Die 17-jährige Anna Seidel ist der Star im deutschen Team. Foto: dpa

Medaillen ja, aber nicht um jeden Preis: Bei den Olympischen Jugend-Winterspielen wollen die 44 deutschen Nachwuchsathleten erfolgreich sein. Aber letztlich ist Lillehammer nicht mehr als eine Durchgangsstation.

Lillehammer - Anna Seidel ist der Star im deutschen Team. Die 17-Jährige startete 2014 in Sotschi bei den Olympischen Spielen, schaffte in diesem Winter als Zweite und Dritte im Weltcup die besten Ergebnisse in der Geschichte der deutschen Shorttrack-Damen. Trotzdem will sie unbedingt bei den Olympischen Winter-Jugendspielen in Norwegen dabei sein. Das sagt einiges über die Anziehungskraft dieser „jugendlichen Variante“ der Spiele aus. Klein-Olympia findet nach Singapur (Sommer/2010), Innsbruck (Winter/2012) und Nanjing (Sommer/2014) jetzt erst zum vierten Mal statt.

Lillehammer ist ein beschaulicher Ort, der in der olympischen Geschichte einen besonderen Platz hat. Noch heute schwärmt zum Beispiel Markus Wasmeier, der dort 1994 dank seiner zwei Goldmedaillen zum Sporthelden wurde, vom Flair der wohl schönsten Winterspiele, die es bisher gab. Genau wie das strahlende Winterwetter sei die norwegische Gastfreundschaft einmalig gewesen: „Ich habe mich heimisch gefühlt.“

In heutigen Zeiten des olympischen Gigantismus wäre die 27 000-Einwohner-Stadt zu klein für Winterspiele. Also wurde auf die angedachte neuerliche Bewerbung verzichtet, stattdessen gibt es nun die Jugendspiele als Trostpflaster. Sie beginnen an diesem Freitag auf den Tag genau 22 Jahre nach dem Auftakt der legendären Winterspiele von 1994. Lillehammer ist zweifellos ein guter Platz für den Treff der rund 1100 Talente zwischen 14 und 18 Jahren. „Es ist für die jungen Athleten etwas Besonderes, in einer solch traditionellen Umgebung zu starten“, sagt Dirk Schimmelpfennig, deutscher Chef de Mission. Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen gibt es kein Medaillenziel für das junge deutsche Team. „Lillehammer ist eine Zwischenetappe. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass Olympische Jugendspiele der Höhepunkt einer Laufbahn sind. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln und die Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Wir würden uns freuen, wenn wir einige der Athleten in zwei Jahren bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang wiedersehen würden.“

Geschlechtsübergreifende Wettkämpfe mit Athleten aus unterschiedlichen Nationen

Genau nach dieser Idee hatte Jacques Rogge, Vorgänger von Thomas Bach als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die Jugendspiele einst als sein Vermächtnis konzipiert. Deshalb gibt es auch nicht nur traditionelle Wintersport-Disziplinen zu sehen, sondern auch innovative Formate. Monobob, geschlechtsübergreifende Wettbewerbe und Teamwettkämpfe teilweise mit Athleten aus unterschiedlichen Nationen in einer Mannschaft sollen zur Verständigung der Jugend aus aller Welt beitragen. Genau wie die beiden olympischen Jugenddörfer in Lillehammer und Hamar sowie das Kultur- und Bildungsprogramm („Learn & Share Activities“).

„Dieses Programm ist der große Unterschied zu den Olympischen Spielen“, sagt Saskia Langer. Sie war als Rodlerin bei den ersten Winter-Jungendspielen in Innsbruck und zeigte den Lillehammer-Teilnehmern im Vorfeld der Reise die Möglichkeiten dieses Programms auf: „Es geht um kulturellen Austausch und darum, seinen Horizont zu erweitern sowie den zwischenmenschlichen Kontakt in den Mittelpunkt zu rücken. Meine Aufgabe ist es, ein gutes Gleichgewicht zu schaffen zwischen Kultur und Sport.“ Am Ende wird sich der sportliche Ehrgeiz aber trotzdem bei den meisten durchsetzen – 2012 stand Deutschland mit achtmal Gold an der Spitze des Medaillenspiegels.

Einige der Champions von damals haben es inzwischen schon in die Weltspitze geschafft. Die dreimalige Jugend-Olympiasiegerin Franziska Preuß (21) holte bei der Biathlon-WM 2015 Gold und Silber. Skispringerin Katharina Althaus (19), die 2012 in Innsbruck zu Gold und Silber flog, wurde 2015 Mixed-Weltmeisterin mit den Olympiasiegern Severin Freund und Carina Vogt. Und Skispringer Andreas Wellinger holte als 16-Jähriger Gold mit dem Mixed-Team in Innsbruck, ehe er zwei Jahre später in Sotschi Olympiasieger mit der Mannschaft wurde. Es ist genau der Weg von den Jugendspielen zu den ganz großen Triumphen, den nun auch Anna Seidel gehen will.