Elf Fragezeichen gibt es sicher nicht, aber einige Plätze in der Anfangsformation des Nationalteams sind so offen wie lange nicht mehr. Foto: AFP/Bearbeitung: Ruckaberle

Joachim Löw ist der oberste Fußballcoach des Landes. Vor dem Spiel an diesem Mittwoch (16 Uhr/ZDF) gegen Südkorea muss er sich mal wieder entscheiden: Welchen Spielern schenkt er sein Vertrauen? Diese Frage müssen auch die Trainer im Amateurfußball Woche für Woche beantworten. Wir haben vier von ihnen gebeten, Bundestrainer zu spielen.

Stuttgart - Sie haben derzeit noch Sommerpause mit ihren Mannschaften, die WM können die Trainer Damir Bosnjak, Norbert Stippel, Klaus Kämmerer und Gianni Coveli um so aufmerksamer verfolgen. Ihre Einschätzungen zur Aufstellung der deutschen Mannschaft gegen Südkorea.

Damir Bosnjak

Zur Person: Der 33-Jährige ist seit fünf Jahren Spielertrainer bei Landesligist Nafi Stuttgart. Der gebürtige Stuttgarter mit kroatischen Wurzeln spielte früher auch für den TSV Weilimdorf in der Landesliga.

Einschätzung: „Ich würde neben Mats Hummels Niklas Süle in der Innenverteidigung aufstellen. Ich fand Antonio Rüdiger gegen Schweden nicht so stark, außerdem kennen sich Hummels, Süle und auch Torwart Manuel Neuer bestens aus unzähligen Trainingseinheiten und Spielen mit dem FC Bayern. Auf der Doppel-Sechs wäre Sami Khedira neben Toni Kross mein Mann. Ilkay Gündogan ist zwar fußballerisch stärker, aber er hat derzeit kein Selbstvertrauen und spielt zu viele Sicherheitspässe. Khedira bringt zudem mehr Erfahrung mit. Im Mittelfeldzentrum sollte Mesut Özil wieder eine Chance bekommen. Gegen die tief stehenden Südkoreaner ist er mit seiner starken Technik sehr wichtig. Thomas Müller und auch Mario Gomez sehe ich als Joker. Wenn man die Brechstange auspacken muss, hätte der Bundestrainer alle Asse im Ärmel. Müller macht, wenn er reinkommt, vielleicht auch mal ein Tor mit dem Schienbein. Julian Brandt hat nach seinen Einwechslungen immer Schwung gebracht. Dennoch würde ich Julian Draxler von Beginn an bringen. Er hat etwas mehr Klasse und Erfahrung – auch durch den Confed-Cup-Sieg.“

Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Hector – Khedira, Kroos – Reus, Özil, Draxler – Werner.

Norbert Stippel

Zur Person: Der 58-Jährige
machte 1995 (unter anderem gemeinsam mit Armin Veh) den DFB-Fußball-Lehrer und ist seit einem Praktikum beim VfB Stuttgart mit Bundestrainer Joachim Löw befreundet. Früher trainierte er Oberligisten, heute mit genauso viel Leidenschaft an seinem Wohnort die E-Jugend des TSGV Waldstetten.

Einschätzung: „Ich würde Niklas Süle im Abwehrzentrum bringen. Ich halte ihn gegenüber Antonio Rüdiger für den besseren Fußballer. Außerdem versteht sich die Bayern-Achse blind. Viel wurde schon darüber diskutiert, ob Jogi Löw auf eine Dreierkette umstellen sollte. Für mich gibt es keinen Grund, von der Viererkette abzurücken, die Aufteilung ist einfach klarer als bei einer Dreierkette. Davor halte ich Umstellungen jedoch für durchaus sinnvoll. Leon Goretzka wäre mein Mann im defensiven zentralen Mittelfeld. Er ist jung, dynamisch, schnell und aggressiv, ihm traue ich die Rolle als alleiniger Sechser zu. Er würde der Mischung im Team guttun. Davor würde ich neben Toni Kroos Mesut Özil bringen. Er ist gegen die defensiven Südkoreaner der ideale Mann, um die Bälle in die Schnittstelle zu spielen. Sebastian Rudy ist zwar ein feiner Fußballer, doch ich bin keiner großer Fan von ihm. Selbst wenn er gegen Südkorea hätte spielen können, hätte ich ihn nicht gebracht: Er bringt mir zu wenig Impulse nach vorne. Auf den Außenpositionen sehe ich nach wie vor Thomas Müller und Marco Reus – und ganz vorne Timo Werner. Mario Gomez ist als Joker top. Kommt er rein, herrscht beim Gegner höchste Alarmstufe.“

Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Hector – Goretzka – Müller, Özil, Kroos, Reus – Werner.

