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Erstmals seit 16 Jahren haben sich im Juni mehr Menschen im Südwesten arbeitslos gemeldet als im Vormonat. Damit ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das für den Juni steigende Zahlen meldet.

Stuttgart - Die für die Jahreszeit übliche Erholung am Arbeitsmarkt bleibt aus: Erstmals seit 16 Jahren haben sich in einem Juni mehr Menschen im Südwesten arbeitslos gemeldet als im Vormonat. Ihre Zahl lag bei 288.772, die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 5,2 Prozent. Damit ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das für den Juni steigende Zahlen meldet. Vor einem Jahr waren nur 3,9 Prozent arbeitslos gemeldet, teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit am Dienstag in Stuttgart mit. Damals war die Arbeitslosenquote auf den niedrigsten Stand seit knapp 17 Jahren gesunken.

Am besten ist die Beschäftigungssituation bundesweit in Bayern mit einer stabilen Arbeitslosenquote von 4,7 Prozent - Baden-Württemberg folgt dahinter auf Platz 2. Lichtblick im Südwesten war die geringere Jugendarbeitslosigkeit: Die Quote sank leicht auf 4,4 Prozent. Die Zahl der unter 25-Jährigen ohne Arbeit lag allerdings mit 30 521 um 74 Prozent über dem Vorjahreswert.

Behördenchefin Eva Strobel sprach von einer "durchwachsenen" Halbjahresbilanz: "Einerseits ist der Südwesten vom Konjunkturabschwung früher und stärker getroffen worden als andere Regionen in Deutschland, andererseits nutzen gerade im Land viele Unternehmen Kurzarbeit, um Beschäftigung zu sichern."

Zwischen Januar und Mai zeigten 16.600 Betriebe für rund 480.000 Beschäftigte Kurzarbeit an. Damit liegt Baden-Württemberg gleichauf mit Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern mit 410.000 gemeldeten Kurzarbeitern. Die Zahl der tatsächlich Kurzarbeitenden betrug im März 212.000. Ein Beschäftigter arbeitet kurz, wenn seine Arbeitszeit mindestens um 10 Prozent reduziert ist.

Um sich für den nächsten Aufschwung vorzubereiten, nutzten die Betriebe die Zeit der Kurzarbeit zunehmend für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter, erläuterte Strobel. In den vergangenen Wochen stellten rund 200 Unternehmen für mehr als 4600 Kurzarbeiter Förderanträge auf Weiterbildung. Die Tendenz sei steigend, denn einige Großbetriebe begännen erst in den Sommermonaten mit ihren Programmen.

Nach Einschätzung von Arbeitsministerin Monika Stolz (CDU) läge die Zahl der Arbeitslosen ohne Kurzarbeiterregelung um gut 70.000 höher. Das Land meistere die Krisensituation wesentlich besser als in früheren, vergleichbaren Situationen. "Wir sind derzeit noch weit vom Höchstwert im Juni 2005 entfernt. Damals gab es in Baden-Württemberg fast 100 000 Arbeitslose mehr. Wir haben aus den damaligen Erfahrungen gelernt und fahren jetzt konsequent eine Strategie, die den Erhalt von Arbeitsplätzen in den Mittelpunkt stellt", teilten Stolz und Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) mit.