Thomas Herrmann röstet Kaffee und bereitet ihn unterschiedlich zu – hier in der Karlsbader Kanne (rechts) und der Chemex. Thomas Herrmann Foto: Gottfried Stoppel/Gottfried Stoppel

Sonja und Thomas Herrmann betreiben eine kleine Rösterei in Winnenden. Ihre rund 20 ausgewählten Kaffeesorten, deren Bohnen rund um den Globus wachsen, haben sie allesamt nach Hunderassen benannt.

Winnenden - Besucher lässt Thomas Herrmann gerne erst mal schnuppern. Zum Beispiel an Kostproben grüner Kaffeebohnen, die aus Yirgacheffe, Uraga und Sidama in Äthiopien stammen oder von der indischen Plantage Kalledevarapura nach Winnenden gereist sind. Die ungerösteten Bohnen duften mal nach Pfirsichen, Jasmin und Bergamotte, mal erinnert ihr Geruch an Nougat, Sahne und Schokolade. „Ein Kaffee kann nach Maracuja schmecken“, sagt Thomas Herrmann, der mit fruchtig-frischen Sorten für Abwechslung in deutschen Kaffeetassen sorgen will. Wobei er sich bewusst ist, dass die Geschmacksknospen vieler Mitmenschen daran erst gewöhnt werden müssen.

„Die Deutschen sind Weltmeister im Kaffeetrinken, aber geschmacklich gibt’s da noch was zu tun“, sagt der 55-jährige gebürtige Hamburger, der vor fast genau drei Jahren mit seiner Frau Sonja in Hertmannsweiler die Rösterei „Von Herrmanns“ eröffnet hat. Das Kaffeerösten war zuvor ein nettes Hobby für Thomas Herrmann gewesen, der damals in der Verlagsbranche tätig war. Im Jahr 2015 reiste er nach Wien und absolvierte einen Kurs, der ihn zum Kaffee-Sommelier machte. Dabei hat er alles gelernt, was es rund um den Kaffeeanbau, die unterschiedlichen Bohnen, ihren Geschmack und das Röstverfahren sowie die vielfältigen Zubereitungsweisen zu wissen gibt.

Zehn Tonnen pro Jahr

Dieses geballte Wissen, gepaart mit der Lust am Ausprobieren und Tüfteln, kommt nun den Kaffeebohnen und letzten Endes auch ihren Konsumenten zugute. Rund zehn Tonnen Bohnen rösten die Herrmanns mittlerweile pro Jahr, die Rohware kommt überwiegend von kleinen Farmen in Afrika und Südamerika, aber auch aus Indien. Mit dem Kaffee sei es ein bisschen wie mit dem Wein, erklärt Thomas Herrmann: jedes der etwa 60 Länder, in denen Kaffee wachse, bringe einen anderen hervor. Die südamerikanische Ware schmecke oft nussig-schokoladig, asiatische würzig-holzig und typisch für afrikanischen Kaffee sei der hohe Säureanteil, der einen fruchtigen Geschmack bringe.

Mit einer Espressomischung aus Bohnen aller drei Kontinente haben Sonja und Thomas Herrmann angefangen. „Eigentlich wollte ich die Kaffeesorten nach berühmten Köpfen benennen“, erzählt Thomas Herrmann. Im Rennen war beispielsweise Hans im Glück. Allerdings erwiesen sich die Frauenköpfe als schwierig, berichtet der Röster: „Die sanfte Susi kam bei meiner Frau nicht gut an.“ Was nun?

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Da die Herrmanns in Winnenden rösten, lag das städtische Maskottchen nahe. So kam es zum „Winnender Mops“-Kaffee mit Mandel- und Karamellaroma, dem weitere Hunderassen folgten. Inzwischen hat die Rösterei knapp 20 Kaffeesorten im Programm: Größen- und geschmackstechnisch ist vom „emsigen Beagle“, dessen Aroma an Pfirsiche, Schokolade und geröstete Haselnüsse erinnert, über den „treuen Münsterländer“, der nach Pflaume und Limone schmeckt, bis zur „kräftigen Dogge“, die an Nüsse und dunkle Beeren erinnert, alles geboten. „Wir kaufen Kaffee nach Geschmack ein“, sagt Thomas Herrmann, der sich wie seine Frau vor Verkostungen zwecks Ankauf neuer Sorten schon mal eine vierwöchige Kaffeepause auferlegt, um die Geschmacksknospen zu sensibilisieren. Ohnehin landet bei Herrmanns auch häufig Tee in der Tasse, denn: „Kaffee ist ein Genussmittel.“

Die Suche nach der optimalen Röstzeit

Haben sich Sonja und Thomas Herrmann für eine neue Sorte entschieden, so gilt es nach Eintreffen der Lieferung, für diese grünen Bohnen die optimale Röstzeit und -temperatur herauszufinden. „Ab 150 Grad verändert sich die Farbe der Bohne“, erklärt Thomas Herrmann. Ein wichtiger Zeitpunkt ist der „First crack“, an dem die Bohne aufplatzt, danach entwickelt sich das Aroma. Thomas Herrmann entnimmt während des Röstvorgangs immer wieder Proben, kostet sie und entscheidet, wie lange die Bohnen erhitzt werden. Generell gewährt er diesen mehr Zeit, als das industrielle Röstereien tun. Beim schonenden Röstprozess, der zwischen 14 und fast 20 Minuten dauert, wird ein Teil der mehr als 100 Säurearten im Kaffee abgebaut.

Ein und dieselbe geröstete Bohne kann je nach Raumtemperatur, Härtegrad des Wassers und Zubereitungsform ganz unterschiedlichen Kaffee liefern. Die große Bandbreite wollen die Herrmanns in Zukunft in einem Café in Schorndorf zeigen. Bis es so weit ist, geht im März im Nebenraum der Rösterei eine Backstube in Betrieb. Dort kredenzt Thomas Herrmann Süßes aus dem Rezeptbuch seiner Vorfahren, einer Konditorensippe – vom Dresdner Christstollen bis zur Schoko-Mandarinentorte.