Sinnbild fürs Schneckentempo beim Ausbau der Breitbandversorgung: Viel passiert ist bei der Glasfaser bisher nicht. Foto: mauritius-images

Trotz der groß angekündigten Breitband-Offensive ist in Fellbach beim Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur wenig Bewegung zu spüren. Laut der Industrievereinigung denken mehrere Unternehmen inzwischen über einen Standortwechsel nach.

Fellbach - Die mangelhafte Anbindung ihrer Unternehmen an den Daten-Highway bleibt für viele Firmenchefs ein Dauerbrenner. Obwohl die Stadt Fellbach bereits im vergangenen Jahr eine Breitband-Initiative gestartet hat, ist die Internet-Versorgung zahlreicher Betriebe offenbar nach wie vor extrem schlecht.

Die Klage der lokalen Wirtschaft über den immer gravierender werdenden Standortnachteil ist nicht neu

Obwohl die Stadtwerke grundsätzlich bei jeder Kanalbaustelle auch gleich ein Leerrohr in den Untergrund legen, stockt es beim Ausbau mit Glasfaserkabeln. Und obwohl allenthalben von einer Markt-belebung die Rede ist, flattern Fellbacher Unternehmern keineswegs nur attraktive Offerten für eine leistungsfähige Datenleitung ins Haus. „Es ist kaum möglich, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten – und bei den Telekommunikationsanbietern gibt es keine Bereitschaft, dies zu ändern“, hieß es jüngst bei der Hauptversammlung der Industrievereinigung Fellbach.

Die Klage der lokalen Wirtschaft über den immer gravierender werdenden Standortnachteil ist nicht neu. Während manche Unternehmen an ihrem Firmensitz mit durchaus passablen Downloadraten im Netz unterwegs sind, tröpfeln die Bits und Bytes einen Straßenzug weiter nur quälend langsam aus der Leitung. „Es gibt Firmen, die ihre Mitarbeiter nach Hause schicken, um datenintensive Arbeiten mit dem privaten Netz schneller zu erledigen“, weiß Johannes Maier, der Vorsitzende der Fellbacher

Industrievereinigung.

Wer schuld hat an der Misere, ist freilich gar nicht so einfach zu beantworten

Besonders problematisch sei der Zustand für Betriebe, die ihr Geld nicht zuletzt mit Wartungsarbeiten an einem weltweit verteilten Maschinenpark verdienen – und ob der lahmen Internetanbindung im Alltagsgeschäft schier verzweifeln. „Wenn da eine Fernwartung ansteht, müssen alle anderen Mitarbeiter raus aus dem Netz“, erzählt der Chef des Spannwerkzeug-Spezialisten AMF. Weil sie von der Datenautobahn abgehängt sind, denken laut Johannes Maier zumindest zwei Fellbacher Unternehmen konkret über einen Standortwechsel nach – und wollen lieber samt ihrer Belegschaft abwandern, als in Fellbach weiterhin im Schneckentempo im Netz zu sein. Besonders geärgert hat die Firmenchefs deshalb eine Nachricht, die im Rathaus als Erfolg verkauft worden ist: Für den Anschluss aller elf städtischen Schuleinrichtungen an das landesweite Wissenschaftsnetz nahm die Stadt einen sechsstelligen Betrag in die Hand – 120 000 Euro waren nötig, um Glasfaser-Internet mit 10 Gbit zu ermöglichen. „Für die Schule gibt es Breitband und die Wirtschaft schaut in die Röhre – das ist ein schlechter Witz“, skizziert Maier, was die Kollegen denken.

Insgesamt verfügt die Rathaustochter nun über 86 Kilometer leere Leitungsschächte, die Internetanbieter nutzen könnten

Wer schuld hat an der Misere, ist freilich gar nicht so einfach zu beantworten. Zwar spricht die Industrievereinigung Fellbach von einer nicht gemachten Infrastruktur-Hausaufgabe. „Die Stadtwerke und die Wirtschaftsförderung hätten sich früher rühren müssen“, stellt Johannes Maier fest. Doch dass der Ruf nach schnelleren Datenleitungen im Rathaus ungehört verhallt wäre, lässt sich nun wahrlich nicht behaupten. Oberbürgermeisterin Gabriele Zull hat das Thema bereits vor einem Jahr zur Chefsache erklärt und mit Wirtschaftsförderer Christoph-Michael Pfefferle einen Spezialisten bestallt, der sich dem Thema mit Hochdruck widmen soll. Die Stadtwerke wiederum haben nicht nur Druck aufgebaut, indem sie laut über eine Kooperation mit dem Anbieter Netcom nachdachten. Sie schaffen auch die Voraussetzungen, dass Glasfaser kostengünstig in den Boden kommen kann. Laut Geschäftsführer Gerhard Ammon wurden allein im vergangenen Jahr neun weitere Kilometer Leerrohre im Erdboden verlegt, um eine nachträgliche Installation zu erleichtern. Insgesamt verfügt die Rathaustochter nun über 86 Kilometer leere Leitungsschächte, die Internetanbieter nutzen könnten. „Das Netz ist in vielen Fällen vorhanden, wird aber noch nicht vermarktet“, sagt Ammon.

Die Folge: Während in Wohngebieten fast flächendeckend wenigstens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen, ist die Übertragungsrate in den Gewerbegebieten deutlich geringer – zum Teil nicht mal ein Zehntel. Wenigstens in Oeffingen war zuletzt die Telekom aktiver, Anbieter wie Vodafone oder Unitymedia halten sich eher bedeckt – offenbar ist es deutlich rentabler, neue Gebiete zu verkabeln als im Bestand die letzten Lücken zu schließen. Und: So manche Offerte wird durchaus auch von den Unternehmern abgelehnt, weil der Preis nicht stimmt. „Wir sehen schon auch, dass nicht jeder, der sich über die schlechte Internetversorgung beklagt, auch bereit ist, die Kosten für einen Glas-faseranschluss zu bezahlen“, sagt Ammon.