Nachdem die Unterkünfte vor einem Jahr nicht mehr ausreichten, belegte der Kreis Sporthallen wie hier in Backnang. Foto: Gottfried Stoppel

Während weitere Flüchtlinge im Rems-Murr-Kreis ankommen, machen sich die Verwaltungen Großer Kreisstädte bereits Gedanken, wie die Menschen danach untergebracht werden sollen. Dies fällt unter die Regie und die Finanzen der Kommunen.

Winnenden - Seine Berechnungen hat der Oberbürgermeister bereits in seiner Rede vorgestellt, mit der Hartmut Holzwarth den Haushaltsentwurf 2016 im November im Winnender Gemeinderat einbrachte. Er lenkte die Aufmerksamkeit des Gremiums auf den Umstand, dass nach Ende der Erstunterbringung von Flüchtlingen deren Unterbringung eine kommunale Aufgabe wird. Zwar ist im kommenden Jahr noch nicht mit einer sehr großen Zahl zu rechnen, doch spätestens im Folgejahr wird diese anziehen. Denn nach Ende des Asylverfahrens, aber spätestens nach 24 Monaten kommen die Flüchtlinge laut Gesetz in die Anschlussunterbringung. Auch hier gilt ein landesweiter Verteilerschlüssel, der sich nach der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune richtet. In Winnenden, aber auch in Backnang und Schorndorf überlegen die Verwaltungen bereits, wie sie diese Frage lösen können.

Winnenden rechnet mit 170 bis 300 Personen jährlich

„Landesweit wird es eine Quote der in der Anschlussunterbringung ankommenden Menschen von zwischen 0,6 Prozent und 1,1 Prozent geben“, so Holzwarth. „Für unsere Stadt mit nahezu 28 000 Einwohnern ergäbe sich daraus ein errechenbarer Korridor zwischen 170 und 300 Asylbewerbern jährlich.“ In Winnenden sind so bereits 35 junge Männer untergebracht. „Und wir sind dabei, weiteren Wohnraum zu mieten oder zu kaufen. Wir können alleinstehende Männer und Familien ja nicht zusammen einquartieren.“

Anerkannte Asylbewerber haben nach geltender Rechtslage unter gewissen Voraussetzungen das Recht, nach kurzer Zeit Familienangehörige nachzuholen. Auch diesen Familienzuzug hat Holzwarth nicht außer Acht gelassen. Das mit einberechnet, würde bedeuten, dass sich die Zahl der Personen, die von den Kommunen untergebracht werden müssen, sich verdreifachen oder sogar vervierfachen würde. „Sofern 50 Prozent der Asylbewerber anerkannt werden, würde sich die Zahl der unterzubringenden Personen um nochmals 340 beziehungsweise 600 erhöhen. Das heißt, wir sprechen von 500 bis 900 Personen, die wir pro Jahr unterbringen müssen“, mahnt der Winnender Oberbürgermeister.

Bauen, kaufen oder mieten?

Die Frage ist, in welchen Wohnungen die Unterbringung stattfinden soll. „Schon ohne die Flüchtlingszugänge geht man davon aus, dass es in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren einen Bedarf für 40 000 zusätzlichen Wohnungen pro Jahr gibt. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass jährlich rund 30 000 Wohnungen für die anerkannten Asylbewerber und deren nachgezogenen Familien erforderlich werden“, so Holzwarth weiter. Zusätzliche Kapazitäten müssen geschaffen werden. Andererseits sei nicht gesagt, dass die Menschen, die in die Anschlussunterbringung kommen, auch vor Ort dauerhaft sesshaft werden. Zudem müsse der Wohnungsbedarf der einheimischen Bevölkerung gedeckt werden. Daraus ergeben sich mehrere Fragen: bauen, kaufen oder mieten und vor allem, wie wird alles finanziert?

„Die Verwaltung überlegt deshalb derzeit, wie die Finanzierung der Anschlussunterbringung bewältigt werden kann, ohne den kommunalen Haushalt zu erdrosseln. Möglich wäre dies über die Form eines Eigenbetriebs.“ Dieser braucht jedoch eine finanzielle Ausstattung aus dem Säckel der Kommune. Im Winnender Gemeinderat wird das zum Teil kritisch gesehen. Dort will die Verwaltung dem Gemeinderat im Januar konkrete Vorstellungen eines solchen Eigenbetriebs vorstellen.

Zuschüsse für sozialen Wohnbau

„Allerdings gibt es Zuschüsse für den sozialen Wohnbau, und nichts anderes werden wir da machen. Erschwinglicher Wohnraum ist auch für einheimische Menschen wichtig, deren Einkommen niedrig sind“, so Holzwarth. Das gilt insbesondere im Großraum Stuttgart, wo Miet- und Immobilienpreise noch weit außerhalb der Landeshauptstadt auf deren Niveau sind.