Am Möhringer Bahnhof ist die Treppe zur Unterführung auch am Donnerstag nur etwas für Wagemutige. Foto: weih

Ungewöhnlich weiß sind die Straßen, Wege und Treppen auch noch am Donnerstag in Stuttgart an vielen Ecken gewesen. Im Westen ist eine Straße zur Schlittenpiste geworden. Und auf der Vogelsangstraße wurden am Vorabend Langläufer gesichtet. Doch warum dauert die Räumung eigentlich so lang?

Stuttgart - Auf der Scheffelstraße im Stuttgarter Westen sind am Mittwoch und Donnerstag jede Menge Raser gesichtet worden – auf ungewöhnlichen Gefährten sausten sie an zugeschneiten, parkenden Autos vorbei. Kinder haben auf Plastikschlitten die Straße in Beschlag genommen. „Das ist der optimale Schlittenberg“, konstatierte einer der Rodler. Der Neunjährige ist froh, dass das Räumfahrzeug einen Bogen um die Scheffelstraße gemacht hat. Und offensichtlich auch anderswo. Nicht nur in Möhringen, wo ein Räumfahrzeug am Mittwoch in den Graben gerutscht war, blieben auffällig viele Straßen weiß, sondern im gesamten Stadtgebiet. Sogar relativ vielbefahrende Straßen, wie zum Beispiel die Sonnenbergstraße, waren auch noch am Donnerstagmorgen mit Schnee bedeckt.

Langläufer haben am Mittwochabend die Gunst der Stunde genutzt: Die verschneiten Straßen im Westen wurden für sie zur Loipe. Im sozialen Netzwerk Facebook wurde ein Bild von Langläufern mitten auf der Vogelsangstraße geteilt. Auch auf der Gutbrodstraße und auf der Vorsteigstraße wurden Langläufer gesichtet.

Corona ist diesmal nicht schuld

Doch warum hat die Straßenräumung bei diesem Winter eigentlich derart lange gedauert? Eines vorneweg: Am Coronavirus hat es diesmal nicht gelegen. „Es gibt keinen erhöhten Krankenstand im Fahrerbereich und auch keinen akuten Coronafall“, antwortet die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) auf Anfrage. Diesbezüglich habe sich die Situation wieder entspannt. 76 Fahrer arbeiten bei Bedarf im Drei-Schicht-Betrieb.

Woran hat es dann gelegen? „Es war zu kalt fürs Salz“, heißt es bei der AWS. „Bei diesen Temperaturen wirkt das Auftausalz nur bedingt.“ Ein „Schwarzräumen“ sei nicht möglich – die Straßen waren also nicht mehr komplett vom Schnee zu befreien gewesen. Einige Wetterereignisse seien „nur schwer beherrschbar“, wird die Situation erklärt. Das war offenkundig am Mittwoch der Fall, als es von 4 Uhr in der früh bis 20 Uhr anhaltend geschneit hat, bei Minus sechs Grad. Den letzten gleichartigen Winterdiensteinsatz habe es im Winter 2010/2011 gegeben, also vor zehn Jahren.

Es lagert genügend Salz in den Depots

Alle zur Verfügung stehenden Fahrzeuge seien im Einsatz gewesen, so die AWS: 20 Lkw, sechs Unimog sowie zehn Schmalspurfahrzeuge. Dabei seien Mittwoch und Donnerstag 232 Tonnen Salz und 35 Tonnen Sole verbraucht worden. „Es ist ausreichend Salz vorhanden“, meldet die Stadt aus den Depots. An sechs verschiedenen Standorten lagerten 150 Tonnen Sole und 3000 Tonnen Streusalz.

So schön die erschwerte Räumungssituation für viele Stuttgarter gewesen ist, die den Anblick der gezuckerten Landeshauptstadt zu genießen wussten: Leser meldeten auch Gefahrenquellen, weil zum Beispiel die Stufen von Staffeln nicht vom Schnee befreit waren. Zum überwiegenden Teil, so die AWS, seien Anlieger hier in der Verantwortung. Auch am Charlottenplatz seien die Treppen nicht geräumt gewesen, berichtete ein Leser, so dass Fahrgäste sich an den Handläufen nach unten gehangelt hätten.

Ähnlich sah es am Möhringer Bahnhof aus, wo die Treppe der Unterführung nur mit Schuhen mit sehr gutem Profil zu meistern gewesen sei. Die Stuttgarter Straßenbahnen verweisen in den genannten Fällen Charlottenplatz und Möhringen Bahnhof auf die Stadt, sie seien für die genannten Treppen nicht zuständig. „Dort, wo wir zuständig sind, haben wir Unternehmen mit der Räumung beauftragt“, so eine Sprecherin der SSB.