Auch in Korb hat die Gemeinde jetzt WLAN-Hotspots eingerichtet. Foto: dpa-Zentralbild

Unsichtbare Gefahr? Die Korber Initiative Bürger für eine strahlungsärmere Zukunft befürchtet durch die Einrichtung weiterer öffentlicher WLAN-Hotspots einen Anstieg gefährlicher Strahlung in der Kommune.

Korb - Der Hype um mobile Internetverbindungen im öffentlichen Bereich greift um sich und hat nun auch die gut 10 000 Einwohner starke Gemeinde Korb erreicht – sehr zum Leidwesen der Korber Initiative Bürger für eine strahlungsärmere Zukunft.

In einem Brief an den Bürgermeister Jochen Müller und die Gemeinderäte bedauert die Bürgerinitiative die jüngste Entscheidung der Kommune, öffentliche Bereiche wie Seeplatz und Alfred-Leikam-Garten mit sogenannten WLAN-Hotspots zu versehen: „Die ständig und in enormen Ausmaßen anwachsende Zunahme im Gebrauch von Smartphones, Tablet-PCs, Smarthome, Smartcity und Co. bedeutet gleichzeitig immer die Zunahme hochfrequenter Strahlung, sprich: Der Elektrosmog rund um uns herum wächst mit der Zunahme der Mobilfunkanwendungen“, heißt es in dem Schreiben. Dabei werde in zahlreichen Untersuchungen bestätigt, dass Mobilfunk krank mache. Die Strahlung könne bereits unterhalb des zulässigen Grenzwerts das Immun- sowie das zentrale Nervensystem beeinträchtigen und Befindlichkeitsstörungen auslösen.

Gesundheitsgefahren wissenschaftlich nicht belegt

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) teilt diese Bedenken offenbar nicht: „Die Behauptung, dass WLAN speziell das Immunsystem und das zentrale Nervensystem beeinträchtigt, ist wissenschaftlich nicht belegt“, heißt es aus der Behörde. Darüber hinaus würden „Befindlichkeitsstörungen“ zwar häufig elektromagnetischen Feldern zugeschrieben, allerdings sei ein ursächlicher Zusammenhang nicht nachgewiesen. „Der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand spricht dafür, dass die verschiedenen, unspezifischen Symptome andere Ursachen haben“, so das BfS. Vielmehr könnten das Wissen um das Vorhandensein von Feldern, die Angst vor gesundheitlichen Wirkungen und eine entsprechende Erwartungshaltung die Symptome bei den Betroffenen verstärken.

Ruth Messer, die Vorsitzende der Korber Bürgerinitiative, kennt diese Aussagen. „Hier argumentiert Wissenschaft gegen Wissenschaft“, sagt sie. Viele Untersuchungen zu den Auswirkungen von Strahlung würden von Mobilfunkanbietern bezahlt oder zumindest mitfinanziert. „Dahinter steht eine mächtige Industrie mit Geld für PR und Lobbyismus.“

Auch das Bundesamt für Strahlenschutz warnt

Messer verweist auf Ergebnisse unabhängiger Forschungsprojekte an Universitäten: „Die Hinweise aus diesen Forschungen reichen aus, um zu sagen: Wir müssen vorsichtig sein“, betont sie. Deshalb rate das BfS, die Strahlenbelastung möglichst gering zu halten. Tatsächlich heißt es auf der Internetseite der Behörde: „Nach dem jetzigen Stand von Wissenschaft und Technik geht vom Mobilfunk keine gesundheitliche Gefahr aus. Für eine abschließende Beurteilung von Langzeitwirkungen ist die Technologie allerdings noch zu jung.“ Und: „Aufgrund dieser wissenschaftlichen Unsicherheiten rät das BfS dazu, die persönliche Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern vorsorglich gering zu halten.“

Die Internetplattform EMF-Portal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen fasst wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu Wirkungen elektromagnetischer Felder systematisch zusammen. Wer sich hier die aktuellen Erkenntnisse anzeigen lässt, kann den Eindruck gewinnen, dass die Studienlage schwierig und unübersichtlich ist: Viele der vorliegenden Studien weisen demnach Mängel auf, die Ergebnisse sind nicht belastbar und oft lautet die Erkenntnis, dass weitere Forschungsarbeit nötig ist.

Unsichtbare Strahlung

Der Korber Bürgermeister zeigt indes Verständnis für die Sorgen der Bürgerinitiative: „Ich will das nicht verharmlosen, man muss sorgfältig damit umgehen.“ Allerdings nutze die Gemeinde nur die bereits vorhandene Infrastruktur: Geschäfte und Privatpersonen können ihre Anschlüsse zur Verfügung stellen. „Die Strahlung dieser WLAN-Netze ist quasi schon da“, sagt Müller. Das stimme zwar, aber: „Die individuelle Strahlenbelastung des Bürgers, der dann dieses WLAN nutzt, steigt“, warnt Ruth Messer. „Dieses Bewusstsein ist in der Bevölkerung nicht da.“ Die Sorglosigkeit sei nachvollziehbar: „Es ist bequem, WLAN zu nutzen. Und man sieht, hört und riecht die Strahlung ja nicht – aber sie ist trotzdem da“,sagt Messer. Zumindest in einem Punkt kann Müller die Bedenken der Bürgerinitiative aber zerstreuen: In Kindergärten und Schulen sei WLAN derzeit nicht geplant.

Internationale Forschung

Die Interphone-Studie,
eine Fallkontrollstudie zu Handynutzung und Tumorrisiko durch elektromagnetische Strahlung, wurde durch die Mobilfunkindustrie mit 5,5 Millionen Euro kofinanziert, heißt es in einem Bericht des Ärzteblatts von 2010. Rund 20 Millionen Euro haben demnach die Weltgesundheitsorganisation und das ihr zugehörige internationale Krebsforschungszentrum in die Untersuchung investiert.

Ein eindeutiges Ergebnis
gab es nicht: Zwar ergebe sich bei durchschnittlicher Nutzung des Handys für einen erwachsenen Menschen kein erhöhtes Tumorrisiko. „Aber wir können daraus nicht folgern, dass kein Risiko besteht, denn es gibt genug Hinweise, die auf eine mögliche Gefährdung hinweisen“, zitiert das Ärzteblatt die Forschungsleiterin Elisabeth Cardis.