Das Bier in der Gaststätte würde trotz Steuersenkung nicht günstiger werden – das hat gute Gründe. Foto: dpa//Bodo Schackow

Die Ludwigsburger Gastro-Szene hofft, dass eine CDU-geführte Bundesregierung die Mehrwertsteuer erneut senkt. Das würde die Betriebe entlasten – an den Preisen für Bier und Maultaschen ändert das aber nichts. Drei Gastronomen erklären warum.

Erst senkte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer für Restaurants, Cafés und Bars während der Pandemie von 19 auf sieben Prozent, Anfang 2024 wurde diese wieder angehoben. Nun verspricht CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, die Steuer erneut zu senken.

 

Eine gute Nachricht für Gastronomen, aber nicht unbedingt für Gäste. Denn auf die Preise für Speisen und Getränke würde sich die Steuersenkung kaum auswirken. Drei Szenekenner klären ein großes Missverständnis auf.

1. Pascal Fetzer: „Wir machen uns nicht die Taschen voll“

Pascal Fetzer bewegt das Thema: „Es geht auch um das Kulturgut.“ Foto: Simon Granville

Die Unwissenheit über die Gastronomie erschrecke ihn manchmal, sagt Pascal Fetzer, Betreiber der Scala-Gaststätte in Ludwigsburg. Das habe sich bei der vergangenen Steuersenkung gezeigt, als auf die Branche eingedroschen wurde. Der Vorwurf: Die Einsparungen wurden nicht an die Gäste weitergegeben, die Preise seien überteuert und die Gastronomen verdienen sich eine goldene Nase.

„Die Steuersenkung ist keine Entlastung für die Gäste, sondern für die Betriebe“, stellt Fetzer klar. Restaurants, Cafés und Bars benötigen diese Entlastung, um steigende Energiekosten, Lebensmittelpreise und faire Gehälter zu stemmen. „Wir machen uns damit nicht die Taschen voll, wir halten die Betriebe über Wasser.“

Fetzer fordert eine dauerhafte Festlegung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent, wie in den meisten europäischen Ländern. Denn er sorgt sich um die Branche: Menschen stünden stundenlang bei Burger-Restaurantketten oder Zimtschnecken-Franchises in der Schlange, während es die eigentümergeführten Betriebe immer schwerer hätten. „Es geht langsam aber sicher um den Erhalt des Kulturguts.“

2. Marvin Bui: „Ein kaputter Herd wird schnell zum ernsten Problem“

Marvin Bui (links) mit seinen Partnern im Yoake-Restaurant: Gastronomen wie sie könnten kaum noch in die Zukunft investieren. Foto: Simon Granville

Viele Gastronomen seien am Limit, sagt Marvin Bui, der im Yoake-Restaurant in Ludwigsburg für die Gästebeziehung zuständig ist. Zudem vertreibt Bui Kassensysteme für Gastronomiebetriebe und ist im ständigen Austausch mit etlichen Kollegen in der Region. Er sehe im gesamten Landkreis, dass der Anstieg der Energiekosten, Lebensmittelpreise und Löhne den Betrieben zusetze. Die Gewinnmargen bewegen sich häufig im niedrigen einstelligen Prozentbereich, Investitionen sind kaum möglich, Banken zögern immer häufiger mit Krediten. „Ein kaputter Herd wird schnell zum ernsten Problem. “ Eine Mehrwertsteuersenkung wäre eine enorme Entlastung.

Bui versteht aber auch die Argumente gegen die Steuersenkung: Die nächste Regierung braucht Geld für Infrastruktur, Bildung und Gesundheit. „Das muss aber man abwägen.“ Ohne Maßnahmen drohen Restaurantschließungen, die einen ganzen Wirtschaftszweig gefährden. Die Kosten einer Beibehaltung der 19-Prozent-Steuer könnten also höher ausfallen, als die Kosten einer Steuersenkung, so Bui.

3. Marcos Angas: „Ein Zwiebelrostbraten für 30 Euro ist zu günstig“

Dehoga-Kreisschef Marcos Angas: Die Steuersenkung hilft auch, die Selbstausbeutung der Restaurantbetreiber zu beenden. Foto: Dehoga Kreisstelle Ludwigsburg

Ihm gehe es vor allem um bessere Gehälter, zudem müsse die Selbstausbeutung der Inhaber enden, sagt Marcos Angas. „Einige Betreiber können sich selbst nicht einmal den Mindestlohn auszahlen.“ Der stellvertretende Direktor des Schlosshotels Monrepos ist zudem Kreisvorstand des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) – auch er hofft auf eine Steuersenkung der neuen Bundesregierung.

Laut Angas gibt es gute Gründe, dass die Betriebe die Steuerentlastung nicht komplett an die Kunden weitergeben würden. Die Preise seien schon jetzt knapp kalkuliert und spiegelten die steigenden Kosten nicht wider. Viele Gäste würden es nicht wahrhaben wollen, aber ein Zwiebelrostbraten für 30 Euro sei zu günstig, sagt Angas. Den Braten wegen der Steuersenkung noch günstiger anzubieten, würde die Kalkulation sprengen. „Aktuell läuft es eher darauf hinaus, dass die Preise steigen“, sagt Angas – selbst mit einer Steuersenkung.

Der Verbandsvorstand warnt schon seit Jahren vor der prekären Lage und zu niedrigen Preisen in der Gastronomie – und hat das Gefühl, nicht gehört zu werden. „Mir wird dann immer entgegengehalten, dass die Läden doch voll seien, dass es so schlimm ja nicht sein könne“, sagt Angas. So simpel sei das aber nicht. Denn volle Läden bedeuten einen hohen Material- und Personalaufwand, hohe Einnahmen stehen hohen Ausgaben gegenüber. Die Gewinnspanne ist also auch bei erfolgreichen Läden häufig klein.

Argumente gegen eine erneute Steuersenkung

Haushalt
Die Senkung würde laut aktueller Bundesregierung zu erheblichen Steuerausfällen führen. Ein Petitionsausschuss des Bundestags schätzt, dass dem Haushalt rund drei Milliarden Euro jährlich fehlen würde. Geld, das aktuell mehr denn je für Infrastrukturprojekte, die Energiewende und Verteidigungsausgaben benötigt wird. Die Steuersenkung könnte zudem weitere Steuerdiskussionen nach sich ziehen – andere Branchen könnten mit Verweis auf die Gastronomie Entlastungen einfordern. Soziales
Friedrich Heinemann vom gemeinnützigen Leibniz-Zentrum machte vor rund einem Jahr auf den sozialen Aspekt der Diskussion aufmerksam. Laut dem Wirtschaftsprofessor ist die Gastronomie ein gesellschaftlicher Bereich, der vor allem von wohlhabenden Menschen genutzt wird. Die Entlastung der Branche hätte also für einen großen, ärmeren Teil der Gesellschaft kaum einen Nutzen. Das sei nicht fair.