Der stahlbalue Himmel soll nicht darüber hinwegtäuschen. In Finnland ist es saukalt. Foto: Getty

Unser WM-Reporter hat sich bei der Ski-WM in Lahti ins gemachte Nest gesetzt. Kalt ist es ihm trotzdem in Finnland.

Lahti - Es ist kein schlechter Einstieg in eine Kolumne, wenn man gleich mal mit einem Mythos aufräumen kann. Finnland, bekannt als das „Land der tausend Seen“, hat natürlich noch mehr Gewässer. Viel mehr. Vorsichtige Schätzungen gehen von knapp 200 000 Tümpeln, Weihern, mittleren und großen Seen aus. Egal, wie viele es genau sind, alle haben eine Gemeinsamkeit: Derzeit sind sie zugefroren. Was uns zu einem Mythos führt, dessen Wahrheitsgehalt wir gerade am eigenen Leib zu spüren bekommen: In Finnland ist es kalt. Bitterkalt.

Zweistellige Minusgrade sind locker drin in Lahti, dazu kommt ein Wind, der auch nicht gerade wärmt, garniert mit hin und wieder heftigem Schneetreiben. Aber wir wollen nicht klagen. Die Jacke, die wir kurz vor unserem Abflug noch bei einem namhaften Hersteller von Outdoor-Klamotten bestellt haben, hat zwar ein deutlich sichtbares Loch in unseren Etat gerissen, hält aber dicht. Und unter der Brücke müssen wir auch nicht schlafen. Sicher war das nicht.

140 Euro für fünf Quadratmeter

Die gemeinsame Suche mit dem Kollegen aus Kempten nach einer annehm- und bezahlbaren Unterkunft war zunächst so aussichtslos wie der Versuch der Konkurrenz, die deutschen Kombinierer zu schlagen. Trotzdem erlaubten wir uns den Luxus, das Angebot der WM-Organisatoren abzulehnen, entweder 40 Kilometer außerhalb von Lahti in einer unwirtlichen Holzhütte zu hausen oder in der altehrwürdigen Volkshochschule eine fünf Quadratmeter große Bude zu buchen, die pro Nacht und Nase 140 Euro kostet. Einige Kollegen wohnen dort.

Wir dagegen sind bei Ari eingezogen – für deutlich weniger Geld. Von Ari wissen wir weder den Nachnamen noch sonst irgendetwas Wichtiges. Nur so viel: Er gehört zu den vielen Lahtianern, die ihre Bleibe für die zwei Weltmeisterschaftswochen vermietet haben. Großartig auf- und ausgeräumt hat er vor unserem Einzug übrigens nicht. Uns fehlt es in dem schmucken Haus direkt am Ufer des Vesijärvi-Sees also an nichts. Ganz im Gegenteil.

Wir könnten uns sogar im prall gefüllten Kühlschrank bedienen und unsere gebrauchte Wäsche zu den zusammengeknäulten Socken und Unterhosen von Ari im Bad werfen. Tun wir aber nicht, wir sind ja ordentliche Gäste. Und wünschen Ari viel Spaß. Der findige Finne ist nach Nordamerika geflogen, zum alpinen Skifahren. Damit kann man durchaus sagen: Ari macht Urlaub auf unsere Kosten. Was, und das ist sicher kein Mythos, noch nicht besonders vielen gelungen ist.