Winfried Kretschmann (Grüne) und Susanne Eisenmann duellierten sich beim SWR (Archivbild). Foto: dpa/Marijan Murat

Warmer Kräutertee vs. kaltes Wasser: Beim einzigen TV-Duell zwischen Kretschmann und Eisenmann gehen sich die Kandidaten zwar an, bleiben aber freundlich. Weil sie weiter miteinander regieren müssen?

Stuttgart - Es war an diesem Abend ein wenig wie im gesamten Wahlkampf: Kurz vor Schluss lag Winfried Kretschmann deutlich vorn. Der grüne Balken am Bildschirm des SWR zeigte eine Redezeit des Grünen von 26.45 Minuten, seine Kontrahentin Susanne Eisenmann (CDU) kam nur auf 24.27 Minuten. Ein Nachteil für die Herausforderin bei diesem Wahlkampf-Rededuell - auch wenn es ein Stück weit daran liegen kann, dass Eisenmann einfach deutlich schneller redet. „Damit kann ich leben“, gibt sich die CDU-Frau gelassen. Aber sie steht unter Druck. Auch in den Wahl-Umfragen liegt sie zwei Wochen vor der Wahl hinter dem grünen Regierungschef.

Wegen einer Panne des Senders lag Eisenmann zunächst noch deutlich in Führung bei der Redezeit. 8.44 Minuten für Kretschmann, 12:31 Minuten für Eisenmann. SWR-Chefredakteur Fritz Frey stellte auch gleich die Frage, ob das wohl stimmen könne. Kurz darauf korrigierte der SWR.

Eisenmann lächelt viel

Kretschmann hatte in den Stuttgarter Wagenhallen einen warmen Kräutertee vor sich, Eisenmann ein Wasser. Er spricht viel mit dem Moderator und nicht mit seiner Kontrahentin, zieht nur einmal eine verwunderte Grimasse, als Eisenmann ihm vorhält, die Grünen würden der CDU Klientelpolitik vorwerfen. Eisenmann dagegen nickt viel und lächelt viel. Es wird gegen Ende auch mal ruppiger, als es um die Verkehrspolitik geht, die Landwirte und ein vermeintliches Verbot von Einfamilienhäusern. Es fehle insbesondere beim Umgang mit der Automobilindustrie eine echte Leitlinie, sagte etwa Eisenmann. „Eine Politik der ruhigen Hand ist gut, sie sollte dabei aber nicht einschlafen“, monierte Eisenmann. „Ich glaube, da muss mehr kommen als einzelne Projekte.“

Aber so richtig scharf geschossen wird nur selten an diesem Abend. Die beiden sind immer noch Koalitionspartner - und könnten das auch nach dem 14. März bleiben. Bei dem Duell geht es vor allem um die Pandemie. Eisenmann pocht auf Öffnungen, Kretschmann gibt den Bremser. Der Ministerpräsident dämpft die Hoffnung auf umfassendere Lockerungen des Lockdowns kurz vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch - insbesondere bei den Schulen. Man dürfe nicht riskieren, mit zu schnellen Öffnungen in eine dritte Welle reinzurauschen, sagte er. Man habe jetzt bessere Masken, das Impfen gehe voran und es stünden mehr Schnelltests zur Verfügung. Es dürfe aber nicht soweit geöffnet werden, „dass wir wieder die Kontrolle über die Pandemie verlieren“.

Kretschmann bei Schulen skeptisch

Kretschmann zeigte sich am Montagabend skeptisch, dass die weiterführenden Schulen - wie von Eisenmann vorgeschlagen - schon am kommenden Montag schrittweise wieder öffnen können. „Das sehe ich eher nicht“, sagte der Grünen-Politiker. Eisenmann sagte dagegen, man müsse sich jetzt mal trauen, bei den Schulen nach der behutsamen Öffnung der Grundschulen einen weiteren Schritt zu tun. Sie bemängelte, dass zwar über die Öffnung von Baumärkten diskutiert werde, man aber bei den Schulen noch warten wolle. „Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht.“

Kretschmann argumentierte, allein die Infrastruktur für massenhafte Tests könne man nicht von heute auf morgen auf die Beine stellen. Es sei nicht so einfach, eine Million Schüler im Land zu testen. Die CDU-Spitzenkandidatin verwies darauf, dass die CDU schon länger auf eine Ausweitung der Teststrategie gedrungen habe. Nun müsse der grüne Gesundheitsminister Manne Lucha endlich das umsetzen, was beschlossen wurde. Der grüne Regierungschef widersprach: Das Testen müssten das Kultusministerium, die Schulämter und die Schüler organisieren.

Ministerpräsident will sich öffentlich impfen lassen

Kretschmann beteuerte erneut, dass er mit dem Krisenmanagement keinen Wahlkampf mache. „Die Angst muss jetzt niemand haben, dass wir aus Wahlkampfgründen irgendwas machen würden, was nicht verantwortbar wäre.“ Das mache auch keinen Sinn, weil die Meinungen diametral auseinander gingen zu den Öffnungen.

Es geht in dem Duell auch um die schleppende Impfkampagne des Landes. Die könne in Struktur und Organisation noch deutlich besser werden, sagte Eisenmann. Das laufe jetzt richtig an, die Nachfrage nach dem Stoff des Herstellers Astrazeneca sei gestiegen, entgegnet Kretschmann. Damit würde er sich auch selbst impfen lassen. Es handle sich um einen hochwirksamen Impfstoff, der zu Unrecht ins Gerede gekommen sei. Er wolle sich auch öffentlich impfen lassen, allerdings erst, wenn er dran sei.

Eisenmann nutzt das für einen Hieb auf Kretschmanns Alter. Mit Astrazeneca würden derzeit in Deutschland nur Menschen zwischen 18 und 64 Jahren geimpft - es fehlen Daten zur Wirkung bei Älteren. Dann müsse Kretschmann einen anderen Impfstoff wählen, sagte sie mit Blick auf das Alter des 72-Jährigen. Und die 56-Jährige erlaubte sich eine weitere Spitze: Sie werde altersbedingt beim Ministerpräsidenten erst zugucken, bevor sie selbst geimpft werde.