Mit Teleskoparmen erreichen die „Eisbären“ am Stuttgarter Flughafen alle Stellen am Flugzeug. Foto: FSG Stuttgart/Peter Nowak

Wenn Flugzeuge im Winter vereisen, ist das gefährlich. Deshalb sind am Stuttgarter Flughafen neun „Eisbären“ im Einsatz. Die modernen Maschinen sprühen Enteisungsmittel auf die Flugzeuge.

Eiskratzen gehört in der kalten Jahreszeit für viele Autofahrer zum Alltag. Auch Flugzeuge dürfen nicht abheben, wenn sie an frostigen Tagen vereist sind. Damit der Flugbetrieb dennoch reibungslos abgewickelt werden kann, kommen an Tagen mit Minustemperaturen am Stuttgarter Flughafen die sogenannten Eisbären zum Einsatz. Das sind Sonderfahrzeuge mit Teleskoparmen, mit denen das Enteisungsmittel versprüht wird. Denn Schnee und Eis beeinträchtigen die Aerodynamik der Maschinen. Im schlimmsten Fall könnten sie sogar abstürzen.

 

In den Spitzenzeiten am frühen Morgen, wenn viele Flieger starten, bildet sich an den vier Enteisungspositionen des Stuttgarter Flughafens manchmal eine kleine Warteschlange. „Ausfälle wegen vereister Flugzeuge hatten wir noch nie“, sagt Peter Nowak, der sich bei der Stuttgart Ground Handling AG um die Enteisung der Flugzeuge kümmert. Die rund 50 Mitarbeiter, die Nowak für die Enteisung intensiv aus- und weiterbildet, sind an solchen Tagen schwer gefordert.

Beim Enteisen werden bestimmte Teile des Flugzeugs mit einem biologisch abbaubaren Heißwasser-Glykol-Gemisch abgesprüht. Dabei sind die Konzentrationen je nach Grad der Vereisung unterschiedlich. Damit die Mitarbeitenden die Enteisungsmittel unterscheiden können, sind sie in Stuttgart orange und grün eingefärbt. Was nach der heißen Dusche vom Rumpf oder von den Flügeln abtropft, wird in den Rückhaltebecken des Flughafens behandelt.

Mit den sogenannten Eisbären – das sind Sonderfahrzeuge mit ausfahrbaren Körben und Düsen, die alle Flugzeugteile erreichen – geht die Enteisung relativ schnell. Drei der insgesamt neun Fahrzeuge, die am Stuttgarter Flughafen zum Einsatz kommen, sind hybrid betrieben. „Das trägt zu unserem Umweltziel bei, in möglichst allen Bereichen auf umweltfreundliche Antriebe zu setzen“, sagt Nowak. Da ist der Stuttgarter Flughafen bundesweit Vorreiter.

Piloten entscheiden über Enteisung am Flughafen Stuttgart

Die „Eisbären“ sichern auch bei frostigen Temperaturen den Flughafenbetrieb. Foto: FSG/Peter Nowak

Wie läuft die Enteisung ab? „Die Kapitäne inspizieren die Flugzeuge und teilen uns dann mit, welche Bereiche enteist werden müssen“, sagt Nowak. Das könne man sich so vorstellen wie beim Friseur, sagt der Experte von der SAG lachend. „Man spricht darüber, welche Frisur man haben will.“

Deshalb werden nicht immer alle Flugzeugteile behandelt. Manche Piloten aber gehen auf Nummer sicher und tun lieber etwas mehr. „Wir richten uns nach den Wünschen der Piloten.“ Vereiste Flugzeugteile können beim Start und in der Luft zur Gefahr werden. Dass Zusammenspiel mit den Piloten klappt nach den Worten von Nowak gut. Sie müssten jedes Detail am Flugzeug kontrollieren. Denn bei Flügen in großer Höhe kann sich schnell Eis ablagern.

Glykol-Gemisch – wie es entsorgt wird am Flughafen Stuttgart

Die umweltfreundliche Entsorgung des Glykol-Gemischs ist ein großes Thema für den Abfallwirtschaftsbetrieb des Stuttgarter Flughafens. Darum kümmert sich Viviane Renon. Die chemische Ingenieurin hat ihren Abschluss im französischen Rennes gemacht – Thema war die Entsorgung von Enteisungsmitteln. „Wir suchen nach möglichst umweltfreundlichen Wegen“, sagt die Französin.

Mit einer schwedischen Firma probiert die Stuttgarter Flughafengesellschaft derzeit eine Lösung aus, die über die bloße Entsorgung hinausgeht. In den Wasserkreislauf gerät nach Renons Worten nichts. Die Positionen für die Enteisung haben spezielle Abflüsse, sodass die Schadstoffe gleich getrennt werden.

„Wir destillieren aus den abgeflossenen Enteisungsmitteln eine Glykolmischung mit einer Konzentration von ungefähr 50 Prozent.“ Die kann der Flughafen verkaufen. Bisher werden die Reste an Kläranlagen in der Region geliefert, die sie als externe Kohlenstoffquelle nutzen. Dazu gehören die Anlagen in Waldenbuch, Schönaich, Leinfelden, Möhringen oder Filderstadt.

„Nicht alle Kläranlagen sind auch an Konzentrat interessiert, das hängt vom jeweiligen Bedarf ab“, erläutert Viviane Renon. Die Kläranlagen nutzen das Glykol-Konzentrat als externe Kohlenstoffquelle bei der Behandlung ihrer Abwässer.