Im Odervorland rotieren bereits etliche Windräder. Unweit von Baiereck sind dagegen nur zwei Windräder geplant. Das sind den Nassachtälern genau zwei zu viel. Foto: dpa

Die Firma Uhl will unweit des Uhinger Stadtteils Baiereck zwar nur noch zwei Windräder aufstellen, dafür aber höhere als im ersten Antrag. Zudem kritisiert die BI Pro Schurwald den Ertrag des Windparks Lauterstein.

Uhingen - ES-02 heißt das Gebiet, das für den Aufbau von Windrädern vorgesehen ist. Dabei liegt es seit einer Flächenreduzierung durch den Verband Region Stuttgart inzwischen komplett im Landkreis Göppingen, nämlich auf den Gemarkungen von Uhingen und Ebersbach. Dort, unweit der Königseiche, hatte die Firma Uhl ursprünglich drei Windräder aufstellen wollen. Doch im September zog sie den Antrag zurück, um sogleich einen neuen einzureichen – für nur noch zwei Rotoren, die mit 238,5 Metern allerdings 21 Meter höher sind als die zuvor geplanten.

 

Deshalb ist ein neues immissionsschutzrechtliches Verfahren erforderlich. Für die Stadt Uhingen bedeutet das, erneut eine Stellungnahme abgeben zu müssen, nachdem sie auch schon den ersten Antrag nicht befürwortet hatte. Die Krux dabei: Da die Standorte der Anlagen, wie schon beim Plan zuvor, ebenfalls ausschließlich auf Ebersbacher Grundstücken stehen sollen, ist für die baurechtliche Genehmigung wieder kein Einvernehmen aus Uhingen erforderlich. Hinzu kommt, dass laut Göppinger Landratsamt auch keine förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen ist. Dass die beiden Windräder nur knapp 800 Meter vom Stadtteil Baiereck entfernt stehen würden, spielt dabei offensichtlich keine Rolle. Das ändert aber nichts daran, dass die Bevölkerung im Nassachtal gegen das Vorhaben erneut mobil macht.

Ortsvorsteher Hottenroth: Wir lassen uns das nicht bieten.

Neben einer Beeinträchtigung des Landschaftsschutzgebietes und des Landschaftsbildes befürchten die Kritiker bei Sonne einen erheblichen Schattenwurf und im Winter gefährlichen Eisabfall, vor allem aber eine große Lärmbelastung. Der Nassachtäler Ortsvorsteher Eberhard Hottenroth erwartet aufgrund der höheren Rotoren massive Beeinträchtigungen: „Die Werte werden noch stärker ansteigen als bei den zuvor geplanten Anlagen.“ Zudem macht Hottenroth deutlich, „dass der Lärm, der von solchen Windrädern ausgeht, in der Realität weit höher ist als zuvor berechnet“. Der Tegelberg bei Kuchen sei dafür nur ein Beispiel, so der Ortsvorsteher.

Um dem Widerstand Nachdruck zu verleihen, sind im Nassachtal nicht nur rund 1500 Unterschriften gegen eine Umsetzung des auch ökonomisch umstrittenen Projekts gesammelt worden – anscheinend sind das durchschnittliche Windaufkommen und der damit verbundene Ertrag noch nicht berechnet worden. Obendrein wurden 45 000 Euro gespendet, um eigene Gutachten und die Rechtsanwaltskosten finanzieren zu können. „Wir lassen uns das nicht bieten und werden alle Kraftanstrengungen aufbringen, dagegen vorzugehen“, gibt sich Ortsvorsteher Hottenroth kämpferisch. Er wisse seinen Ortschaftsrat einstimmig hinter sich.

Gemeinderat lehnt den Antrag ebenfalls ab

Am vergangenen Freitag nun hat der Uhinger Gemeinderat das Vorhaben am vorgesehenen Standort, wie schon den ersten Antrag des potenziellen Betreibers, ebenfalls abgelehnt. Dabei wurde seitens der Verwaltung und quer durch die Fraktionen betont, dass man umweltfreundliche Energie, wie sich beim Befürworten der Windräder auf dem ehemaligen Bundeswehrdepot gezeigt habe, sehr wohl begrüße. Beim Gebiet ES-02 stimmten die Voraussetzungen aber generell nicht. Zudem stören sich die Räte an der „Zermürbungstaktik der Firma Uhl“, wie Sabine Braun (CDU) sagte, sowie daran, dass versucht werde, „ihr Ding klamm und heimlich durchzuziehen“, wie Ulrich Langer (FDP) es ausdrückte. Von einer Enthaltung abgesehen sprang das Gremium den Projektgegnern einstimmig bei, wohlwissend um die geringen Einflussmöglichkeiten, aber auch wohlwissend, wie dickschädelig der Nassachtäler sein kann.

Ertrag in Lauterstein niedriger als geplant

Mit der Interpretation von Zahlen ist das immer so eine Sache. Was die Höhe der Einspeisung des Windparks Lauterstein ins Stromnetz im Jahr 2017 betrifft, sind sich der Hauptbetreiber der 16 Anlagen, die WPD Onshore, und die Bürgerinitiative Pro Schurwald (BI) so gut wie einig: Von „gut 78 Prozent“ spricht die WPD, von „nur 77,5 Prozent“ spricht die Bürgerinitiative, die Windkraftprojekte in weiten Teilen Baden-Württembergs wegen der aus ihrer Sicht geringen Ertragszahlen kritisch sieht

Die Auslegung könnte also gegensätzlicher kaum sein. Die BI kritisiert, dass der vermeintlich ertragreichste Windpark im Land selbst in einem windstarken Jahr den Mindestertragswert, der bei 60 Prozent des EEG-Referenzertrags liegt, mit nur 55 Prozent nicht erreichen könne. Auch den Windatlas Baden-Württemberg bezeichnet Pro Schurwald als „realitätsfern“. So liege die Windhöffigkeit in Lauterstein auf Nabenhöhe nicht bei den angenommenen 6,25 Metern pro Sekunde, sondern nur bei 4,84 Metern pro Sekunde.

Für die WPD hingegen „bestätigen die Ertragsdaten die gute Windhöffigkeit des Standorts“. Laut dem Unternehmen seien andere Faktoren für das Unterschreiten der Soll-Zahlen verantwortlich, nämlich besondere saisonale und regionale Wetter-, Witterungs- und Umweltbedingungen. So hätten zum einen kalte und frostreiche Wochen gemäß den Genehmigungsauflagen zu überdurchschnittlich vielen Abschaltungen wegen Eisansatzes geführt.

Später im Jahr sei dann in vielen warmen Nächten eine erhöhte Aktivität von Fledermäusen zu verzeichnen gewesen, was ebenfalls zu Abschaltungen geführt habe. Benjamin Boy, der Projektentwickler bei der WPD, spricht von Ertragseinbußen, „die insgesamt mehr als zehn Prozent ausmachen“. Im ersten Halbjahr 2018 hingegen lägen die Daten mit 49 Millionen Kilowattstunden im Rahmen der errechneten Prognose, trotz Umbauarbeiten im Umspannwerk und trotz eines eher schlechten Windjahres. Sicher ist, dass die BI Pro Schurwald auch die aktuelle Jahresbilanz wieder genau unter die Lupe nehmen wird.