Mitglieder des Vereins dicht beieinander. Das Foto stammt aus einer Zeit, in der die Planung von Festen noch einfacher war. Gudrun Limberger, Pia Erbil, Maximilian Erbil, Frank Limberger, Andreas Jacobson, Helga Renner und Petra Hofmann (von links). Foto: OH

In ihrer Kreis- und Ortsteilserie stellt die Eßlinger Zeitung Menschen und Vereine vor, die für die Gemeinde oder den Stadtteil etwas tun. Heute: Die Pliensauvorstadt.

Esslingen - Die Pliensauvorstadt galt lange Zeit als eines der Schmuddelkinder Esslingens – als der Ort, wo man eher nicht hinging. Für manche Menschen hat sich diese Einschätzung so tief ins Gedächtnis eingegraben, dass es ihnen bis heute so erscheint. Für die meisten Esslinger aber hat sich das Bild gewandelt, und inzwischen hat der Stadtteil sogar richtige Fans. Es ist ein Quartier im Wandel, in dem sich vieles mischt. Wenn Vielfalt in Esslingen eine Heimstatt suchen müsste, könnte die Wahl auf die Pliensauvorstadt fallen, ein Stadtteil mit vielen Gesichtern und reger Veranstaltungskultur. Wenn es darum geht, Menschen zu einem geselligen Beisammensein zusammenzubringen, hat oft ein Verein seine Finger im Spiel: Der Pliensauvorstadt live e.V.

Das ist kein Wunder: Denn der Verein ist das Ergebnis des gleichnamigen Festes, aus dem er gewissermaßen hervorgegangen ist und deshalb diesen Namen trägt. Gemeinsam mit dem Bürgerausschuss und dem Förderverein tritt der Verein als Veranstalter des Stadtteilfestes in Erscheinung, dass die Bewohner des Ortsteils jenseits der alten Pliensaubrücke üblicherweise im Mai feiern. Dieses Jahr wurde das nichts, die Corona-Pandemie machte den Pliensauvorstädtern einen Strich durch die Rechnung. Nun soll das Fest Ende September nachgeholt werden. Auf einem Flyer steht allerdings ein Sternchen hinter dem Termin, und das Sternchen wird am Ende des Textes so erklärt: „Die Veranstaltung ,Stadtteilfest Pliensauvorstadt live’ kann nur stattfinden, wenn dies aufgrund der Corona-Beschränkungen von behördlicher Seite wieder gestattet ist.“ Klar. So läuft das Leben zurzeit. Auch auf der südlichen Seite des Neckars.

Wie es sich für einen guten Festakt gehört, wird es zum Stadtteilfest auch ein Vorspiel geben, das genauso heißt – eine Woche vor dem eigentlichen Fest auf dem Roten Platz. Pia Erbil vom Verein freut sich: „Wir konnten unglaublich gute Künstler engagieren!“ Werner Dannemann soll kommen, heißt es. Eine Woche später spielen, wenn die Pandemie es denn zulässt, Groove Inclusion, Broken Zebra und die Roman Spilek Band. Es dürfte also recht auf- und anregend werden.

Weil das Stadtteilfest schon im Mai hätte stattfinden sollen, und der Verein nicht einfach nur die Hände in den Schoß legen wollte, fand er einen für die Zeit des Lockdowns angemessenen Ersatz. „Musik über den Dächern der Pliensauvorstadt“ hieß das Konzert auf einem Parkdeck. Im Hintergrund erhoben sich die die Flüwo-Hochhäuser als Kulisse. Gemeinsam mit der Flüwo-Stiftung und der Nebenan.de-Stiftung zauberten die Live-Leute Stimmung ins Quartier, in dem die sozialen Kontakte komplett heruntergedimmt waren. Zwei Trommlerinnen von Ticotico stimmten mit afrikanischem Groove auf die Stuttgarter Songwriterin und Sängerin Linda Wirth ein, die, so schwärmen Limberger und Erbil heute noch, „über den Dächern ein Konzert der Extraklasse“ gab. Weitere Konzerte in dieser stillen Zeit gaben die Künstler „Timme und Joe“ – vor Bewohnern eines Seniorenheims und der Lebenshilfe. „Wir sind immer noch total geflashed und die Freude bei Klient*innen, Mitarbeiter*innen und der Nachbarschaft wird noch lange anhalten“, heißt es in einem Kommentar auf der Facebookseite der Lebenshilfe Esslingen.

Dafür, dass es den Verein noch nicht lange gibt, nämlich erst seit November 2019, entwickelt er schon reichlich Strahlkraft. So erzählt Limberger von einer Kunstausstellung, die es im Dezember unter dem Motto „Träume“ geben soll.

„Wir sind voller Tatendrang“, erklärt Limberger. „Was wir tun, verbindet“, sagt Erbil. „Wir bringen die Leute runter vom Sofa.“ Und wie die beiden so von ihren Projekten reden, ist immer wieder von „Lesung“, „Theaterstück“ und „Musik“ die Rede. „Wir wollen die Entwicklung im Stadtteil kulturell begleiten“, formuliert Limberger den Anspruch des Vereins. „Die Menschen sollen sich wohl fühlen, eine Identität in diesem Stadtteil gewinnen“, ergänzt Erbil.

Eine eigene Identität braucht Symbole, auch damit kann die Pliensauvorstadt aufwarten. Zum Stadtteil wurde ein eigenes Bier gebraut – „Pliens - das Vorstadtbier“. Wegen der Corona-Pandemie kam es nicht zum Ausschank. Also hat der Verein den gesamten Bestand in 1-Liter-Bügelflaschen abfüllen und ein Etikett gestalten lassen und für einen guten Zweck verkauft. Eine Flasche kostete acht Euro. Zu viel? Jedenfalls waren die Flaschen sehr schnell unter die Leute gebracht.