Für den Skiurlaub wird besonders viel Gepäck benötigt. Foto: Michael Luz

Ferien mit der ganzen Familie sind eine logistische Herausforderung. Das gilt vor allem für den Winterurlaub, wenn es zum Skifahren geht.

Seit Tagen laufen parallel diverse Suchaktionen. Wo sind die Schneeketten hingekommen? Warum ist das Skiwachs nicht an dem Platz, wo es doch immer war? Und weiß vielleicht irgendwer in dieser Familie, wo diese pinkfarbenen Isomatten-Fragmente lagern, die sich als superleichte Sitzpolster perfekt fürs Picknick im Schnee eignen? Niemand weiß es. Wäre ja auch zu schön gewesen. Und wo sind die Strapse? 'Die dürfen wir auf gar keinen Fall vergessen', erinnert die Mutter und meint damit nicht etwa die Befestigungen für Unterwäsche, sondern elastische Spanngurte zum Sichern von Gepäck.

Beim Skifahren wird viel Gepäck benötigt

Der Winterurlaub gleicht einer Materialschlacht. Ungeheure Mengen an Gepäck türmen sich im Hof neben der Familienlimousine: zwei Schlitten, zig Paar Ski und Stöcke, kolossartige Skischuhe, kniehohe Gamaschen und schwere Bergstiefel für Wandertouren, Taschen voller wattierter Klamotten, Handschuhe, Schals, Sportsalben, Sonnen- und Skibrillen. Und natürlich Helme statt der früher leicht zu verstauenden Pudelmützen. Darüber hinaus Vitamintabletten und Schmerzgel, dicke Socken, Fotoapparate, Lippenbalsam sowie ein Heizkissen. Dazu kommen ohne weiteres noch mehrere Hundert ultimative Ausrüstungsgegenstände für Eis und Schnee. Man könnte meinen, eine Expedition zum Nanga Parbat stünde an, dabei geht es nur eine Woche in die Schweiz. Der ganze Kram muss ins Auto und in die Dachgepäckbox. Dann gilt es, die kostbare Fracht mehrere Hundert Kilometer über die Autobahn zu transportieren, hoffentlich bei trockenem Wetter ohne Glatteis und Schneematsch.

Denn der Schnee (Petrus, bitte aufmerken!) gehört auf die Pisten und nicht auf die Asphaltbänder. Zum Glück beginnt der wilde Flockentanz erst auf den letzten fünf Kilometern. Dann steht das Auto endlich im Parkhaus und darf sich zehn Tage ausruhen. Vorher aber müssen die Gepäckberge ausgeladen und mit der Luftseilbahn in schwindelnde Höhe geschafft werden. Die Winterreise in den Schnee führt nämlich Jahr für Jahr auf eine autofreie Alp im Schweizer Kanton Wallis. Wer das Stichwort 'autofrei' ernst nimmt, wird sich logischerweise niemals mit dieselstinkenden Schneemobilen von der Bergstation der Seilbahn zum Chalet transportieren lassen. Das ist für Weicheier. Richtige Bergfexe machen es wie die Sherpas im Himalaja. Man nehme Rucksäcke statt Koffer, dazu zwei Schlitten, nämlich eine quietschrote Plastikwanne, in die eine spezielle große Reisetasche exakt hineinpasst, sowie einen traditionellen Davoser Holzschlitten, auf dem die Ski, Stöcke und restliches Kleingepäck mit Gepäckspannern festgezurrt werden. Dann keucht man auf 2000 Meter Seehöhe wie ein schwer beladenes Maultier zu Fuß die letzten 500 Meter zum Haus. Der Nanga Parbat ist bezwungen. Nur der Atem fliegt im Höhenrausch.

Die Aufgaben eines Skilehrers

Am nächsten Morgen beginnt der Ferienalltag im Schnee. Die Kinder müssen in die Skischule und kommen in die Obhut einheimischer Skilehrer. Denn stets zu Saisonauftakt, wenn die Alpen sich endlich in eine weiße Decke mummeln, werden aus Bauern und Bauarbeitern kühne Helden am Hang. Der Skilehrer hat es indessen nicht leicht. Er muss möglichst viele Fremdsprachen sprechen, um der Kundschaft gerecht zu werden. Zumindest muss er vorgeben, polyglott auf der Piste zu sein und sich einen Grundwortschatz, etwa auf Russisch, in Sachen Schneepädagogik zulegen. Montag früh ist Kursbeginn. Der Toni, Sepp oder Urs fährt vor, der Kurs hinterher. Bis einer die Bretter verkeilt oder im Tiefschnee landet. Der Skilehrer muss sich aber das Lachen verbeißen, denn er hat von Berufs wegen charmant zu sein, einmal wegen potenzieller Trinkgelder und zum anderen der weiblichen Kundschaft halber. Das Skihaserl ist nämlich das liebste Kuscheltier des Skilehrers.

Es gibt auch weibliche Skilehrer. Sie werden Skilehrerinnen genannt. Die Heidis und Sylvias sind meist für die kleineren Kinder zuständig. Das klingt leichter, als es ist. Morgens um zehn vor einer Horde von Zwergen zu stehen, die erst einmal Rotz und Wasser heulen, wenn Mama und Papa weggehen, ist nicht jedermanns Sache. Wenn der Skilehrer Karriere macht, wird er Privatskilehrer und nebenher Psychologe. Er kümmert sich dann um Einzelschicksale im Schnee. Meistens sind das reiche Leute, die wenig Talent haben, aber hyperteure Sportausrüstung am Leib und unter den Füßen. Außer den Skilehrern sowie einheimischen Skifahrern, deren Waliser Dialekt so fremd wie Hintermongolisch klingt, ergeben sich notwendigerweise Kontakte zu örtlichen Geschäftsleuten wie Metzger oder Bäcker, die ein gemäßigtes Schwyzerdütsch sprechen, das sich sogar verstehen lässt. Weitere Sprachkenntnisse (wie etwa Skilehrer-Russisch) benötigt man als Feriengast nicht, denn in den Beizlis und Hütten servieren ausschließlich junge Menschen aus Sachsen oder Thüringen.

Wenn die Frühjahrssonne den Schnee dann verbrennt, ist der Skilehrer doch froh, wieder im Stall bei den Kühen zu stehen oder Gerüste zu montieren. Und der Urlauber stellt die Ski wieder in den Keller. Aber bis dahin fällt noch manche Flocke. Am Ende der Winterreise muss die gesamte Expeditionsausrüstung wieder ins Tal befördert werden, erst auf den beiden Schlitten, dann mit der Gondel und schließlich mit der Familienkarre. Auch auf der Heimfahrt ist das Wetter gut. Ski heil an alle, die noch letzte Schwünge im Firn ziehen - und bis zum nächsten Jahr!