Ungewisser Blick in die Zukunft: Nationaltorhüter Manuel Neuer plagt eine Schulterverletzung Foto: dpa

Die verletzten Bayern-Profis Philipp Lahm und Manuel Neuer sind an diesem Freitagnachmittag auf dem Weg nach Südtirol. Da vor allem die Rückkehr ins Training von Torhüter Neuer offen ist, gibt es einen Plan B - mit Marc-André ter Stegen.

St. Leonhard - Einer hatte es besonders eilig, als die Nationalspieler, angeführt von Bundestrainer Joachim Löw, im Trainingslager in St. Leonhard (Südtirol) zu einer ersten Einheit auf dem Mountainbike starteten. Von hinten, berichtete Teammanager Oliver Bierhoff als Zeuge des Vorfalls mit leicht verächtlichem Unterton, habe „ein älterer Herr auf einem E-Bike“ gedrängelt, geklingelt und sich lauthals darüber beschwert, dass es nicht schneller voranging. Doch da muss er etwas falsch verstanden haben.

Löws Assistent Hansi Flick, quasi ein Mitangeklagter, ordnete die Beschuldigungen tags darauf mannhaft aus seiner Sicht ein und brachte zu seiner Verteidigung einen Vergleich mit der Nationalmannschaft vor: „Auf die Dosierung kommt es an. Wir haben Spieler, die mehr oder weniger Spiele absolviert haben, manche haben noch am Wochenende gespielt, andere hatten schon früher Pause. Deshalb müssen wir das Tempo und die Intensität individuell festlegen.“

Individueller sogar als beabsichtigt, was die zentrale Bayern-Achse mit Torhüter Manuel Neuer, Kapitän Philipp Lahm und Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger betrifft. Alle drei sind verletzt, der eine mehr, der andere weniger. Sorgen bereiten sie alle drei.

Bierhoff und Flick waren am Donnerstag sichtlich bemüht, den Ball flach zu halten. Beide übten sich in demonstrativer Gelassenheit, die Zweifel an der baldigen Genesung des Trios vermochten sie aber nicht auszuräumen. Lahm, der an einem Bluterguss im Sprunggelenk leidet, und überraschend auch Neuer (Kapseleinriss am rechten Schultereckgelenk) sollen an diesem Freitag zur Mannschaft stoßen – falls der behandelnde Bayern- und DFB-Arzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt grünes Licht gibt. Selbst dann ist aber bei Manuel Neuer offen, wann er seine lädierte Schulter wieder voll belasten darf. Und daran hängt die bange Frage, ob er womöglich für die WM vom 12. Juni bis zum 13. Juli in Brasilien ausfällt. „Manuel hat einen Schritt nach vorn gemacht, es ist alles in der Norm“, versichert Hansi Flick zwar, doch sein Chef Joachim Löw hat nicht ohne Grund einen Notfallplan für sein Sorgenkind Nummer eins ausgearbeitet.

Damit die Nationalmannschaft in Südtirol mit drei Schlussleuten arbeiten kann, hat Torwarttrainer Andy Köpke den Mönchengladbacher Marc-Andre ter Stegen (22) in Alarmbereitschaft versetzt. Der Keeper, der zum FC Barcelona wechselt, hat seinen geplanten Urlaub zunächst ausgesetzt, um jederzeit für Manuel Neuer einspringen zu können. Da der vorletzte WM-Test am 1. Juni gegen Kamerun in ter Stegens Heimat Mönchengladbach stattfindet, wäre er auch dafür erster Kandidat. „Er ist sowieso im Stadion und schaut sich das Spiel an“, sagte Flick. Wenn es ganz dumm für Neuer und optimal für ter Stegen läuft, dann rückt der zunächst nicht nominierte Keeper auf den letzten Drücker in den endgültigen WM-Kader, den Löw bis zum 2. Juni nominieren muss. Aus Verletzungsgründen wäre danach sogar eine Nachnominierung bis 24 Stunden vor dem ersten Gruppenspiel am 16. Juni gegen Portugal möglich.

Dieses Worst-case-Szenario befürchtet zunächst aber niemand im Kreis der Nationalmannschaft, zumindest nicht offiziell. „Alle gehen davon aus, dass Manuel fit wird. Er ist ein absoluter Rückhalt und der Torwart, den wir auch wollen bei der WM.“ Falls es nicht klappt, wäre der Dortmunder Roman Weidenfeller erster Neuer-Vertreter als Nummer eins.

Weder bei der Radtour noch beim ersten Training mit dem WM-Ball Brazuca war Bastian Schweinsteiger (29) mit von der Partie. Der 101-malige Nationalspieler, der an einer entzündeten Patellasehne leidet, kann vorerst nur ein individuelles Aufbauprogramm absolvieren. „Wir müssen aufpassen, wie er das verkraftet. Unsere medizinische Abteilung ist da ganz sensibel“, sagte Flick. Auch bei Philipp Lahm ist offen, wann er das Training aufnehmen kann. Zumindest um das Tempo und die Intensität muss sich der Münchner keine Gedanken machen. Da ist Hansi Flick, siehe oben, genug Fachmann.