2006 spielte Deutschland bei der WM in Stuttgart um Platz drei gegen Portugal. Für viele Stuttgarter mit portugiesischen Wurzeln ist das unvergesslich. Foto: Leif Piechowski

Im Jahr 2006 spielte Deutschland bei der WM im eigenen Land in Stuttgart um Platz drei gegen Portugal. Für viele Stuttgarter mit portugiesischen Wurzeln war das ein unvergesslicher Tag.

Im Jahr 2006 spielte Deutschland bei der WM im eigenen Land in Stuttgart um Platz drei gegen Portugal. Für viele Stuttgarter mit portugiesischen Wurzeln war das ein unvergesslicher Tag.

Stuttgart - Wenn Gott Fußballfan wäre, welche Mannschaft würde er dann unterstützen? Für die Stuttgarter Antonio Ferreira und Francisco Lopes ist das keine Frage. Die gebürtigen Portugiesen sind fromme Katholiken und schicken nicht nur während eines Elfmeterkrimis Stoßgebete in den Himmel. „Es kommt auch vor, dass der Pfarrer bei uns im Gottesdienst für die portugiesische Nationalmannschaft betet“, sagt Antonio Ferreira.

Das Herz des 51-Jährigen brennt nicht nur für die portugiesisch-katholische Gemeinde in Stuttgart, deren Zweiter Vorsitzender er seit dreizehn Jahren ist, sondern auch für den Fußball.

Ferreira und Lopes kennen sich schon seit Kindertagen. Gemeinsam haben sie eine Realschule in Bad Cannstatt besucht, nachdem ihre Eltern Anfang der siebziger Jahren als Gastarbeiter nach Stuttgart gekommen waren. Mit Portugal verbinden sie Kindheitserinnerungen und die Sprache, die sie noch immer pflegen – und den Fußball.

Für das Spiel am heutigen Abend wünschen sie sich einen Sieg Portugals. „Wir haben noch eine Rechnung offen“, scherzt Antonio Ferreira. Er spielt damit auf die 3:1-Niederlage an, die Portugal im Spiel um Platz drei bei der Weltmeisterschaft von 2006 in Stuttgart erlitten hat.

Für Ferreira war es der größte Tag seiner Fan-Karriere. „Ich habe mir das Spiel im Gottlieb-Daimler-Stadion angeschaut“, sagt Ferreira. Sogar das portugiesische Fernsehen hat ihn damals interviewt. „Da hat meine Mutter aus Portugal angerufen, weil sie mich gesehen hat“, erinnert er sich.

Sollte Portugal ausscheiden, ist für die beiden aber klar, dass sie Deutschland unterstützen. „Hier bin ich doch zu Hause. Mein Leben hat erst in Stuttgart richtig begonnen“, sagt Lopes. „In Portugal waren wir sehr arm und konnten uns nichts leisten.“

Ferreira und Lopes sind Männer, die es gewohnt sind, hart zu arbeiten. Lopes ist Maurer und Zimmerer, Ferreira arbeitet als Hausmeister in verschiedenen Wohn- und Bürogebäuden in Stuttgart und Umgebung. Die Fußball-Weltmeisterschaft ist für die beiden eine Gelegenheit, sich zu freuen, eine willkommene Unterbrechung des Alltags, die ihnen Gelegenheit bietet, sich mit Freunden zu treffen, zu grillen und zu entspannen. „Ich werde mir jedes einzelne Spiel anschauen“, ist sich Lopes sicher.

Für den Fall, dass Portugal die Weltmeisterschaft gewinnen sollte, wissen sie schon, was sie machen werden. „Ich würde eine Woche Urlaub nehmen“, sagt Lopes.

„Es gäbe bestimmt eine tolle Feier auf der Theodor-Heuss-Straße, das ist der Ort, an dem sich die Portugiesen treffen“, sagt Ferreira. „Da wäre ich ganz vorne mit dabei.“

Doch dass es dieses Mal tatsächlich so weit sein könnte, wagen die beiden nur sehr verhalten zu hoffen. „Wir warten jetzt einmal die Vorrunde ab“, sagt Ferreira. Bis dahin schauen sie die Fußballspiele noch zu Hause an. Sollte es die portugiesische Seleção aber in die K.-o.-Runde schaffen, werden sich die zwei wahrscheinlich mit anderen Landsleuten in Stuttgart in einem der portugiesischen Clubs an der Hauptstätter Straße treffen oder im Don Carlos in Stuttgart, einem der wenigen portugiesischen Restaurants in der Region.

Dort gehört zum Fußballschauen auch das Knabbern von Lupinen, einer kichererbsenähnlichen Hülsenfrucht, die gekocht und gesalzen zum Bier gereicht wird. „Damit kann man die Nervosität eines aufregenden Spiels etwas dämpfen“, sagt Ferreira.„Im Don Carlos hat man früher auch oft einen portugiesischen Spieler des VfB, Fernando Meira, getroffen“, sagt Ferreira. „Das war ein sehr freundlicher Mensch und bei allen Portugiesen in der Stadt beliebt.“

Warum es die portugiesische Mannschaft, die noch nie einen wichtigen Titel gewonnen hat und sich erst im letzten Moment für die Weltmeisterschaft in Brasilien qualifizierte, ausgerechnet dieses Mal schaffen sollten? „Weil wir Cristiano Ronaldo haben“, so die Meinung der beiden Fans. Der 29-Jährige hat gute Chancen, die Fußball-Legende Luis Figo, der mit 127 Spielen die Rangliste anführt, zu übertreffen. Doch hat er auch das Format eines Figo?

„Er ist ein wenig arrogant, aber das darf man auch sein, wenn man guten Fußball spielt“, meint Lopes. „Er hat noch Zeit zu reifen und wird noch besser werden, als er schon jetzt ist“, sagt Ferreira. Außerdem hat trotz allem fußballerischen Können auch noch der liebe Gott ein Wörtchen mitzureden. Und der ist, wenn es nach Lopes und Ferreira geht, natürlich Portugal-Fan.