Das Peugeot-Werk im französischen Sochaux (oben) und Opel in Rüsselsheim könnten bald zum gleichen Konzern gehören. Foto: AFP, dpa

General Motors will Opel schon lange loswerden, nun scheint sich in Peugeot ein Käufer gefunden zu haben. Die Franzosen sprechen mit General Motors über einen Kauf der deutschen Tochter. Die Sorge um Arbeitsplätze wächst.

Frankfurt - Erst vor wenigen Tagen versuchte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann noch den unerwarteten Verlust von 242 Millionen Euro der deutschen Tochter des amerikanischen Automobilkonzerns General Motors (GM) vor allem den Briten in die Schuhe zu schieben. Nur weil das Pfund wegen des geplanten Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union so schwach gewesen sei, habe Opel sein Ziel eines Gewinns verfehlt, teilten die Rüsselsheimer mit.

Doch die Manager in Detroit scheinen die Geduld verloren zu haben, nachdem alle Versuche, den deutschen Ableger seit 1999 mal wieder in die Gewinnzone zu bringen, nicht gefruchtet haben. Zwar schweigt man bei Opel, doch ein Sprecher des französischen Autobauers Peugeot und die Opel-Mutter GM bestätigten am Dienstag, dass man sich in intensiven Gesprächen über eine Zusammenlegung von Opel und Peugeot befinde. Nach Angaben eines Insiders gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sei man sogar so weit, dass man „in den nächsten Tagen“ eine Vereinbarung verkünden könne.

Skepsis gegenüber der Liaison

Wie diese Vereinbarung aussehen wird, ist noch offen, doch vor allem deutsche Analysten zeigten sich skeptisch über eine mögliche deutsch-französische Liaison. Aus zwei Kranken könne man keinen Gesunden machen, hieß es in Branchenkreisen. Sowohl Opel als auch PSA, der Mutterkonzern von Peugeot und Citroën, haben in den vergangenen Jahren mit erheblichen Problemen zu kämpfen gehabt. Schon 2012 hatte man versucht, durch eine Kooperation zwischen PSA und Opel die Kosten zu senken. Die ursprünglich breit angelegte Allianz kam jedoch nicht zustande. Nur bei einigen Modellen wird heute zwischen Rüsselsheim und Paris noch zusammengearbeitet.

Bei Opel keimte Hoffnung auf, nachdem 2013 der ehemalige VW-Manager Karl-Thomas Neumann das Ruder übernommen hatte. Die seit Januar 2014 amtierende GM-Chefin Marry Barra lobte noch im vergangenen Jahr die Fortschritte, die Neumann erreicht habe, um Opel wieder zu einem profitablen Anbieter auf dem europäischen Markt zu machen. Im ersten Halbjahr 2016 war der Marktanteil in Europa sogar wieder auf über sieben Prozent gestiegen, die Halbjahresbilanz fiel positiv aus, das Gewinnziel schien greifbar. Der Absatz von Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall war um sieben Prozent auf 621 000 Autos gestiegen.

Was genau in den folgenden sechs Monaten dafür ausschlaggebend war, dass am Ende doch ein Verlust stand, macht Opel heute nicht mehr öffentlich. Die Transparenz des Unternehmens über wirtschaftliche Zahlen ist nach Detroit verlagert worden, aus Rüsselsheim ist so gut wie nichts mehr zu erfahren.

Zahlen stimmen offenbar nicht

Bis 2020 wollte Neumann 29 neue Modelle auf den Markt bringen, schwarze Zahlen schreiben und Opel wieder zu einer beliebten Marke machen. Die Werbekampagnen laufen, und auch die Ingenieure arbeiten mit Hochdruck. Aber die Zahlen stimmen offenbar nicht, jedenfalls nicht für die Chefetage in Detroit. Daher sucht man jetzt nach einem Käufer, auch wenn sich GM damit weitgehend aus Europa verabschieden würde und eine Investition beendet, die vor fast 90 Jahren begonnen hat und dem Konzern über viele Jahre hinweg durchaus Gewinn eingebracht hat.

Auf französischer Seite rechnet man sich dagegen offenbar Chancen aus, durch die Zusammenarbeit mit Opel deutliche Fortschritte machen zu können. Da neben der französischen Regierung und der Familie Peugeot auch der chinesische Investor Dongfeng an Peugeot beteiligt ist, könnte dies auch für Opel einen neuen Markt eröffnen, der den Rüsselsheimern bis jetzt innerhalb des GM-Verbundes versagt ist, meinen Experten.

Massive Sorgen der Mitarbeiter

Die Berichte über einen möglichen Verkauf haben massive Sorge um die Arbeitsplätze ausgelöst. Die Bundesregierung und das Land Hessen zeigten sich überrascht über die Pläne und forderten eine Beschäftigungsgarantie für die rund 18 250 deutschen Mitarbeiter. Auch die Gewerkschaften hatten keine Kenntnis von den Plänen. Die IG Metall erklärte in Frankfurt, wenn es Gespräche von GM mit PSA gebe, „wäre das eine beispiellose Verletzung sämtlicher deutscher wie europäischer Mitbestimmungsrechte“. Allerdings kündigte die IG Metall an, einen möglichen Verkauf „aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit PSA vorbehaltlos“ zu prüfen.