Landeswirtschaftsminister Schmid sieht viel Potenzial in den Asean-Staaten. Foto: dpa

Immer mehr baden-württembergische Unternehmen folgen den Lockangeboten der Asean-Staaten und lassen sich dort nieder. Wirtschaftsminister Nils Schmid erklärt, warum die Region so boomt.

Immer mehr baden-württembergische Unternehmen folgen den Lockangeboten der Asean-Staaten und lassen sich dort nieder. Wirtschaftsminister Nils Schmid erklärt, warum die Region so boomt.
 
Herr Schmid, keine Wirtschaftsregion wächst derzeit so schnell wie die Asean-Staaten. Woran liegt das?
Die Bevölkerung ist jung und zum Teil gut ausgebildet, die Politik wirtschaftsfreundlich. Die Märkte der zehn Asean-Staaten wachsen durch Kooperationen immer mehr zusammen. 2015 soll dort ein Freihandelsabkommen abgeschlossen werden. Dadurch fallen auch die restlichen Handelshemmnisse wie Zollschranken zwischen den Staaten weg. Wir gehen davon aus, dass die Wirtschaft dadurch einen enormen Wachstumsschub erleben wird.
Funktioniert der entstehende Wirtschaftsraum nach dem Vorbild des europäischen Binnenmarkts?
Es ist zumindest der gleiche Ansatz. Zwei entscheidende Unterschiede sind allerdings, dass keine gemeinsame Währungsunion geplant ist und dass es auch keinen einheitlichen Außenzoll geben wird.
 
 
Inwiefern profitieren dann baden-württembergische Unternehmen, wenn sich an den Exportbedingungen gar nichts ändert?
In vielen Asean-Staaten setzt die Politik für ausländische Unternehmen hohe Anreize, sich vor Ort niederzulassen. Baden-württembergische Firmen, die dem Lockruf folgen, können den riesigen Asean-Markt durch das Freihandelsabkommen künftig bedienen, ohne durch teure Handelshemmnisse beeinträchtigt zu werden. Darüber hinaus bestehen zwischen dem Asean-Staatenbund und für unsere Unternehmen wichtigen Handelspartnern wie China Freihandelsabkommen, die beständig auf weitere Länder ausgeweitet werden.
Wie viele deutsche Firmen haben sich in den Asean-Staaten bereits niedergelassen?
Länder wie beispielsweise Thailand, Indonesien und Malaysia sind schon lange im Fokus unserer großen Konzerne wie Bosch und Daimler, aber auch von Mittelständlern wie etwa Festo. Insgesamt gibt es in den Asean-Staaten 482 Vertretungen baden-württembergischer Unternehmen, 173 Niederlassungen und 62 eigene Produktionsstätten. In der letzten Zeit haben die Firmen vor Ort mit dem Währungsverfall zu kämpfen gehabt. Umso wichtiger ist es, den Blick auf die längerfristigen Möglichkeiten in den Ländern zu lenken.
Gefährdet es die heimischen Arbeitsplätze, wenn sich längerfristig immer Unternehmen aus dem Land in Asien niederlassen?
In der Regel sind solche Standorte Ergänzungen, die nicht zu Arbeitsplatzabbau in Baden-Württemberg führen. Im Gegenteil: Wenn die Automobilzulieferer den Produzenten in die asiatischen Märkte folgen, stabilisiert das die Beschäftigung in Baden-Württemberg und sorgt für weitere Investitionen hier vor Ort, weil sie nur mit Know-how und Innovationen in den Wachstumsmärkten mithalten können.
Finden die Firmen aus dem Land dort überhaupt entsprechend ausgebildetes Personal?
Das Ausbildungsniveau ist in den Asean-Staaten von Land zu Land sehr unterschiedlich. Es gibt dort nicht das duale Ausbildungssystem – also die parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule. Die deutschen Firmen bemühen sich allerdings, an ihren Standorten unser System einzuführen und die Qualifikation der Menschen zu verbessern – und wir unterstützen das.
Inwiefern?
Ich werde beispielsweise am Dienstag in Thailand ein Berufsbildungssymposium eröffnen, das den Auftakt für die Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung darstellen soll. Zudem werden wir eine Absichtserklärung unterzeichnen, die zum Inhalt hat, dass Baden-Württemberg den Aufbau solcher dualen Elemente unterstützt. Wir bilden in Baden-Württemberg beispielsweise Lehrkräfte aus dem Ausland an unseren Lehrakademien aus.
Bei Ihrer Reise geht es nach Thailand, Indonesien und Malaysia. Warum sind die drei Länder für baden-württembergische Firmen besonders interessant?
In Thailand findet kommende Woche eine interessante Autoteile-Messe statt, außerdem steht dort das Thema Ausbildung auf dem Programm. Malaysia ist traditionell eine wichtige Handelsdrehscheibe. In Indonesien bewegt sich derzeit viel. Das Land weist die höchste Bevölkerungszahl auf und hat daher ein enormes Potenzial, wenn es um die Entstehung einer kaufkräftigen Mittelschicht geht.
In Thailand gab es in den vergangenen Monaten Unruhen, bei denen es viele Verletze und sogar Tote gab. Inwiefern belastet die politische Krise in Thailand die Investitionsvorhaben baden-württembergischer Unternehmen?
Das hat sicher zur Verunsicherung beigetragen und das Wirtschaftswachstum gebremst. Es gibt einige Verständnisschwierigkeiten. So will Thailand einerseits massiv in die Infrastruktur investieren, hat aber gleichzeitig ein extrem kostenträchtiges Unterstützungsprogramm für Reisproduzenten aufgelegt, das nicht rund läuft. All dies verunsichert Investoren. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich die Unternehmen vor Ort ein eigenes Bild machen.
Welche politische Entwicklung erwarten Sie?
Ich werde mich nicht in interne Prozesse einmischen. Ich hoffe aber, dass in Thailand demokratische Wahlen möglich sind und dass das Wahlergebnis auch akzeptiert wird. Wenn man die letzten 20 Jahre zurückschaut, stellt man fest, dass rechtsstaatliche und demokratische Elemente und Institutionen im Asean-Raum immer stärker geworden sind. Das wollen wir durch den wirtschaftlichen Austausch stärken.
In welchem der drei Länder gibt es politisch noch den meisten Nachholbedarf?
In allen drei Ländern ist Korruption immer wieder ein Thema. Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, wenn es darum geht, Großaufträge zu vergeben. Es gibt zum Teil protektionistische Züge in dem Wirtschaftsrecht und der Handelsgesetzgebung. Das heißt, dass viele Staaten versuchen, die eigene Industrieproduktion durch die Gesetzgebung zu schützen.