Bereit für die Weltmeisterschaft in der Rhythmischen Sportgymnastik: Die Fellbacherin Jana Berezko-Marggrander – zum spontanen Nachahmen eher ungeeignet Foto: Getty

Sportliche Höchstleistungen, Anmut und Eleganz – die Rhythmische Sportgymnastik vereint alles. Doch die Disziplin zu verstehen ist nicht einfach. Ein Überblick vor der Weltmeisterschaft in Stuttgart, die am kommenden Montag beginnt.

Was ist Rhythmische Sportgymnastik? „Rhythmische Sportgymnastik ist die schönste Sportart für ein Mädchen“, sagt die deutsche WM-Starterin Jana Berezko-Marggrander. Rhythmische Sportgymnastik – auch RSG genannt – ist eine Disziplin des Turnens, die von gymnastischen und tänzerischen Elementen geprägt ist. Die Athletinnen turnen zu Musik und müssen in ihren Übungen Handgeräte wie zum Beispiel ein Seil oder einen Ball integrieren. Die ehemals reine Frauendisziplin wird heute auch vereinzelt von Männern ausgeübt, nicht allerdings bei der Weltmeisterschaft in Stuttgart.

Woher kommt die Sportart? Die RSG ist eine relativ junge Disziplin. Vorläufer war die künstlerische Gymnastik. Etliche theoretische Grundlagen für Körpererziehung, Ausdruckstanz und rhythmische Gymnastik stammen vom Schweizer Emile Jaques-Dalcroze. Ihre Wurzeln hat die Rhythmische Sportgymnastik jedoch in der ehemaligen Sowjetunion. Dort fanden in den 40er Jahren die ersten offiziellen Wettkämpfe statt, die erste Weltmeisterschaft wurde 1963 in Budapest ausgetragen. Seither finden alle zwei Jahre Titelkämpfe statt. 1984 wurde die RSG schließlich olympisch.

Um was geht’s in Stuttgart? In der Porsche-Arena geht es von Montag bis Sonntag natürlich um Weltmeistertitel. Aber – und das ist das Besondere – es werden auch die ersten Tickets für die Olympischen Spiele in Rio 2016 vergeben. „Ich hoffe, wir schaffen die Qualifikation“, sagt Natalia Raskina, die als Bundesstützpunktleiterin in Schmiden die Einzelgymnastinnen betreut. Um einen Startplatz für Deutschland zu sichern, müsste eine der beiden Einzelstarterinnen Laura Jung und Jana Berezko-Marggrander beim Mehrkampffinale am Freitag unter die besten 15 kommen. Bei den Gruppen entscheidet es sich am Samstag, welche Nation sich schon auf Olympia freuen darf. Die besten acht sind qualifiziert. Klappt es bei der WM nicht mit der Qualifikation, gibt es im April eine zweite Chance.

Wie sind die Aussichten der Deutschen? Insgesamt kämpfen 184 Einzelgymnastinnen und 24 Gruppen um WM-Titel. An Russland wird wohl kein Weg vorbeiführen: Die amtierende Mehrkampfweltmeisterin Jana Kudrjawzewa und die Weltmeisterin mit Band und Ball, Margarita Mamun, sind die Favoritinnen auf die Titel. Für die Deutschen wird es schwer werden, bereits jetzt einen Olympia-Startplatz zu ergattern.

„Die Konkurrenz ist riesig“, sagt Laura Jung, „alle liegen sehr nah beinander. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben.“ Die Leistungen bei den letzten Weltcups waren zudem nicht überzeugend. Die deutsche Gruppe hat dagegen bessere Chancen, unter die Top acht zu kommen.

Welche Wettbewerbe gibt es bei der WM? Eigentlich gibt es fünf Handgeräte: Band, Keulen, Ball, Reifen und das Seil. Bei der WM werden allerdings nur vier geturnt. Der Weltverband FIG beschließt immer für einen olympischen Zyklus, welches Gerät ausgeschlossen wird. Dieses Mal gibt es keine Wettkämpfe mit dem Seil. Einzeltitel werden in Stuttgart für die vier Handgeräte vergeben. Zusätzlich gibt es eine Goldmedaille im Mehrkampf. Im Finale am Freitag starten die 24 besten Gymnastinnen der Vortage. Sie müssen Übungen mit allen vier Handgeräten zeigen.

Für die Gruppen, in denen je fünf Gymnastinnen turnen, gibt es Medaillen im Mehrkampf und im Geräte-Finale. Die Gruppen zeigen Küren mit fünf Bändern und mit drei Paar Keulen/zwei Reifen.

Was wird bewertet? Die Anforderungen an jedes Gerät sind unterschiedlich, wichtig ist, dass es ständig in Bewegung ist. Als technisch anspruchsvollstes Gerät gilt der Reifen.

Die Übungen werden von Kampfrichtern im Hinblick auf Schwierigkeit und Ausführung (je maximal zehn Punkte) bewertet. So können bis zu 20 Punkte erreicht werden. Bei Verstößen gegen die Regeln werden den Gymnastinnen Punkte abgezogen. Beispiele für Fehler sind: Verlust des Handgerätes, Knoten im Band, Verlassen der Bodenfläche, Sturz, Nichteinhalten der vorgegebenen Übungsdauer.

Eine Einzelkür dauert zwischen 1:15 und 1:30 Minuten, eine Gruppenkür zwischen 2:15 und 2:30 Minuten. Maximal neun Schwierigkeitselemente (zehn in der Gruppe) dürfen darin vorkommen. Sie können aus den Bereichen Sprünge, Stände oder Pirouetten stammen. Für Gruppen kommen Gerätewechsel als Schwierigkeit hinzu.

Gibt es eine Kleiderordnung? Eine sehr strenge sogar. Schmuck ist zum Beispiel tabu, Tattoos dürfen nicht sichtbar sein. Sie müssen abgeklebt oder überschminkt werden. Die Haare dürfen zudem nicht im Nacken liegen. Deshalb binden sie die meisten Gymnastinnen zu einem Dutt.

Die Anzüge, die die Gymnastinnen tragen, sind übrigens nicht günstig. Die Kosten dafür starten bei 1000 Euro. Spitzengymnastinnen wählen auch mal ein Outfit, das zwischen 15 000 und 20 000 Euro kosten kann. Diese Anzüge sind dann mit unzähligen Swarovski-Steinen besetzt.