Foto:  

Die gute Nachricht ist: Die WM-Vorrunde ist vorbei. Die schlechte ist: Künftig könnte das Vorspiel noch viel langatmiger werden.

Stuttgart -

Am Ende der Vorrunde dürfen wir es sagen: Gut, dass sie vorbei ist. Sonst ertappen wir die Kundschaft noch beim Nasebohren. Außer der Schnappatmung im Land des Titelverteidigers mit anschließender Hyperventilation und ein bisschen Riechsalz für die taumelnden Gauchos und ihren Halbgott Diego Maradona hatte die Ouvertüre der Weltbesten wenig zu bieten, was den Unterhaltungswert des Fußballspiels bereichern könnte.

Ein bisschen Folklore

Den harmlosen Saudis sei ihr Auftritt von Herzen gegönnt, schön auch, dass die iranischen Gladiatoren ihre Kämpferherzen ausführen durften. Das „Uuuh“ der sympathischen Isländer wirkte wie immer belebend auf Taktgefühl und Herz-Kreislaufsystem, und die Novizen aus Panama hatten zwar nicht die Spur einer Chance, dafür aber jede Menge Spaß. Ein bisschen Folkore hat der Show noch nie geschadet. Spielerisch, technisch und taktisch lebte die Warmlaufphase von Ladenhütern. Alles schon mal da gewesen.

Reporter vertrieben sich die Wartezeit bis zu den hoffentlich epischen Schlachten der K.o.-Runden mit Nachdenklichkeiten übers das Seelenleben von Messi oder lauschten den Talks von Jessy Wellmer mit Philipp Lahm an den Gestaden des Tegernsees, die so unaufgeregt dahin plätscherten wie das deutsche Spiel. Sie stichelten gegen die spitzen Ellbogen des nervigen Ronaldo und berechneten die ultimative Flugbahn der Krooschen Freistoß-Kurve. Die endete jetzt wider Erwarten im Vorrundenaus. Und in Gedanken kommt Winston Churchill ins Spiel: Der hatte zwar keine Ahnung von Fußball, kannte sich aber aus mit Pharisäern: „Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat.“

Ab 2026 mit 48 Mannschaften

Das alles lässt für die Zukunft wenig Gutes erahnen. Denn der Weltfußballverband Fifa bläst die Weltmeisterschaft weiter auf. 2026, wenn der Circus Maximus in den USA, Kanada und Mexiko gastiert, sind 48 Mannschaften in 16 Dreiergruppen am Ball. Womöglich dürfen dann auch wieder die Holländer mitspielen oder, porca miseria, unsere italienischen Freunde. Aber das ist eine andere Geschichte. Wahrscheinlich ist dagegen, dass dann die hintere Mongolei eine Mannschaft stellt, Grönlands Inuit-Auswahl eiskalt kontert und Neuseeland mangels Alternative seine Rugby-Mannschaft schickt.

Das könnte den Fußball in neue Dimensionen heben. Gigantische Einnahmen, dilettantische Darbietungen. Weil die beiden Gruppenbesten weiterkommen, muss eine Niederlage im ersten Spiel noch nichts heißen. Und wenn es am letzten Gruppenspieltag dann doch noch eng werden sollte, lässt sich herrlich taktieren: So wie bei der WM 1982 beim Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und Österreich (1:0), der Schande von Gijon. Die Algerier schäumten vor Wut. Einer ist eben immer der Dumme.

Die Stimmen der Kleinen

Mögen alle Fußballgötter dieser Welt diesen Unsinn noch verhindern. Die Chancen dafür stehen aber schlecht. Den Raffzähnen von der Fifa geht es ja nicht ums Geld, sie kämpfen angeblich dafür, dass auch die Fußball-Zwerge an die Futternäpfe kommen. Zuerst wollen sie aber in ihren Ämtern bestätigt werden, weshalb es klug ist, sich mit den vielen kleinen stimmberechtigten Mitgliedsverbänden gut zu stellen. Oh, wie schön ist Panama.