Das Windrad auf dem Grünen Heiner bleibt wohl das einzige in Stuttgart Foto: Max Kovalenko

Es war die erwartet hitzige Diskussion, doch an den bekannten Positionen änderte sich am Mittwoch in der Regionalversammlung eigentlich nichts mehr: Der Windkraft-Plan für die Region Stuttgart steht – ohne den Tauschwald in der Landeshauptstadt.

Stuttgart - Das erlebt der OB von Stuttgart nur selten. Da geht Fritz Kuhn ans Mikrofon im Konferenzsaal der Sparkassenakademie, und kaum einer will zuhören. Kuhn wirbt noch einmal für den Höhenrücken Tauschwald zwischen Botnang und Weilimdorf, den der Planungsausschuss zwei Wochen zuvor aus dem Plan für Windrad-Standorte in der Region gestrichen hat, und Kuhn bekommt nur eine Minute, weil seine Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko bereits ausführlich über die Energiewende und die Vorzüge der Windkraft referiert hat. Trotzdem wird er grundsätzlich, kommt mit der gefährlichen Atomkraft und der klimaschädlichen Wirkung der Braunkohle: „Das muss man doch verstehen!“ Windkraft sei da entschieden besser.

Lautstarker Widerspruch kommt aus den Zuschauerreihen, in denen gut 150 Windkraft-Gegner Platz genommen haben. Auch die CDU, die von Kuhn an die Regierungspolitik in Berlin erinnert wird, poltert los, ohne vom Vorsitzenden und Fraktionskollegen Thomas Bopp zur Ruhe gerufen zu werden. Kuhns Einsatz verpufft ebenso wie jener von Linken-Fraktionssprecher und Stadtrat Christoph Ozasek. Die Mehrheit von CDU, Freien Wählern, FDP, AfD und Gruppe Innovative Politik lehnt die erneute Aufnahme des Tauschwalds ab.

Der große Verlierer des Nachmittags aber ist die CDU. Die Christdemokraten, erst spät im vierjährigen Planungsprozess zu einer kritischen Haltung zu Windrädern im Ballungsraum gelangt, beantragen weitere zehn Standorte zu streichen. Zusätzlich zu den dreien im Schwäbischen Wald, die die Mehrheit herausnimmt, weil sonst einige Kommunen von Windrädern umzingelt zu werden drohen. Die CDU aber scheitert ausnahmslos an der Mehrheit von Grünen, SPD, Linken und Freien Wählern. Die zehn bleiben drin.

Hansi Müller schüttelt den Kopf

Die Freien Wähler hatten in der Ausschusssitzung zeitweise ratlos gewirkt, wie sie abstimmen sollten. Doch da war auch nicht Fraktionschef Andreas Hesky dabei, der die Kollegen danach offenbar wieder auf eine Linie brachte. Insbesondere bei seinem Heimstandort Buocher Höhe, der auf Waiblinger Gemarkung zwischen Winnenden und Korb liegt, machen elf Freie Wähler den Unterschied. Mit 46:38-Stimmen bleibt der Standort im Regionalplan. Ex-VfB-Profi Hansi Müller, der für die CDU im Gemeinderat von Korb sitzt, schüttelt in der ersten Zuschauerreihe den Kopf.

In den Reden zu Beginn des Tagesordnungspunktes ziehen die Fraktionssprecher noch einmal alle Register. Felix Tausch hebt für die CDU hervor, dass die Regionalversammlung seit ihrer Gründung auszeichne, dass sie die wenigen Freiräume im Ballungsraum schütze. Der CDU sei die Lebensqualität der Menschen und die Erholungsmöglichkeiten in der Natur im Zweifel wichtiger. Windkraft ja, so Tausch sinngemäß, „aber an den Standorten, wo ein echter Beitrag zur Energiewende geleistet wird“. Großer Applaus ist dem CDU-Youngster gewiss – aber nicht von den Windkraft-Fans der anderen Fraktionen.

Grüne widersteht Unmut im Saal

Ingrid Grischtschenko zeigt, weshalb sie Fraktionschefin der Grünen ist. In einer kämpferischen und geschliffenen Rede widersteht sie dem Unmut im Saal und zeichnet nach, wie auch CDU-Regierungen der Nutzung regenerativer Energien den Weg ebneten. „Es ging nie um Symbolpolitik, es ging immer darum, wo der Wind weht“, sagt Grischtschenko und fordert, sich weniger Sorgen um die Landschaft zu machen: „Der Festo-Turm in Esslingen, die Kraftwerktürme in Altbach, die erfreuen sich allgemeiner Akzeptanz.“

Der bessere Grüne aber ist fast schon der Waiblinger OB Hesky. „Die Veränderung soll nicht von meinem Balkon aus sichtbar sein“, sagt Hesky an die Adresse der Gegner, „aber alle wollen weiterhin mit Strom beliefert werden.“ Es sei richtig, viele „Optionen für einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende zu schaffen“.