Die Arbeit im Weinberg verlangt einen hohen körperliche Einsatz. Foto: Horst Rudel

Der Wengerter Hans Kusterer baut die alten Trockenmauern im Schenkenberg wieder auf. Mit der Erhaltung der Gemäuer wird ein Wahrzeichen der Stadt in Schuss gehalten.

Esslingen - Seit vielen Jahrhunderten ringen die örtlichen Wengerter dem Knollenmergel an den Südhängen des Neckartals saftige Weintrauben ab. Dass die Bewirtschaftung der steilen Hänge überhaupt möglich ist, dafür wurden bereits im Mittelalter unter der Herrschaft der Staufer Mauern gebaut. Sie stabilisieren die Weinberge und ermöglichen die Gestaltung von Terrassen, auf denen gearbeitet werden kann. Darüber hinaus zählen die weit sichtbaren Mauern zu den Wahrzeichen der Weinbaustadt Esslingen. Doch das kulturelle Erbe will gepflegt werden.

Stein auf Stein erneuert der Weinbauer Hans Kusterer mit Mitarbeitern einer Spezialfirma in diesen Tagen den letzten von fünf Mauerabschnitten, die vor drei Jahren einbrachen. Ein Unwetter mit viel Regen habe die Mauern am Schenkenberg gegenüber dem einstigen Hengstenberggelände an zwei Bereichen zum Einsturz gebracht, wie sich der Weinbauer erinnert. Weil die Temperaturen in diesem Jahr lange kühl geblieben seien, habe er sich entschlossen, die Mauern an den mit Merlot bepflanzten Hängen wiederherzustellen. Bis zum fünften und letzten Mauerstück waren die Arbeiter der Spezialfirma drei Wochen lang beschäftigt.

Die Erhaltung der Trockenmauern kommt aber nicht allein dem Weinbau zugute. In den Ritzen und Spalten der Gemäuer fühlen sich seltene Pflanzen wie der Mauerpfeffer und die Fetthenne wohl. Auch Zauneidechsen sind zwischen den Höhlräumen beheimatet.

Finanziell werden die Wengerter von der Stadt, dem Landkreis und dem Verein Staffelsteiger bei der Erneuerung der Mauern unterstützt. Ohne diese Unterstützung sei es kaum möglich, einmal eingefallene Mauern fachgerecht erneuern zu lassen, erklärt Hans Kusterer. Je nach Lage könne ein Quadratmeter Mauer bis zu 800 Euro kosten, wie Roland Bauer, der Fachmann für ökologische Beratung am Landratsamt Esslingen, erklärt. Für die aktuelle Mauersanierung rechnet der Hans Kusterer damit, dass er rund 17 000 Euro aus eigener Tasche bezahlen muss. Dieses finanzielle Engagement geht nicht jeder Weinbauer ein. Auf einigen Abschnitten der Esslinger Weinberge haben eingestürzte Mauern bereits dazu geführt, dass Terrassen aufgegeben wurden. Es werde heute weniger Wein getrunken als einst, sagt Kusterer. Die Erlöse für den Weinanbau seien nicht mehr hoch genug, so dass sich die Erhaltung der historischen Trockenmauern trotz Zuschüssen für manche Weinbauern nicht mehr lohne.

Die Arbeiten im Weinberg verlangen den Maurern einen hohen körperlichen Einsatz ab. Maschinen können auf den steilen Hängen nicht benutzt werden. Zuerst muss die eingestürzte Mauer abgetragen werden. Anschließend wird das Fundament neu gelegt und die Mauer aufgeschichtet. Zu sehen ist am Ende nur die vorderste Reihe der Mauer. Doch hinter der ersten Mauerschicht liegen weitere kleinere Steine in Richtung Hang. Bei dieser traditionellen Bauweise kommt kein Beton zum Einsatz. Insgesamt wirke die fertige Mauer wie eine Dränage, erklärt Kusterer. „Bei starken Regenfällen wird das Wasser von den kleinen Steinen in kleine Ströme geteilt, damit sie nur schwach auf die äußerste Mauer treffen.“