Die Waiblingerin Jana Hartwig hat insgesamt 25 Windanlagen unter ihren Fittichen. Foto: Frank Eppler

Seit einem Jahr sind die Windkraftanlagen des Energieversorgers EnBW auf dem Goldboden bei Winterbach in Betrieb. Betreut werden sie von der 51-jährigen Waiblingerin Jana Hartwig.

Waiblingen/Winterbach - Jeden Morgen, sobald der Computer hochgefahren ist, erkundigt sich Jana Hartwig nach ihren drei Windrädern. Welche Leistung haben sie am Vortag erwirtschaftet? Wie stark hat der Wind über dem Goldboden bei Winterbach geweht? Gab es eine Störung? Diese und viele weitere Daten senden die Anlagen an die Leitzentrale des Energieversorgers EnBW und auch an Jana Hartwig, die zuständige Betriebsmanagerin. Wenn ihr das pure Zahlenmaterial nicht reicht, dann schaut sie einfach in der Stuttgarter Unternehmenszentrale aus dem Fenster. „Vom Büro meines Chefs aus kann ich die drei Windräder sehen“, sagt die 51-Jährige und lacht.

Seit gut einem Jahr stehen die drei Anlagen des Herstellers Nordex auf dem Schurwald. Längst sind sie zu einer Landmarke geworden – mit ihrer Nabenhöhe von 164 Metern sind sie aus vielen Richtungen und von weither zu erkennen. Nicht nur ihr Anblick ist zur Normalität geworden, auch ihr Betrieb läuft mittlerweile in geregelten Bahnen. Seit Juli werden sie dabei von Jana Hartwig betreut. Für die studierte Kraftwerkstechnikerin ist das Alltag, insgesamt managt sie 25 Windanlagen.

Größe und Leistung sind gewachsen

Trotzdem ist der Windpark Goldboden auch Neuland: Jana Hartwig hat die EnBW beim Aufbau der Windenergiesparte begleitet, hat noch mit dem Vorgängerunternehmen des Energieversorgers vor 17 Jahren die erste Anlage auf der Schwäbischen Alb übernommen. „Die Technik ist zwar immer die gleiche, aber die Größe der Anlagen und ihre Leistung hat sich ziemlich verändert“, sagt Jana Hartwig und erzählt begeistert vom vielen Platz, den es im Maschinenhaus gibt. „In den alten Anlagen kann man dagegen kaum stehen. Hier ist alles eingehaust, alles sehr übersichtlich.“

Offiziell hat sie die Anlagen erst nach dem Probebetrieb übernommen, inoffiziell war sie schon früher involviert, um alle Details der Windräder kennenzulernen. Meilensteine wie die Einweihung im September und den damit verbundenen Tag der offenen Tür hat sie begleitet. Welches die am häufigsten gestellte Frage der Besucher war? „Warum so oft eine Anlage steht“, erzählt sie. Dafür könne es ganz unterschiedliche Gründe geben. An diesem Novembertag ist die Anlage 1 abgeschaltet, weil die Jahreswartung ansteht. Mitarbeiter des Herstellers Nordex checken das Windrad gründlich durch, ähnlich wie bei einer großen Autoinspektion. „Zudem weht nicht bei allen Standorten immer gleich viel Wind“, erzählt Jana Hartwig.

Fledermausschutz am Standort

Nicht bewusst sei vielen Besuchern gewesen, dass die Windanlagen Auflagen zum Fledermausschutz erfüllen müssen und von April bis Oktober eine beziehungsweise drei Stunden vor Sonnenuntergang abgeschaltet werden. „Das kann im Herbst bereits um 14.30 Uhr sein“, sagt die Waiblingerin. In den Windrädern befinden sich Monitoring-Geräte, die Fledermausgeräusche aufzeichnen. „Die Ergebnisse der Messungen werden der Genehmigungsbehörde vorgelegt“, erläutert Hartwig.

In den Anfangsmonaten gab es zudem den ein oder anderen Mangel zu beheben. Die offizielle Abnahme hat Ende August stattgefunden, seitdem befindet sich der Windpark im Eigentum der Unternehmenstochter EnBW Windkraftprojekte. „Die technische Verfügbarkeit liegt bei 99 Prozent, das heißt die Anlagen laufen fast immer ohne Störung“, berichtet Jana Hartwig. Was nun noch fehlt ist – der Wind. „Es gab dieses Jahr, nicht nur am Goldboden, sondern auch an vielen anderen Standorten, wenig Windangebot.“

Selbst in Parks im Hohenlohischen, die sonst ein besseres Windverhältnis hätten, seien fast alle Monate unterdurchschnittlich gewesen. In Winterbach werden statt der angepeilten 25 Gigawattstunden vermutlich nur knapp 15 Gigawattstunden erwirtschaftet. „Allerdings ist der Durchschnittsertrag auf 20 Jahre gerechnet, deswegen ist der Ertrag eines Jahres nicht aussagekräftig“, sagt Jana Hartwig. Zumal die Anlagen bis ins Frühjahr hinein im Probebetrieb liefen. Sie selbst ist trotzdem vom Nutzen der Windräder überzeugt: „Irgendwo muss der Strom herkommen. Ich denke, dass Windenergie in Deutschland funktioniert und dass auch Standorte in Baden-Würtemberg sinnvoll sind und wirtschaftlich betrieben werden können.“

Windenergie im Rems-Murr-Kreis

Realisiert
: Am längsten gibt es das Windrad bei Welzheim, das sich bereits seit 2004 dreht und von der Bürgerwind Welzheim betrieben wird.

Geplant:
Relativ weit ist das Genehmigungsverfahren für den Standort GP 03 bei Unterberken. Für das Projekt der Stadtwerke Schorndorf und Fellbach wurde dieses Jahr ein aufwendiges Artenschutzgutachten erstellt, das derzeit vom Landratsamt geprüft wird. Sobald die Bewertung der Behörde vorliegt, wollen die Partner überlegen, wie es weitergeht. Verfahren laufen zudem für den Standort Urbach sowie den Standort Zollstock-Springstein.

Geplatzt:
Weggefallen sind die potenziellen Standorte „Jux“ bei Rudersberg, „Hörnle“ bei Winnenden/Leutenbach, WN 25 auf der Buocher Höhe und „Kaiserstraße“ bei Oberberken. Diese liegen in Landschaftsschutzgebieten und würden eine Ausnahmegenehmigung benötigen. Aus verschiedenen Gründen will das Landratsamt kein Änderungsverfahren einleiten.