Die Wirte und Hoteliers machen klar, was sie fordern: Weiter ein Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Foto: Lichtgut/ /Ferdinando Iannone

Am Montag blieb so manche Küche kalt. 3600 Hoteliers und Wirte eilten nach Stuttgart und demonstrierten im Festzelt für eine dauerhaft gesenkte Mehrwertsteuer.

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Baden-Württemberg hatte ins Hofbräu-Zelt auf dem Frühlingsfest geladen. Einmal sollten die Wirte und Hoteliers sich bedienen lassen, statt bedient zu werden. Doch seit jeher wird im Bierzelt nicht nur gegessen und getrunken, sondern auch Politik gemacht. Und es kann nie schaden, auf sich aufmerksam und seinen Standpunkt klar zu machen. Gerade nach einer Pandemie, die die Branche bis ins Mark getroffen hat.

Hohe Verluste

Zwölf Milliarden Euro, „einen kompletten Jahresumsatz“, wohlgemerkt netto, „haben wir allein in Baden-Württemberg während der Corona-Jahre verloren“, sagte Fritz Engelhardt, Vorsitzender der Dehoga Baden-Württemberg während seiner Rede. Wenig überraschend ist es da, dass 5000 gastgewerbliche Betriebe aufgegeben hätten. 25 500 Betriebe gebe es noch, „und von diesen mussten viele aufgrund der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt ihre Öffnungszeiten reduzieren, durch mehr Ruhetage oder die Streichung des Mittagsservices“. Man erlebe also, aus der Not heraus, eine Verknappung des gastgewerblichen Angebotes. „Die trifft vor allem den ländlichen Raum: Dörfer ohne Dorfgasthaus werden mehr. und mit jedem Dorfgasthaus, das schließt, verschwindet ein Stück Kultur.“

Einheitliche Regeln in der EU

Was also tun? Nun, Engelhardt hätte einige Vorschläge. Abbau von Bürokratie, Erleichterung von Einwanderung, bessere touristische Vermarktung. Vor allem aber forderte er: „Keine Steuererhöhung!“ Zum 1. Juli 2020 hatte der Bund als Corona-Hilfe die Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Befristet ist dies bis zum Ende dieses Jahres. Für Engelhardt ist klar: Wie in 23 von 27 EU-Staaten brauchen „wir dauerhaft 7 Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie!“

Furcht vor höherer Mehrwertsteuer

Eine Erhöhung würde die Branche bis ins Mark treffen. „Wettbewerbsfähige Löhne und Investitionen in Klimaschutz wären nicht mehr leistbar, weil die Ertragslage das nicht mehr hergibt“ und schon jetzt Banken keine Kredite mehr geben würden, weil unklar sei, wie es mit der Mehrwertsteuer weitergehe. Bisher habe man die Kostensteigerungen für Energie, Löhne und Lebensmittel über den reduzierten Steuersatz teilweise auffangen können. „Diese Reserven sind weg“, eine Erhöhung müsste man an die Kunden weitergeben. Dies würde die Nachfrage bremsen, mehr Wirte in den Ruin treiben und in der Folge nicht nur die Lieferanten treffen, sondern auch die Finanzminister. Weniger Umsatz, mehr Pleiten, das senkt auch die Steuereinnahmen.

Was sagt die Politik

Es war angerichtet für den Besuch aus der Landespolitik. Für Manuel Hagel, Fraktionsvorsitzenden der CDU, Sascha Binder, Generalsekretär der SPD, Anton Baron, Fraktionsvorsitzender der AfD, Hans-Ulrich Rühlke, Fraktionsvorsitzender der FDP, stellte sich die Frage nicht, wer Koch und wer Kellner ist: Sie unterstützen das Anliegen der Dehoga, den Mehrwertsteuersatz bei 7 Prozent zu belassen.

Kniffliger war es da schon für Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, die waren bis dato skeptisch. Und bleiben es. Nach dem Motto, viel Feind, viel Ehr, sagte Schwarz: „Die 7 Prozent waren zur Überbrückung gedacht, aber dauerhaft bekommen wir die 7 Prozent nicht hin.“ Man müsse mit dem Geld des Staates sparsam umgehen. Das brachte ihm höhnisches Gelächter, Buhrufe, und Pfiffe ein. „Sieben! Sieben! Sieben!“, skandierten die Besucher.

In Berlin wird entschieden

Wie es nun weitergeht? Entschieden wird dies in Berlin. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich für eine dauerhaft gesenkte Mehrwertsteuer in der Gastronomie ausgesprochen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will dies unterstützen. Die Grünen sind offensichtlich dagegen.

Man darf gespannt sein, wie die Koalition verfährt. Aber eine Gemeinsamkeit gibt es ja: In der Gaststätte und in der Politik wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird.