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Ganz ernsthaft beschäftigen sich Wissenschaftler mit Gelächter - Therapie für Alzheimer.

Stuttgart - Haben Sie heute schon gelacht? Und war es eher ein höhnisches, ein hämisches oder ein lauthalses Lachen über den tollen Witz, den Ihr Kollege erzählt hat? Oder wurden Sie kräftig durchgekitzelt und konnten deshalb nicht mehr an sich halten?

Lachen ist eine ernste Sache - auch wenn es uns allen Spaß macht. Einer, der sich streng wissenschaftlich damit beschäftigt, ist Kai Alter, Neurowissenschaftler an der britischen Universität Newcastle. Gelächter, Feixen oder Kichern sei ein essenzieller Teil der Kommunikation zwischen Menschen, sagt der Deutsche, "genauer der nonverbalen Kommunikation".

"Lachen transportiert Gefühle"

Das kann jeder selbst überprüfen. Wer mit anderen Menschen lacht, versteht sich meist sofort gut mit ihnen - auch wenn sie einem zuvor unbekannt waren. "Lachen transportiert Gefühle", sagt Alter, und zwar nicht nur positive, auch negative, etwa beim Über-andere-Lachen.

Die Forschung zu dem Phänomen, bei dem vom Gesicht bis zum Bauch fast 300 verschiedene Muskeln beteiligt sind und sich die Atemfrequenz verdoppelt oder verdreifacht, steckt noch in den Kinderschuhen. Das wollen Kai Alter und seine Kollegen ändern. Sie versuchen herauszufinden, was im Hirn vor sich geht, wenn wir wiehern vor Freude, weil der Komiker im Fernsehen zum x-ten Mal auf der Bananenschale ausrutscht und auf dem Allerwertesten landet.

Im Fachmagazin "Neuroimage" haben die Wissenschaftler ihre Studie publiziert. Erstes Fazit: "Wir haben drei verschiedene Arten von Gelächter feststellen können und untersucht", sagt Alter. Spaß, Schadenfreude und das Kitzel-Lachen. Umstritten war, ob ein Mensch die akustischen Feinheiten herausfiltern kann und den Grund des Lachens erkennt. In der Sprache ist das recht einfach: Hahaha steht eher für Freude, hohoho für Spott.

Kommunikation ähnlich wie bei einem Baby

Für das Experiment engagierten die Forscher Schauspieler und zeichneten die Formen des Lachens auf Band auf. Probanden wurde nur der Ton vorgespielt - ohne Bild. Dennoch konnten sie den Anlass der Heiterkeit eindeutig zuordnen.

Einer Gruppe an der Universität Tübingen unter Leitung von Professor Dirk Wildgruber, Leiter der Arbeitsgruppe Affektive Neuropsychiatrie, und seiner Kollegin Diana Szameitat gelang es zudem, mit Hilfe der Magnetresonanztomografie die beim Lachen aktiven Regionen im Hirn sichtbar zu machen. So ist das Kitzel-Lachen dort zu Hause, wo die Sprachverarbeitung sitzt.

Mit Lachen kommunizieren

Die Erkenntnisse der Experten könnten Einzug halten in den Klinikalltag. "Alzheimer-Patienten gelingt es möglicherweise durch Lachen einfacher, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten", sagt Alter. Ärzte, Angehörige und Pfleger wären bei entsprechendem Training in der Lage zu verstehen, was der demente Senior ausdrücken will. Auf sehr niedrigerem Level zwar, sagt der Forscher, aber immer noch besser als stumm zu bleiben. "Es funktioniert ähnlich wie bei Babys", sagt Alter. Eltern erkennen in den nonverbalen Äußerungen ihrer Tochter oder ihres Sohnes irgendwann, ob es dem Wonneproppen gerade gut geht. Ältere, gebrechliche Menschen, das weiß jeder, werden irgendwann wieder wie kleine Kinder. Auch das Lachen gehört dazu.

Diese Form der Gefühlsvermittlung gibt es auch im Tierreich. "Charles Darwin hat gesagt, Lachen sei ein Bindeglied zwischen Tierlauten und dem menschlichen Sprachvermögen", sagt Alter. Dass dies stimmt, konnte an Affen nachgewiesen worden. In einer deutsch-amerikanischen Studie wurden 2009 Primaten von Biologen so richtig kräftig durchgekitzelt. Und die Schimpansen und Gorillas kicherten wie kleine Kinder.

Schon vor 10 Millionen Jahren gelacht

Primaten, die uns genetisch besonders nah sind wie Orang-Utans oder Schimpansen giggern und grunzen am menschenähnlichsten. Die Wissenschaftler konnten diese Urform der Kommunikation bis zum letzten gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Primaten zurückdatieren, das heißt auf 10 bis 16 Millionen Jahren vor unserer Zeit.

Womöglich saßen damals die Affen auf den Bäumen und lachten sich halbtot über die komischen Wesen ohne Fell, die sich da am Boden tummelten.