Klaus Kämmerer

Zur Person: Der 57-Jährige hat den SV Bonlanden zur Bezirksliga-Meisterschaft und damit zum Landesliga-Aufstieg geführt. Er war auch schon beim SV Vaihingen und beim TSV Georgii Allianz Stuttgart tätig.

Einschätzung: „Auch wenn meine Meinung vielleicht nicht allzu viele teilen: Ich würde Ilkay Gündogan neben Toni Kroos auf der Doppel-Sechs bringen. Sami Khedira hat mich im Eröffnungsspiel gar nicht überzeugt. Gündogan ist der spielintelligentere Typ. Er spielte in England eine glänzende Saison – offensiv wie defensiv. Klar lief es bisher nicht rund für ihn bei der WM – doch Selbstvertrauen holt man sich nicht auf der Bank. Links vorne hat für mich Julian Brandt eine Chance von Beginn an verdient. Er macht einen guten Eindruck, ist willensstark und hungrig. An Mesut Özil führt kein Weg vorbei. Er ist einfach der Mann für die entscheidenden Pässe. Was er allerdings braucht, ist eine funktionierende Absicherung. Timo Werner würde ich eine Pause gönnen. Nicht weil er eine schlechte Leistung gebracht hätte, aber gegen Südkorea kommt es nicht so sehr auf Schnelligkeit an. Deshalb wäre Thomas Müller mein Mann im Angriffszentrum. Dort kann er für die überraschenden Momente sorgen. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass der Sieg gegen Schweden nicht ohne Wirkung bleibt. Wir werden mindestens mit zwei Toren Unterschied gewinnen.“

Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Hector – Gündogan, Kross – Reus, Özil, Brandt – Müller.

Gianni Coveli

Zur Person:
Der 47-Jährige geht beim Oberligisten 1. Göppinger Sportverein in sein fünftes Jahr. Der Ex-Kickers-Profi ist auch Mitglied im Trainerlehrstab des Württembergischen Fußballverbandes (WFV).

Einschätzung: Niklas Süle würde bei mir neben Mats Hummels im Abwehrzentrum spielen. Beide kennen die Abläufe aus dem Eff-Eff. Süle ist zudem vor allem bei offensiven Standards kopfballstärker als Antonio Rüdiger. Neben dem etwas offensiveren Toni Kroos sollte Sami Khedira im zentralen Mittelfeld am Ball sein. Er schafft Räume und reißt Löcher in die gegnerische Abwehr, das hat das deutsche Spiel immer stark gemacht. Sebastian Rudy ist dafür nicht der Typ, gegen Südkorea fällt er ja ohnehin aus. Thomas Müller lief mir von außen zu wenig ein – eine Pause könnte ihm nicht schaden. Dafür sollte Julian Brandt eine Chance von Anfang an bekommen. Er macht einen frischen, mutigen, unbekümmerten Eindruck. Er zieht genauso wie Marco Reus gut nach innen und steckt die Bälle dann in die Tiefe durch. Die deutsche Elf darf nicht so viel quer spielen, sie muss Druck aufbauen und aufs Tempo drücken. Gegen die relativ kleinen Südkoreaner wäre der kopfballstarke Mario Gomez vor der Achse Draxler/Reus/Brandt die richtige Waffe. Timo Werner bringt seine Stärken eher zur Geltung, wenn der Gegner höher steht. Wird der Gegner im Laufe des Spiels offensiver, wäre er der ideale Joker.“

Aufstellung: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Hector – Khedira, Kroos – Brandt, Reus, Draxler – Gomez.