Mehr als 70 unterschiedliche Mieter bevölkern das Wizemann-Areal. Foto: privat

Fotografen, Architekten, Werber und andere Kreative arbeiten im Wizemann-Areal unter einem Dach. Nach dem Auszug des Live-Clubs Zapata stehen 2000 Quadratmeter leer, für die zurzeit ein neuer Mieter gesucht wird.

Bad Cannstatt - Fotografen, Architekten, Filmemacher, Werbe- und Marketingagenturen sowie eine Eventfläche unter einem Dach. Ansiedeln würden die meisten diese bunte Mischung gefühlsmäßig wohl im Stuttgarter Westen oder Süden. Von vielen unbemerkt hat sich diese Gemeinschaft aber inW Bad Cannstatt zusammengefunden. Im Wizemann-Areal an der Quellenstraße sind auf rund 13 000 Quadratmetern etwa 70 unterschiedlichste Mieter untergekommen. „Die Spannbreite reicht vom Kleinstunternehmer, der nur einen kleinen Raum mietet, bis zum Weiterbildungsanbieter Metis, der mehr als ein Stockwerk beansprucht“, sagt Constantin Wizemann, der Enkel des Firmengründers Julius Wizemann. „Verbunden werden all unsere Mieter durch die Kreativität.“

Der kreative Einschlag sei dabei mehr zufällig ins Areal eingezogen, soll jetzt aber nicht mehr fehlen. „Nach der Fusion mit Mahle Anfang der 90er Jahre wurde die Produktion in Bad Cannstatt eingestellt, die Verwaltung aufgeteilt und der Standort geschlossen“, erklärt Wizemann, wie es zur Umnutzung des Areals kam. Die Firma Wizemann selbst hat danach die Vermietung und Verwaltung der betriebseigenen Immobilien neben der Herstellung und dem Vertrieb von Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör zu ihrem zweiten Geschäftsbereich gemacht.

2000 freie Quadratmeter

Als größter und wichtigster Mieter war damals zunächst der inzwischen geschlossene Live-Club Zapata an die Pragstraße gezogen. „Es war für beide Seiten eine gute Lösung“, sagt Wizemann. Und es sei schwer gefallen, sich von diesem Ankermieter zu trennen, der so maßgeblich die Entwicklung des Areals mitbestimmt habe. Die finanzielle Seite sei aber schwierig gewesen, es habe zu viele Außenstände gegeben. „Wir müssen als Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich sein“, so Wizemann.

Mit dem Auszug des Zapata sind auch 2000 Quadratmeter Fläche frei geworden, die noch immer leer stehen. An Interessenten mangele es aber nicht: „Im Moment sind wir in Gesprächen und loten die unterschiedlichen Nutzungskonzepte aus“, sagt Wizemann. Auch mit der Stadt stehe man in engem Kontakt, im Gespräch ist, die Fläche für einen Kulturbetrieb zu nutzen. „Für uns ist wichtig, die schönen Hallen zu erhalten und uns finanziell zu tragen.“

Netzwerke unter den Mietern

Der Erhalt und die Verschönerung des Gebäudes stehen aber auch in anderen Bereichen des Areals im Vordergrund: „Wenn wir renovieren, achten wir darauf, Details wie etwa alte Waschbecken in den Fluren zu erhalten“, sagt Wizemann. Das mache den Charme der Fabrikhallen aus und sei das, was sich viele Mieter wünschten. Für diejenigen, die dem manchmal spröden Charme der ehemaligen Produktionsstätten entwachsen sind, hat die Firma Wizemann inzwischen eine Lösung geschaffen: Gegenüber des Hauptgebäudes ist 2003 ein moderner Neubau entstanden. Das Wizemann-Haus ist vor allem gedacht für Firmen, die moderne, professionellere Räume brauchen. Das habe in einigen Fällen schon gut funktioniert, sagt Wizemann: „Wir haben kaum Fluktuation.“

Inzwischen hätten sich unter den Mietern auch schon kleine Netzwerke gebildet, die man in Zukunft noch fördern wolle: „Wir denken zurzeit darüber nach, wie die Verpflegung gewährleistet werden kann“, sagt Wizemann. Schließlich würden beim gemeinsamen Essen oder Kaffeetrinken auch wichtige Kontakte geknüpft.

Chronik

1923
: Julius Wizemann gründet die Firma J. Wizemann & Co in Untertürkheim, die Poliermaschinen und Tretlager für Fahrräder herstellt.

1934:
Die neue Produktionsstätte an der Quellenstraße in Bad Cannstatt entsteht.

1948:
Nach einer Härterei (1939) wird im Stammhaus in Bad Cannstatt auch eine eigene Gießerei errichtet.

1957
Nach dem Tod des Firmengründers übernimmt sein Sohn Kurt Wizemann die Firma.

1973:
Nach dem Bau von Produktionsstätten (1938 Gaildorf) und Zweigwerken (1960 Vöklabruck) in Deutschland und Österreich wird die Firma Industria Iwega Ltda. in Brasilien aufgebaut.

1983:
Die Firma Wizemann übernimmt mehrere andere Unternehmen, zuletzt das Schweizer Unternehmen GMB .

1991:
Die Mahle GmbH und die J. Wizemann GmbH & Co führen ihre Aktivitäten im Eisen- und Stahlbereich zusammen.

1996:
Entwicklung zum Industrieloft