der Koloss war erledigt.

Damals war klar: Mehr Brutalität geht kaum. Ali war anschließend nicht mehr der Alte, ließ sich 1976 gar von einem japanischen Kickboxer die Waden malträtieren - eine peinliche Episode. Später erkrankte er an Parkinson. Bei der Entzündung des olympischen Feuers 1996 hatte er seinen letzten großen Auftritt.

Wenn Johnny Wakelins "In Zaire" gespielt oder der Dokumentarfilm "When we were Kings" im Fernsehen gezeigt wird, kehren die Bilder dieses Jahrhundertereignisses zurück. Nie war's so prickelnd wie damals - als man am nächsten Morgen kein Sterbenswörtchen darüber verlieren durfte, warum man mit solch verquollenen Augen beim Frühstück saß.