Firmen im Land können eigene lokale 5G-Netze aufbauen, auch Campusnetze genannt. Der Netz- und Digitalexperte Torsten J. Gerpott Foto: Universität Duisburg-Essen

Wenn es um das Zukunftsnetz 5G geht, stellt der Netzexperte Torsten J. Gerpott der Politik ein schlechtes Zeugnis aus. Dass die Firmen im Land, etwa Daimler und Bosch, eigene 5G-Netze aufbauen können, hält er aber aus einem gewichtigen Grund für eine sinnvolle Sache.

Stuttgart - Herr Gerpott, in Deutschland können Firmen seit Kurzem selbst 5G-Lizenzen beantragen und das 5G-Netzwerk betreiben. Was halten Sie davon?

 

Das ist eine gute Regelung, weil dadurch verstärkter Wettbewerbsdruck auf die Netzbetreiber Telekom, Vodafone, Telefónica und Drillisch ausgeübt wird. Insbesondere Großunternehmen können sich mit dem Aufbau eigener Netze individueller auf die eigenen Bedürfnisse einstellen, was zum Beispiel technische Anforderungen und Sicherheit betrifft. Im internationalen Wettbewerb kann das ein Vorteil sein. Für kleinere und mittelgroße Unternehmen sind aber eigene sogenannte Campusnetze kein Thema.

Die Unternehmen brauchen beim Netzaufbau Hilfe. Welche Netzausrüster sehen Sie am besten aufgestellt?

Das sind vor allem die größten Netzausrüster der Welt: Ericsson aus Schweden, Huawei aus China und Nokia aus Finnland. Aber in Teilbereichen können auch Samsung, der Halbleiterhersteller Qualcomm und der Routerproduzent Cisco eine Rolle spielen.

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Erhält der Netzausrüster Huawei trotz der Sicherheitsbedenken und der Warnungen aus den USA in Deutschland eine Chance?

Am Ende wird es wohl auf eine Lösung hinauslaufen, in der allgemeine Sicherheitskriterien definiert werden, die alle Ausrüster erfüllen müssen. Ich denke, dass Huawei diese Kriterien erfüllen und vor allem im Funknetz, nicht aber in den kritischen Bereichen des 5G-Kernnetzes zum Einsatz kommen wird.

Die Bundesregierung will „Deutschland zum Leitmarkt für 5G entwickeln und als erstes Land ein flächendeckendes 5G-Netz bereitstellen“. Was halten Sie von den Versprechungen?

Die 5G-Strategie der Bundesregierung ist PR-Geklingel. Eigentlich steht dort nichts Wesentliches drin. Es handelt sich um nebulöse Erklärungen von Absichten, deren tatsächliche Umsetzung kaum überprüfbar ist und die den Eindruck vermitteln sollen, dass der Bund den Aufbau und die technische Qualität von Mobilfunknetzen stark mitgestalten könnte. Tatsächlich wird die Netzqualität seit 30 Jahren in erster Linie durch Entscheidungen der Wettbewerber und Kunden geprägt – und das mit guten Ergebnissen.

Wie und ab wann profitieren die Verbraucher in Deutschland von 5G?

Der neue Mobilfunkstandard ist aktuell noch ein Nischenmarkt, der vor allem auf Geschäftskunden zielt. Ich denke, dass die Verbraucher in zwei bis drei Jahren in größerem Umfang von 5G profitieren werden – und hier vor allem beim schnelleren Audio- und Videostreaming und bei mobilen Anwendungen für Cloud-Computing.