Auch die Acher, hier bei Kappelrodeck im Ortenaukreis, ist über die Ufer getreten. Foto: dpa Foto:  

Durch das Zusammentreffen von Regen und Schneeschmelze sind die Flüsse im Land gestiegen. Vor allem überflutete Straßen forderten die Rettungskräfte. Inzwischen gehen die Pegel wieder zurück. Und die Landwirte freuen sich.

Stuttgart - In einigen Orten im Südwesten kam der Schrecken für Hausbesitzer und Autofahrer in der Nacht zum Montag. Ein Teilstück der A 8 wurde überschwemmt, Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) hatte ein Hochwasser zu überstehen, wie es alle zehn Jahre vorkommt, in Schramberg (Kreis Rottweil) kam es zu Erdrutschen. Meteorologen sagen, die Gefahr sei nun gebannt.

Die Lage

Viel Schnee auf den Äckern, und dann plötzlich Tauwetter und Regen: Diese Mischung hat ab Sonntagabend prekäre Situationen heraufbeschworen. Auf der Autobahn A 8 bei Gruibingen (Kreis Göppingen) stand das Wasser bis zu zehn Zentimeter hoch auf dem Asphalt. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) rückten aus. Sandsäcke und Hilfsgräben brauchte es auch in Uhingen und an der Ortsdurchfahrt von Bad Überkingen-Hausen, außerdem auf der B 466 bei Bad Ditzenbach (Kreis Göppingen). In Heidelberg wurde die B 37 unter der Alten Brücke wegen Hochwasser gesperrt. Dort, ebenso wie in Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis) wurden Autos abgeschleppt, die im Neckar unterzugehen drohten. Eine Hochwasserwelle überraschte auch Gaggenau (Kreis Rastatt), wo die Murg stark anstieg. Ein Riesenschreck dann am Montagmorgen in Schramberg (Kreis Rottweil): Drei aufeinander folgende Erdrutsche verschütteten den Parklatz eines Einkaufsmarkts, ein Gebäude droht einzustürzen. Die Feuerwehr versucht seither, den Hang zu stabilisieren.

Die Aussichten

Die Spitze der Hochwasserwelle ist jedoch gebrochen, sagt Werner Schulz, Wissenschaftler an der Hochwasser-Vorhersage-Zentrale Baden-Württemberg (HVZ) mit Sitz in Karlsruhe. Neckar, Rems, Murr, Jagst und Tauber – das seien die am stärksten von den Wassermassen betroffenen Flüsse gewesen. Doch „das Schlimmste ist vorbei“, so Schulz. Pegelstände wie zum Wochenstart würden „alle zwei Jahre“ während der Winter- und Frühjahrsmonate auftreten. „Die meisten Flusspegel fangen das Fallen an oder sind schon am Fallen.“ Der meiste Schnee ist geschmolzen, die flächendeckenden, starken Niederschläge haben aufgehört. So dürfte es erst einmal bleiben. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) lässt sich vor allem in Baden-Württemberg von diesem Dienstag an wieder vermehrt die Sonne blicken. Auch der Mittwoch verspricht milder und trocken zu werden.

Das Frühjahr

Niemand kann sagen, ob es im Verlauf dieses Winters oder Frühjahrs nicht doch noch einmal zu einer größeren Hochwasserkrise kommt. In den Alpen und auf den Schwarzwaldhöhen kam der Regen des Wochenendes weiterhin als Schnee herab. Auf den Bergen liegen die weißen Massen teilweise meterhoch. So etwas habe grundsätzlich immer das Potenzial für Hochwasser, heißt es beim Deutschen Wetterdienst. „Ich gehe davon aus, dass es in den Bergen noch hält, sagt Schulz vom HWZ.

Der Rückblick

Noch vor sieben Wochen hatte die Wetterkrise ein ganz anders, zugleich ernsteres Gesicht. Nach langer Trockenzeit waren die Flusspegel bedrohlich gesunken. Auf dem Rhein etwa konnten die Schiffe nicht mehr mit voller Ladung fahren. Die Benzinpreise stiegen an Tankstellen sprunghaft– angeblich, weil Schiffe nicht mehr ausreichend mit Diesel und Benzin beladen werden konnten. Im Ellwanger Stausee Rötlen verendeten die Fische. Kernkraftwerke, die auf Flusskühlung angewiesen sind, fuhren ihre Leistung zurück. Biologen warnten, wenn bis zum Frühjahr nicht die Grundwasserspiegel wieder Normalniveau erreichten, drohe ein Baum- und Pflanzensterben ungeahnten Ausmaßes. Das Landwirtschaftsministerium hatte im November bereits eine durch die lange Dürre begünstigte starke Vermehrung des Borkenkäfers publik gemacht.

Die Landwirtschaft

Für die meisten Landwirte in Baden-Württemberg ist das zurückliegende kurze Hochwasser lediglich Teil einer insgesamt erfreulichen Lage gewesen. „Ich glaube, dass sich flächendeckend gefreut wird“, sagt die Sprecherin des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV). Noch frisch sind die Erinnerungen an die Frostkatastrophe im Frühjahr 2017, die zu enormen Ernteausfällen bei Äpfeln und Steinobst führte. Die wieder guten Ernten im vergangenen Sommer hatten die Bilanzen vieler Anbaubetriebe freundlicher aussehen lassen. Es sei dann nach der sehr trockenen zweiten Jahreshälfte 2018 wichtig gewesen, so die LBV-Sprecherin, „dass alles wieder aufgeladen wird“. Das sieht der Karlsruher Wissenschaftler Schulz ganz ähnlich. Ein ausreichend mit Wasser gefüllter Boden vermindere die Risiken kommender überheißer Tage: „Sollte wieder eine Trockenperiode kommen, ist man besser gewappnet.“