Nach den Haushaltsreden der Fraktionen hat der Gemeinderat den Haushalt 2019 verabschiedet. Foto: Pascal Thiel

Doppik statt Kameralsitik – daran müssen sich alle zuerst einmal gewöhnen. Auch daran, dass der Haushalt einer Stadt mittlerweile mehr als 800 Seiten umfasst. Das wird sich auch nicht ändern, wenn wie in Winnenden solche Unterlagen nicht mehr auf Papier, sondern elektronisch verschickt werden.

Winnenden - Der römische Staatsmann Cato der Ältere galt nicht nur als eingefleischter Gegner Karthagos, sondern auch als brillanter Redner. Jede seiner Ansprachen pflegte er mit den Worten „ceterum censeo carthaginem esse delendam“ zu beginnen – „im Übrigen bemerke ich, dass Karthago zerstört werden muss“. Dieses Ceterum censeo wurde über die Jahrhunderte zum geflügelten Wort, weshalb nicht nur in „Asterix und die Lorbeeren des Cäsar“ rhetorisch geschulte Anwälte ihre Plädoyers mit dem Cato-Zitat beginnen wollen. Der ALI-Stadtrat Christoph Mohr hat es zwar in seiner Haushaltsrede – noch – nicht benutzt, aber was nicht ist, kann im kommenden Jahr durchaus noch werden.

Doppik überzeugt noch nicht alle

Denn wie schon Ende 2017, als der erste Haushaltsentwurf der Stadt Winnenden in Doppik beschlossen wurde, nutzte er auch dieses Jahr die Gelegenheit, mit diesem neuen öffentlichen Rechnungssystem abzurechnen. Ein Mehr an Transparenz in dem Zahlenwerk, über das abzustimmen das Königsrecht eines Gemeinderats ist, könne er nämlich nicht erkennen, sagte der Fraktionssprecher. Im Gegenteil: „Sind wir vom Sinn der Doppik überzeugt?“, stellte Mohr eine rhetorische Frage, die er selbst kategorisch beantwortete: „Nein!“

Weniger harsch, aber mit genauen Gewichtsangaben rückte der Sprecher der Freien Wähler dem Haushaltsplan 2019 zu Leibe. „Die Seitenzahl hat um 274 Seiten auf 835 Seiten zugenommen und an Gewicht hat sich dieses Werk, gegenüber seinem Vorgänger, um rund 400 Gramm auf 1,84 Kilogramm gesteigert“, berichtete Hans Ilg von seiner Untersuchung des an einen Versandhauskatalog erinnernden Schriftwerks. „Mal sehen, wann wir die Zwei-Kilo-Marke reißen.“ Ein Vorteil des Haushalts, der übrigens einstimmig abgesegnet wurde, sei jedoch, dass er von sprudelnden Einnahmen künde.

Angesichts der Papierflut, die den Stadträten übers Jahr als Sitzungsunterlagen ins Haus sprudelt, forderte Ilg am Ende der Gemeinderatssitzung, wie bereits mehrmals, in Zukunft doch bitte papierlos zu arbeiten. Damit würde man mit gutem Beispiel vorangehen, was die Schonung von Ressourcen angehe. Mit Erfolg: im kommenden Jahr soll der Gemeinderat mit modernen Tablets ausgerüstet und die Unterlagen elektronisch verschickt werden.

Sozialer Wohnungsbau beschäftigt alle

Außer dem Umfang und der Verständlichkeit des neuen Haushalts gab es natürlich auch inhaltlich allerhand, was die einzelnen Fraktionssprecher kommentierten. Ein Thema lag allen am Herzen: günstiger Wohnraum. Wo sich die Geister bei diesem Thema wiederum schieden, war der Bau von Sozialwohnungen in der Robert-Boehringer-Straße, wo die Stadt selbst als Bauherrin auftritt.

„Wohnungen bei privaten Bauträgern zu kaufen, wäre viel günstiger“, sagte die FDP-Sprecherin Nicole Steiger angesichts eines Quadratmeterpreises von rund 5000 Euro. Uwe Voral (SPD) gab zu bedenken, dass auf dem kleinen Grundstück aber bisher kein Bauträger habe bauen wollen. „Wir stimmen zu, weil wir Sozialwohnungen brauchen“, sagte der CDU-Stadtrat Thomas Traub, obwohl auch in dessen Fraktion darüber nicht unbedingt Begeisterung herrscht. Die Pläne wurden wenig später mehrheitlich gegen die Stimmen der FDP und der Freien Wähler genehmigt.