Ein Geschäft mit Tradition: Bereits 1914 hat Bosch den ersten elektrischen Anlasser für Autos präsentiert. Foto: Bosch

Bosch-Mitarbeiter stimmen noch bis Mitte Juli ab, ob das Anlassergeschäft an ein chinesisches Konsortium verkauft wird. ZMJ-Chef Chengyao Jiao verspricht den Betroffenen weiterhin Eigenständigkeit.

Stuttgart - Starter und Generatoren (SG) ist quasi der traditionsreichste Bosch-Bereich. Dieses Geschäft, das rein am Verbrennungsmotor hängt, soll nun an ein Konsortium des chinesischen Zulieferers ZMJ und der Beteiligungsgesellschaft CRCI verkauft werden. Bosch geht dabei einen ganz neuen Weg – die Mitarbeiter müssen zustimmen. Die Frist dafür läuft bis Mitte Juli. Eine Mindestannahmequote gibt es nach Informationen dieser Zeitung aber nicht. Im Interview erläutert ZMJ-Chef Chengyao Jiao seine Pläne.

Herr Jiao, es ist ungewöhnlich, dass Mitarbeiter darüber abstimmen, ob sie gemeinsam mit dem Unternehmen verkauft werden. Warum haben Sie sich auf diese Bedingung eingelassen?
Dies ist eine der vereinbarten Bedingungen der Transaktion. Wir respektieren diese Vereinbarung und sind zuversichtlich, dass wir mit unserer Aufrichtigkeit und dem vorgestellten Geschäftsplan das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen können. Die SG-Geschäftsstrategie passt hervorragend zu ZMJ. Durch den Zusammenschluss werden wir sehr gut aufgestellt sein, um das Wachstum zu beschleunigen.
Wie hoch muss die Zustimmungsrate der befragten Mitarbeiter sein, damit Sie die Bosch-Tochter übernehmen?
Wir hoffen, dass das Management-Kernteam, Mitarbeiter aus Forschung und Entwicklung sowie dem Marketing im Unternehmen bleiben und auch künftig für SG tätig sind. Sie sind das Fundament für die langfristige Entwicklung von SG. ZMJ hat sich dazu verpflichtet, alle geltenden Tarifbestimmungen einzuhalten. Ebenfalls erwarten wir keine Werksschließungen. SG wird weiterhin eigenständig agieren, das bestehende Topmanagement bleibt erhalten. Wir glauben, dass die Transaktion eine Win-win-Situation für alle beteiligten Parteien ist.
Was wird sich nach der Übernahme für die Bosch-Mitarbeiter ändern?
ZMJ plant keine nachhaltigen organisatorischen Veränderungen, zumal ZMJ und CRCI beide die aktuelle Standortstrategie von SG unterstützen. Nach Vollzug der Übernahme wird SG weiterhin eigenständig geführt, und der Hauptsitz bleibt in Schwieberdingen.
Auf welchen Firmennamen werden sich die Noch-Bosch-Mitarbeiter einstellen müssen?
Das SG-Management-Team ist dabei, den neuen Firmennamen und das Logo zu entwickeln.
Was interessiert Sie an der Bosch-Tochter? Es ist ein auslaufendes Geschäft, Elektroautos brauchen keinen Starter.
Es stimmt, dass Länder auf der ganzen Welt zunehmend stringentere Emissionsstandards für Fahrzeuge implementieren. Doch dies wiederum führt zu einer deutlich steigenden Nachfrage nach effizienten Technologien. SG ist führend bei Start-Stopp-Technik und der 48-Volt-BRM-Technologie, eine Technologie zur kosteneffizienten Energierückgewinnung in Fahrzeugen. Letztgenannte wird zur Einhaltung der Emissionsstandards sowie zur Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen beitragen. Schätzungen zufolge wird sich der Markt für Start-Stopp-Technik zwischen 2015 und 2021 mehr als verdoppeln. Die Transaktion ermöglicht es SG, die Entwicklung dieser Technologien zu beschleunigen und schnell Marktanteile in China zu gewinnen.
Ihr Ziel bei SG ist, dass sich das Wachstum in den USA und in China beschleunigt. Wie sehen Ihre Pläne aus?
In China werden wir die Entwicklung von wettbewerbsfähigen Produkten fördern. Wir werden den Service verbessern und ihn auf die Bedürfnisse der lokalen Kunden zuschneiden. Wir werden auch die Kostenstruktur von SG in China optimieren sowie Kapazitäten aufbauen, um die Reaktionszeit auf Kundenanforderungen zu verkürzen. In Nordamerika wird SG künftig die Verantwortung für die ZMJ-Kunden übernehmen. Damit erhoffen wir uns zusätzliche Geschäftsbeziehungen.
Wachstum kostet Geld. In welcher Größenordnung planen Sie zu investieren?
Bei Bedarf ist das Konsortium in der Lage und bereit, das Wachstum von SG mit Fremd- und Eigenkapital zu finanzieren.
Wagen Sie eine Prognose: Wie groß soll die heutige SG in fünf Jahren sein?
Die Partnerschaft wird das Wachstum von SG in Nordamerika und China, dem größten Automobilmarkt der Welt, signifikant beschleunigen sowie die marktführende Stellung in Europa sicherstellen. ZMJ und CRCI haben einen Plan, wie das künftige Wachstum von SG beschleunigt wird. Dazu wollen wir uns aber nicht äußern.
ZMJ hat das Startergeschäft von Bosch und zuvor bereits den Zulieferer Asimco gekauft, ebenfalls einen Starterhersteller. Arbeiten die Unternehmen künftig zusammen?
Das Starter- und Generatoren-Geschäft von Asimco ergänzt das SG-Portfolio. Beide Unternehmen werden beispielsweise in Produktion und Vertrieb von PC-Startern und Generatoren sowie der BRM-Technologie zusammenarbeiten und sie vorantreiben – vor allem in China. SG wird damit in der Lage sein, Märkte schneller zu erschließen und kundenspezifische Produktentwicklung voranzutreiben. Zudem wird SG auch die Vorteile von Asimcos kosteneffizienter Lieferkette nutzen.
ZMJ soll einer der weltgrößten Zulieferer werden. Planen Sie weitere Zukäufe?
ZMJ strebt an, ein weltweit führender Hersteller im Fahrzeugkomponentensektor zu werden. Dabei setzen wir auf unsere Erfahrung im Maschinenbau, insbesondere durch unsere Kompetenz in Forschung und Entwicklung sowie Fertigungsfähigkeiten. Wir konzentrieren uns bei SG auf organisches Wachstum, halten aber nach potenziellen Zukäufen Ausschau, die unsere Fähigkeiten, Produktlinien und Expertise weiter voranbringen.