Viele Menschen schlafen zu wenig. Nach Aussage von Experten kann sich das nicht nur auf die Leistungsfähigkeit auswirken, sondern auch auf die Gesundheit. Schlafmangel kann das Gedächtnis, den Stoffwechsel und das Immunsystem beeinträchtigen. Foto: dpa

Wer unter Schmerzen leidet, schläft meistens nicht besonders gut. Das gilt einer aktuellen Studie aus den USA zufolge auch umgekehrt: Schlechter Schlaf führt zu einem gesteigerten Schmerzempfinden.

Berkeley - Schlafmangel stört die Schmerzverarbeitung im Gehirn und macht empfänglicher für Schmerzen. Das berichten US-Forscher im Fachmagazin „Journal of Neuroscience“. Die Zunahme chronischer Schmerzen in einer zunehmend schlaflosen Gesellschaft könnten zwei Entwicklungen sein, die eng miteinander verknüpft sind.

Schlaflose Nacht

Das Team um Adam Krause vom Psychologischen Institut der University of California in Berkeley (US-Bundestaat Kalifornien) hatte den Zusammenhang zwischen Schlaf und Schmerzwahrnehmung zunächst an 25 gesunden, jungen Menschen untersucht. Für ihre Studie schickten die Forscher die Versuchsteilnehmer ins Schlaflabor und testeten nach einer durchschlafenen Nacht deren Schmerzempfinden.

Dazu reizten sie die Haut der Probanden mit zunehmender Hitze – solange, bis diese den Reiz als schmerzhaft empfanden. Gleichzeitig leiteten sie die Aktivität des Gehirns in unterschiedlichen Bereichen ab.

Die Probanden sollten ihre Schmerzen auf einer Skala von eins bis zehn angeben. Im Durchschnitt empfanden sie den Reiz ab einer Temperatur von knapp 44 Grad als unangenehm. Den Test wiederholten die Forscher dann nach einer schlaflosen Nacht. Nun gaben die meisten der Teilnehmer schon bei einer geringeren Temperatur ein Schmerzempfinden an, im Schnitt bei knapp 42 Grad.

Kleine Beeinträchtigung, große Wirkung

„Über die gesamte Gruppe hinweg empfanden sie bereits bei einer geringeren Temperatur ein Unbehagen, was zeigt, dass ihre eigene Empfindlichkeit gegenüber Schmerz nach einer Nacht mit unzureichend Schlaf gestiegen war“, erläutert Krause. „Die Verletzung ist dieselbe, der Unterschied liegt darin, wie das Gehirn den Schmerz nach zu wenig Schlaf beurteilt.“

Dies zeigte sich auch in der Auswertung der gemessenen Hirnaktivität: Die Aktivität stieg im somatosensorischen Cortex an, dem Bereich, der unter anderem für Schmerzwahrnehmung zuständig ist. Gleichzeitig sank sie in anderen Regionen wie dem „Nucleus accumbens“ und der Inselrinde. Das sind Regionen, die bei der Schmerzverarbeitung eine Rolle spielen.

„Schlafmangel verstärkt nicht nur die Aktivität der schmerzwahrnehmenden Regionen des Gehirns, sondern blockiert auch die natürlichen schmerzlindernden Zentren“, sagte Studienleiter Matthew Walker.

Schlafqualität ist wichtig

In einem zweiten Teil der Studie befragten die Forscher online insgesamt 230 Männer und Frauen zur Qualität ihres Schlafes und dem Schmerzempfinden am darauffolgenden Tag. Die Auswertung bestätigte die Untersuchungen im Schlaflabor: Schon kleine Beeinträchtigungen der Schlafqualität spiegelten sich bei den einzelnen Probanden am folgenden Tag in einem gestiegenen Schmerzempfinden wider.

Die Studie bringe die positive Nachricht, dass schon kleine Verbesserungen der Schlafqualität dazu beitragen können, wahrgenommene Schmerzen deutlich zu bessern, schließt das Team. Das sei vor allem für Krankenhäuser interessant, wo naturgemäß viele Menschen mit Schmerzen zusammenkämen – und gleichzeitig der Schlaf oft leide. Würde man dort der Schlafqualität einen höheren Stellenwert einräumen, könnte das die Leiden der Patienten bessern und womöglich den Einsatz von Schmerzmitteln senken, vermuten die Forscher.