Elektromobilität ist weltweit auf dem Vormarsch. Auch für die Automobilindustrie in der Region Stuttgart bedeutet das einen Technologiewandel. Foto: dpa

Die Region Stuttgart ist bekannt für ihre Vorreiterposition im Bereich der Automobilindustrie. Doch für einen Wandel zu Elektromobilität und autonomem Fahren ist sie bislang nur mäßig gewappnet, zeigt der nun veröffentlichte Strukturbericht 2015.

Stuttgart - Digitalisierung und Elektromobilität werden zentrale Herausforderungen für die Wirtschaftsregion Stuttgart. Das ist eine Schlussfolgerung des Strukturberichts Region Stuttgart 2015, den Vertreter der Handwerkskammer, IG Metall , IHK und des Verbands Region Stuttgart am Mittwoch vorgestellt haben. Vor allem für die Automobilindustrie bedeutet die Technologisierung einen strukturellen Wandel.

Doch dieser Wandel scheint sich momentan noch anderswo in der Welt abzuspielen: Apple und Google erobern den Bereich des autonomen Fahrens, Tesla ist Vorreiter in Sachen Elektromobilität. Baden Württemberg gehört im Bereich der Elektromobilität „nicht zu den weltweit führenden Regionen“, heißt es im Strukturbericht.

Vor allem Mittelstand ist im Hinblick Elektromobilität eher abwartend

Dabei ist die Automobilindustrie das Aushängeschild der Wirtschaftsregion. Knapp 200 000 Beschäftigte gibt es im sogenannten Automotive-Cluster – also bei Autobauern, Zulieferern oder mit der Branche verbundenen Dienstleistern. Fast zwei Drittel der industriellen Investitionen fallen auf den Fahrzeugbau; deutlich mehr als im Landes- und Bundesdurchschnitt. Diese Monostruktur bringt Vorteile für die Wirtschaftsregion – und ist zugleich ihr großer Schwachpunkt.

Denn während die deutsche Automobilindustrie im Bereich der konventionellen Technologien einen klaren Vorsprung habe, gebe es im Bereich der Elektromobilität durchaus noch Nachholbedarf, sagt Jürgen Dispan vom IMU-Institut für Arbeitsorientierte Forschung und Beratung. „Der Fokus liegt momentan definitiv noch auf den Verbrennungsmotoren.“ Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – also vor allem Zulieferer – hätten im Hinblick auf alternative Antriebssysteme noch eine weitgehend abwartende Haltung, so Dispan. Und fordert: Das Thema müsse ein Zukunftsthema für die gesamte Wertschöpfungskette sein. „Das Risiko ist durchaus da, dass einige Unternehmen bei diesem technologischen Wandel nicht mithalten. Hier muss sich die Region wappnen“, sagt Dispan.

Eine Kernfrage im Bereich Automobilindustrie, das zeigt der Strukturreport, ist somit die Frage, ob und wie die Region den technologischen Wandel als Produktionsstandort schaffen kann. „Die Bereiche IT und Automobil müssen hier noch viel stärker zusammenwachsen“, sagt Uwe Meinhardt, Sprecher der IG Metall Region Stuttgart. Dennoch hält er das Automotive-Cluster in der Region mit einer engen Verzahnung von Forschung, Entwicklung und Produktion für gut gerüstet: „Die Beschäftigung ist in diesem Bereich erst einmal gesichert. Angst müssen wir keine haben“, sagt Meinhardt.

Elektromobilität muss aktiv gefördert werden, so die Forderung

Um den Vorsprung im Bereich Automobilindustrie auch in Zukunft halten zu können, fordert IG Metall-Sprecher Meinhardt aber auch Unterstützung vonseiten der Politik: „Dort, wo Elektromobilität aktiv gefördert wird, entwickelt sie sich auch“, sagt Meinhardt – und nennt als Beispiel Norwegen. Dazu gehöre auch, geeignete Rahmenbedingungen und einen Markt für Elektromobilität und autonomes Fahren zu schaffen, sagt Regionaldirektorin Nicola Schelling.

Doch genau bei solchen Rahmenbedingungen hapert es derzeit noch: Die Breitbandversorgung gerade an Hauptverkehrsachsen sei mangelhaft, Schnellladestationen für Elektroautos konnten sich noch nicht durchsetzen, sagt Schelling. Als Standort-Defizite kommen laut den Autoren des Strukturberichts noch grundlegende Probleme wie der Fachkräftemangel in der Region hinzu, mangelnde Verfügbarkeit günstiger Gewerbeflächen oder die überlasteten Straßen in der Region.